Hamburg. Die Hamburger Charterreederei Rickmers Group hat am Donnerstag einen Insolvenzantrag beim zuständigen Hamburger Amtsgericht gestellt. Das bestätigte ein Sprecher der Reederei. „Der Vorstand der Rickmers Holding AG strebt dabei eine Sanierung in Eigenverwaltung unter Fortsetzung des Geschäfts- und Schiffsbetriebs an“, teilte das Unternehmen am Mittwochabend mit. Der Vorstand der HSH Nordbank habe seine Zustimmung zu einem Papier über die finanzielle Restrukturierung der Gruppe überraschend verweigert, womit die positive Fortführungsprognose entfallen sei. Ein Sprecher der HSH Nordbank sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Der HSH-Vorstand hat das Rickmers-Sanierungskonzept sorgfältig geprüft und erachtet dieses als betriebswirtschaftlich nicht tragfähig.“
Ursprünglich sollten die Gläubiger der Charterreederei an diesem Donnerstag in Hamburg zusammenkommen, um über das Sanierungskonzept für das schwer angeschlagene Unternehmen zu beraten. Dieses ist durch die Weigerung der HSH Nordbank aber in der Form nicht mehr möglich. Die Zustimmung der Bank zu dem Sanierungskonzept stand wie üblich unter dem Vorbehalt der Entscheidungsgremien. In der Gläubigerversammlung solle nunmehr ausschließlich die Wahl eines gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger beschlossen werden, hieß es in der Mitteilung.
Rund 1,5 Milliarden Euro Schulden
Rickmers war durch die Schifffahrtskrise in Bedrängnis geraten. Das vergangene Geschäftsjahr endete mit einem Verlust von 341 Millionen Euro, die Schulden liegen bei rund 1,5 Milliarden Euro. Dazu zählen auch 275 Millionen Euro, die Anleger der Reederei über eine hochverzinste Anleihe mit einem Coupon von 8,875 Prozent zur Verfügung gestellt haben. Davon werden sie einen Großteil verlieren.
Gegenwärtig liegt der Börsenkurs der Anleihe bei etwa 6,9 Prozent. In ähnlicher Höhe wäre mit 6,7 Prozent nach den Angaben aus dem nun geplatzten Sanierungskonzept auch eine Insolvenzquote zu erwarten. Die Kreditverbindlichkeiten entfallen nach früheren Angaben zu einem Großteil auf die HSH Nordbank und die Unicredit Bank AG. „Die HSH ist auf die Situation gut vorbereitet“, sagte der Bankensprecher.
Hamburg verliere maritime Kompetenz
Das Sanierungskonzept hatte vorgesehen, dass die Banken ebenso wie die koreanische Hyundai-Werft und der Alleinaktionär Bertram Rickmers einen Betrag leisten. Bertram Rickmers sollte sich von drei Vierteln seiner Anteile trennen und einen zweistelligen Millionenbetrag aus seinem Vermögen nachschießen. Über eine zwischengeschaltete luxemburgische Holding sollte das Unternehmen erst saniert und dann verkauft werden. Insgesamt hätten sich die verschiedenen Sanierungsbeiträge durch Verzicht, Stundung und Sonstiges nach einer vorläufigen Übersicht auf 706 Millionen Euro belaufen.
Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) hat enttäuscht auf die angekündigte Insolvenz der Reederei reagiert. „Für den maritimen Standort Hamburg ist das natürlich sehr bedauerlich“, sagte Horch laut ndr.de vom Donnerstag dem Sender NDR 90,3. „Wir sind jetzt jahrelang schon auf einem Weg, dass wir viel maritime Kompetenz und viel maritime Aktivität verlieren.“ Er hoffe, dass für die Mitarbeiter ein Weg gefunden werde und dass der maritime Standort Hamburg „keinerlei weiteren relevanten Schwächungen“ mehr erfahre. Am Donnerstag sollen in Hamburg die Gläubiger der Reederei zusammenkommen, um einen gemeinsamen Vertreter zu wählen. (dpa)