Smarte Produktionslogistik

Ob Roboter, autonome Transportsysteme oder Plattformen für eine durchgehend vernetzte Lieferkette - BMW setzt in der Logistik konsequent auf Digitalisierung. "Wenn man bedenkt, dass wir an 4500 Händler in 160 Länder ausliefern, und zwar 10.000 Fahrzeuge am Tag, kann man sich vorstellen, was alles in dieser logistischen Kette sehr präzise abgewickelt werden muss", erklärte Jürgen Maidl, Leiter Logistik im BMW Group Produktionsnetzwerk, auf einer Veranstaltung im Werk Regensburg. "Die Logistik ist das Herzstück unseres Produktionssystems", bekräftigt der oberste BMW-Logistiker. Ein breites Spektrum an Projekten unterstütze das Unternehmen daher, die immer komplexer werdenden Logistikprozesse effizient zu betreiben. Dafür arbeite man eng mit Universitäten und Start-ups zusammen. FTS bewegen Rollcontainer Regensburg etwa gilt als führendes Werk für Fahrerlose Transportsysteme (FTS), Leipzig für Robotik und der Standort Dingolfing für autonome Routenzüge. Wie Marcus Wollens, Vice President Logistics & Controlling im BMW-Werk Regensburg, ergänzt, arbeiten Mitarbeiter aus dem Werk dabei gemeinsam mit den Innovationsteams an neuen Anwendungen. "Die Technologie, die wir am Standort einsetzen, ist schließlich für die Menschen gemacht, die hier arbeiten", so Wollens. Für den Transport von Rollcontainern auf Logistikflächen beispielsweise wurden bereits 2015 gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut IML die ersten selbstfahrenden Smart Transport Robots (STR) entwickelt. Mittlerweile ist in Regensburg schon die zweite Generation im Betrieb. Die flachen Roboter tragen Rollcontainer bis zu einer Tonne Gewicht und transportieren diese autonom zu ihrem Bestimmungsort. Das Navigationsverfahren SLAM, das steht für Simultaneous Localisation and Mapping, benötigt dabei keine fest installierten Navigationssender. Ein eingebautes Batteriemodul des BMW i3 versorgt den STR für eine ganze Arbeitsschicht mit Strom. Für die Lieferung von Kleinteilen gibt es eine kleinere Variante, den sogenannten MiniSTR. Der Transportroboter trägt Kleinladungsträger mit bis zu 50 Kilogramm Last und erstellt seine Route selbstständig. Ameisen werden flügge Der Karosseriebau des BMW-Werks Regensburg hat in den vergangenen zwölf Monaten zudem autonome Hubwagen erfolgreich pilotiert. Diese autonomen Ameisen bringen Bauteile aus dem "Supermarkt-Bereich" - dem Lager, aus dem Materialbedarfe kommissioniert werden - an den entsprechenden Verbauort. Zukünftig werden in Summe acht autonome Ameisen weitere Bereiche der Serienproduktion beliefern. Im Werk Dingolfing hat der Autobauer derweil ein Automatisierungskit entwickelt, mit dem konventionelle Routenzüge aus dem Bestand und unabhängig vom Hersteller zu autonomen Routenzügen aufgerüstet werden können. Die Fähigkeiten dieser fahrerlosen Routenzüge gehen dabei über die Automatisierung früherer Lösungen hinaus. So können sie eine dynamische Routenführung nach Lieferpriorität erstellen und Hindernisse umfahren. Die selbstständige Steuerung und Navigation der Routenzüge geschehen dabei über Lasersignale, die laufend die Umgebung abtasten und ein entsprechendes Raumprofil erstellen. Routenzug per Smartwatch steuern Zusammen mit den autonomen Routenzügen kommen in Dingolfing Smart Watches (intelligente Armbanduhren) zum Einsatz. Diese unterstützen die Mitarbeiter beim Behälterwechselprozess und kündigen Routenzüge per Vibrationsalarm an. Zusätzlich kann der Mitarbeiter ablesen, welche Behälter er entladen soll, und den Routenzug per Displayberührung zum nächsten Ziel schicken. In diesem Jahr soll die Anzahl der in Dingolfing eingesetzten autonomen Routenzüge auf 20 ausgebaut werden. Zentral koordiniert werden die autonomen Helfer über eine cloudbasierte Betriebsplattform namens BMW Services. Mitarbeiter können über eine intuitive Benutzeroberfläche Fahrregeln