Paris. Die französische Staatsbahn SNCF will ihre Transport- und Logistiksparte Geodis mit genügend Geld versorgen, um sie für den internationalen Wettbewerb größer zu machen. Sie trennt sich dafür von anderen Töchtern, die sie verkauft oder an denen sie ihre Anteile verringert. Erstes Beispiel vom Februar letzten Jahres: die Öffnung des Kapitals des Zugmaschinenverleihers Akiem. Im April dieses Jahres trennte sich die Bahn von ihrer auf PKW-Logistik spezialisierten Tochter STVA. Als nächstes stehe der Spezialwaggonverleiher Ermewa auf dem Programm, berichtet die Pariser Les Echos. Die Geschäftsbank Lazard sei damit beauftragt worden, bis zum Herbst den Verkauf per Versteigerung vorzubereiten. Ermewa vermietet im Schnitt pro Jahr an die 45.000 Waggons für den Transport von Industriegütern, Agrarerzeugnissen und Bauwirtschaftsmaterial. Hinzu kommen 25.000 Kessel-Container. Der Wert des Unternehmens könnte sich nach aktuellem Stand auf zwei Milliarden Euro belaufen, das wäre zehn Mal sein Ebitda.
SNCF weiß noch nicht, ob die Gruppe den halben Anteil am Kapital des Unternehmens behalten will oder eine Minderheitsbeteiligung vorziehen soll. Hintergrund des beabsichtigten Teilverkaufs ist, dass die mit acht Milliarden Euro verschuldete Staatsbahn nicht in der Lage ist, die Kosten für die Modernisierung der Ermewa-Waggons zu tragen und die Tochter für ihr weiteres Wachstum mit dem nötigen Geld auszustatten. Basierend auf demselben Kalkül hat die Bahn auch schon ihre Hälfte am Kapitalanteil von Akiem verkauft.
Geodis soll auf Einkaufstour gehen
Die Transport- und Logistiktochter Geodis ist in Frankreich gemeinhin nur als Transporteur bekannt, erwirtschaftet aber inzwischen den Großteil der Einnahmen aus Lagerhaltung und Logistikdienstleistungen für Großunternehmen. Und trotz eines Umsatzes von acht Milliarden Euro hat sie noch nicht die Weltgröße erreicht, die es ihr ermöglichen würde, für ihre Kunden überall präsent zu sein, wo diese aktiv sind. Das hat SNCF-Logistics-Chef Alain Picard vor Kurzem in einem Pressegespräch klar gemacht. Strategischen Vorrang habe das Ziel, die Größe des Unternehmens zu verdoppeln, um unter den weltweit fünf führenden Konzernen der Branche figurieren zu können. Dies werde nur mit Zuerwerbungen möglich sein. Man wolle deshalb in den Bereichen Freight Forwarding und Logistik auf Kauftour gehen, - in den USA, in Asien, und dort insbesondere in China, und auch in Deutschland und Spanien.
SNCF Logistics, die Geodis-Mutter, ist infolge der Defizite im Bereich der Bahnfrachttochter Fret SNCF mit mehr als vier Milliarden Euro verschuldet. Picard hofft deshalb auf offene Ohren beim Staat für das Ziel, Geodis zu einem französischen Logistikchampion mit Weltrang zu machen. In Europa habe SNCF Logistics zudem im Visier, als Bahnfrachtakteur vom dritten auf den zweiten Rang hinter der deutschen DB zu kommen. (jb)