Reich an Worten, arm an Taten

Reich an Worten, arm an Taten Gut 100 Tage ist Peter Ramsauer bereits Bundesverkehrsminister. In dieser Zeit hat der CSU-Politiker viele Themen angesprochen, aber keines richtig angepackt. Doch die Branche ist zufrieden mit dem neuen Mann im Amt. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer musste in den ersten Wochen seiner Amtszeit viel Kritik einstecken. Ob die Diskussion um die PKW-Maut oder der „Aufbau West“ – die Opposition hatte schnell ihren Buhmann gefunden. Die Kritik am „Aufbau West“ kann Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes, verstehen: „Die Mittel müssen dahin, wo der Schuh am meisten drückt. Das ist keine Frage zwischen West und Ost.“ Grundsätzlich sei er sich in diesem Punkt mit Verkehrsminister Ramsauer einig, doch die Formulierung war „unglücklich“, sagt Rogge. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Straßenfinanzierung kann sich der DSLV-Hauptgeschäftsführer auch eine PKW-Maut vorstellen. Doch die Geschichte der LKW-Maut zeige, dass eine neue Gebühr schnell zur zusätzlichen Einnahmequelle werde und die Kompensation an anderer Stelle ausbleibe. „Wir haben damals vorausgesagt, dass es dem Staat nur um das Beste der Wirtschaft geht, nämlich das Geld.“ Da erwartet er auch unter Schwarz-Gelb wenig Besserung. Die Absicht der schwarz-gelben Regierung, den Masterplan Güterverkehr und Logistik weiterzuentwickeln, begrüßt der DSLV. Hier sollte nach Rücksprache mit den Branchenverbänden eine Rangliste der konkreten Maßnahmen erarbeitet werden. Positive Stimmung bei BGL und BWVL Deutlich positivere Worte findet Karlheinz Schmidt: „Wir haben einen Minister, der zuhört und sich in die Probleme einarbeiten will.“ Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) setzt viel Hoffnung in Ramsauer (CSU). Beim Vorgänger Wolfgang Tiefensee (SPD) habe der BGL noch unter einer „gestörten Kommunikation“ leiden müssen. „Unter Tiefensee hatten wir Mühe auf politischer Ebene überhaupt einen Zuhörer zu finden“, blickt Schmidt zurück. „Ich kann nicht sagen, dass das Bundesverkehrsministerium ein Haus der Wunschkonzerte geworden ist, doch eines hat sich geändert: wir finden immer einen Zuhörer.“ Schmidt hat bei Ramsauer den Eindruck, dass dieser die Probleme der Branche ernst nimmt. „Natürlich braucht es Zeit, bis erste Resultate sichtbar werden“, betont Schmidt. „Ich kann deshalb noch keine echte Bilanz ziehen, jedoch hat der Minister zumindest tief umgegraben. Er sät jetzt aus und warten wir doch wenigstens bis Herbst, wenn die Erntezeit gekommen ist.“ Nach dem Auslaufen der Konjunkturpakete wird das Feilschen um den Verkehrsetat die erste echte Bewährungsprobe für den neuen Minister. „Die Haushaltsverhandlungen 2011 muss man wirklich mit Sorge sehen“, sagt Schmidt. „Da bedarf es eines geschickten Ministers, damit der Etat nicht zu viele Federn lässt.“ Schmidt zeigt sich überzeugt, dass die Politik neue Mittel für den Verkehrshaushalt finden wird. Nachdem eine PKW-Maut derzeit ausgeschlossen werde, sei die erste Option, mehr auf öffentlich-private Partnerschaften zu setzen. Seit dem Amtswechsel herrscht auch beim Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) eine „positive Grundstimmung“ gegenüber dem neuen Verkehrsminister. Ramsauer habe in den ersten Monaten unterschiedlichste Positionen wie die Einführung einer PKW-Maut, einen verkehrsträgerneutralen Ansatz oder aber die Stärkung der Güterschiene laut angedacht. „Mir fehlt noch der rote Faden“, sagt BWVL-Hauptgeschäftsführer Christian Labrot. Die ersten 100 Tage hat Ramsauer genutzt, um die Organisation des Ministeriums gründlich umzubauen. Nach elf Jahren SPD-Führung mussten alle Staatssekretäre gehen und im Gegensatz zu vielen seiner Kabinettskollegen tauschte der CSU-Politiker nahezu die komplette Ebene der Abteilungsleiter aus. Ramsauer war bislang noch „nicht an messbaren Taten politisch aktiv“, sondern vollends damit beschäftigt, sein Haus neu aufzustellen, bestätigt Labrot. „Langsam müssten konkrete Dinge angepackt werden“, fordert deshalb der BWVL-Hauptgeschäftsführer. „Der Selbstfindungsprozess sollte abgeschlossen sein.“ Eine Bilanz der ersten 100 Tage sei noch nicht möglich, denn „es ist noch nichts passiert.“ Vor zwei Wochen sprach Staatssekretär Andreas Scheuer (CSU) im VerkehrsRundschau-Interview vom Verkehrsministerium als „offenem Haus“ – Labrot begrüßt diesen Ansatz. „Ich hoffe, künftig im Verkehrsministerium immer ein offenes Ohr für unsere Probleme zu finden.“ Verständnis für Schuldenabbau „Wir haben Verständnis dafür, dass sich das Verkehrsministerium reorganisiert“, betont DSLV-Hauptgeschäftsführer Rogge. Als Bewährungsprobe für den neuen Minister sieht er wie sein Kollege vom BGL die anstehenden Verhandlungen über den Haushalt 2011. „Die Schulden, die im Zuge der Wirtschaftskrise aufgelaufen sind, müssen wieder abgebaut werden“, zeigt sich Rogge einsichtig. Die Investitionen in die Verkehrswege dürften dennoch nicht vernachlässigt werden. „Da muss der Minister Rückgrat beweisen“, fordert Rogge. Alternative Finanzierungswege wie öffentlich-private Partnerschaften oder die Kreditfähigkeit der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft (Vifg) müssten rechtzeitig angedacht werden. „Hier ist Ramsauer bereits 2010 gefordert, entsprechende Pläne vorzubereiten.“ Positiv sieht der Spediteursverband die Absicht, geschlossene Finanzierungskreisläufe innerhalb der Verkehrsträger einzuführen. „Die Einnahmen, die durch Abgaben entstehen, müssen auch komplett für Instandhaltung, Ausbau und Erneuerung ausgegeben werden“, fordert Rogge. Der Ansatz „Straße finanziert Straße und Schiene finanziert Schiene“, stößt jedoch nicht bei allen Verbänden auf Zustimmung. „Verbal ist der Minister stark, dann aber fehlt es an entsprechenden Taten“, charakterisiert der Bundesvorsitzende der Verkehrsgewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Dass Ramsauer die Mitfinanzierung der Schiene über die LKW-Maut stoppen wolle, sei ein „Makel auf der ansonsten verhalten positiv stimmenden 100-Tage-Bilanz“. ❙❚■ Sebastian Bollig Ramsauers Themenschau: PKW-Maut, Elektroautos und Aufbau West Mit der Option einer PKW-Maut und dem Wunsch mehr Güter auf die Schiene zu verlagern, holte sich Verkehrsminister Ramsauer viel Ärger ins Haus Peter Ramsauer hat in den kommenden vier Jahren noch einen anstrengenden Weg vor sich Als Zukunftsvision schwärmt der CSU-Politiker von der Elektomobilität und beim Straßenbau setzt er auf Nachholbedarf in Westdeutschland

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