und Arbeitsabläufe eingeben und aktuelle Daten über alle Fahrzeuge erhalten. Zukünftig soll die Plattform autonome Transportfahrzeuge unterschiedlichster Hersteller unterstützen. Für das Umladen der Behälter von Paletten auf Förderbänder oder in das Lager bekommen BMW-Mitarbeiter zudem künftig Unterstützung von Kollege Roboter. Vier verschiedene Robotertypen, Bots genannt, sind aktuell im Testeinsatz oder schon in die Serienproduktion integriert. Stationär eingesetzte SplitBots beispielsweise können im Wareneingang volle Kunststoffboxen von der Palette nehmen und auf eine Fördertechnik platzieren, die die Boxen in ein Lager transportiert. Mithilfe von künstlicher Intelligenz kann der SplitBot bis zu 450 verschiedene Behälter erkennen und verarbeiten. Nach erfolgreichem Abschluss des Testbetriebs werden die SplitBots jetzt in Dingolfing im Serienbetrieb eingesetzt. Aktuell wird der Einsatz eines mobilen PlaceBots direkt am Band getestet. Der fahrbare Roboter entlädt Routenzüge und stellt die mit Ware bestückten Kisten in das Regal. Dabei klassifiziert er mithilfe eines Bilderkennungssystems diese Kleinladungsträger und ermittelt über das Zusammenspiel aus Sensorik, Kamera und künstlicher Intelligenz den idealen Greifpunkt. Zudem kann er sich in einem festgelegten Bereich autonom bewegen. Pick-Roboter werden intelligent Der sogenannte PickBot schließlich stellt verschiedene Kleinteile aus entsprechenden Bereitstellungsregalen zusammen. Die unterschiedlichen Teile werden von einer selbst entwickelten und trainierten künstlichen Intelligenz erkannt. Anschließend berechnet der PickBot den richtigen Greifpunkt. Langfristig soll der PickBot bis zu 50.000 Kleinteile erkennen und bedienen können. Voraussichtlich im laufenden Jahr soll der PickBot im Werk Leipzig in der Serienproduktion eingesetzt werden. Dort bereits in dreifacher Ausführung in der Serienproduktion im Einsatz ist der sogenannte SortBot, der Leergutbehälter auf Paletten stapelt, bevor sie wieder in den Umlauf gehen. Wearables entlasten Mitarbeiter Trotz des wachsenden Einsatzes von Robotik und autonomen Transportsystemen arbeiten natürlich nach wie vor Kollegen aus Fleisch und Blut in der Produktionslogistik von BMW. Um das Konzept einer papierlosen Logistik voranzutreiben, werden die BMW-Mitarbeiter mit Wearables wie Handschuhen mit integrierten Scannern und Displays, Datenbrillen und Smart Watches unterstützt. Ein Ziel lautet, künftig alle Behälter nur noch mit einem einzigen Label auszustatten. Diese sogenannte Unique-Behälter-ID beinhaltet dann einen einzigen QR-Code und eine Nummer. Alle Informationen zu Lieferant, Inhalt und Lagerungsort werden zentral abgespeichert und können mithilfe verschiedener Scanner abgerufen werden. Datentransparenz in der Lieferkette Die BMW-Lieferkette besteht aus einem weltweiten Lieferantennetzwerk und der engen Zusammenarbeit mit vielen Logistikdienstleistern. Um volle Transparenz zu gewährleisten, wurde das Programm "Connected Supply Chain (CSC)" aufgelegt. Die Materialsteuerer in den Werken bekommen über das Programm im 15-Minuten-Takt Aktualisierungen dazu, wo sich welche Ware befindet und ob sie pünktlich ankommen wird. So können sie bei möglichen Verzögerungen sofort reagieren, um kostspielige Sonderfahrten zu vermeiden. Die Vernetzung der Lieferanten, Transportdienstleister und der BMW Group erfolgt über das sogenannte CSC-Portal, in dem zusätzlich zur reinen Ankündigung des Transports die mit GPS-Daten verknüpften Materialnummern und die realen Ankunftszeiten hinterlegt sind. Seit Mitte 2018 sind mehrere Hundert Lieferanten und Transportdienstleister in Europa und Mexiko in das System integriert. Bis Ende 2019 werden mehrere Tausend Partner angebunden sein. BMW verspricht sich durch CSC auch eine Basis für Predictive Analytics und Künstliche Intelligenz in der Supply-Chain-Steuerung.mh