RailCargo: Jetzt einsteigen

Vorbehalte gegen die Bahn gibt es genug. Und wenn diese Litanei aufgetischt wird, vergeht vielen schnell der Appetit auf den Einstieg in den Intermodal-Verkehr. Doch das könnte ein fataler Fehler sein. Der KV ist ein Wachstumsfeld Was würden Sie Unternehmen empfehlen, die mit dem Gedanken spielen, in den Kombinierten Verkehr (KV) einzusteigen? André Ventker zögert mit seiner Antwort auf diese Frage nicht eine Sekunde: "Es jetzt zu tun", sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Spedition Engemann und Co. in Hilden. Dabei gehört sein Unternehmen nicht zu den ganz Großen der Branche, die in jeder Ecke Europas einen Partner haben. Die Spedition ist ein typischer Mittelständler, für die der KV ein Wachstumsfeld ist. Auf den Routen von Deutschland nach Italien und Spanien fahren die Trailer per Bahn. Aber mit einem Anteil des KV von über 40 Prozent nach Italien und 15 bis 20 Prozent Richtung Spanien dominiert immer noch der reine Straßentransport. Ventker kennt die Vorbehalte aus der Branche nur zu gut. Er hat Erfahrungen mit der Bahn gemacht, bei denen man als Logistiker nur den Kopf schütteln kann. Als Beispiel nennt er einen Auflieger, der sich auf dem Zug befand, der als erster von der Unterbrechung der Rheintal-Bahnstrecke bei Rastatt betroffen war. Der Zug wurde ausrangiert nach Mannheim. Es hat mehr als zehn Tage gedauert, bis er den Auflieger wieder in seinem Fuhrpark hatte. Trotzdem, Ventker ist ein Verfechter des KV: "Ich bin der festen Überzeugung, dass der KV einen großen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten wird." Er zieht den Vergleich zwischen Straße und Schiene heran und kommt zu dem Ergebnis: "Es ist dermaßen ineffizient, einen Fahrer mit 24 Tonnen Zuladung auf 1000 km und mehr auf die Reise zu schicken, wenn ich mit einem ähnlichen Fahrer das Dreißigfache per Bahn bewältigen kann." Womöglich tut er sich mit solchen Aussagen leichter, weil er nur drei eigene Zugmaschinen hat und ansonsten auf feste Subunternehmen setzt. "Und wir fahren zu 80 Prozent für die Chemieindustrie. Die befasst sich schon lange mit der Vermeidung von CO2. Deshalb sitzen dort häufig Einkäufer, die KV-affin sind", so Ventker. Der KV ist auch kein Selbstläufer Trotzdem muss er immer wieder Überzeugungsarbeit leisten. Erst kürzlich hat ein Chemie-Kunde die Absicht geäußert, sein Volumen wieder von der Schiene holen zu wollen. Dennoch bestehen für Ventker keinerlei Zweifel: Die Schiene ist klar im Vorteil, nicht nur bei der Umweltbilanz, sondern auch in Sicherheitsfragen und angesichts des sich verschärfenden Lkw-Fahrermangels. Aber KV ist kein Selbstläufer. "Man braucht dafür schon entsprechendes Know-how, aber eine Raketentechnik ist es auch nicht", sagt der Spediteur. Man müsse wissen, auf welchen Relationen es welches Angebot gibt. Dann benötige man zuverlässige Partner vor Ort. Und man braucht natürlich auch entsprechendes Equipment. "Unsere Trailer sind alle kranbar, egal ob sie im KV, im Nah- oder Fernverkehr eingesetzt werden", sagt Ventker. Die Mehrkosten in der Anschaffung beziffert er auf etwa 3000 Euro pro Auflieger. Bei dem mit der Kranbarkeit verbundenen Mehrgewicht sieht er für sein Unternehmen keinen spürbaren Nachteil. Als einen weiteren Nachteil der Schiene wird häufig die Zuverlässigkeit genannt. Ventker hat diese Thematik häufiger erleben müssen, als ihm lieb war. Dennoch widerspricht er dem Image der Bahn, sie sei langsam und komme immer zu spät: "Dem ist nicht so. Die Performance auf verschiedenen Korridoren ist erstklassig", sagt er. Allerdings: "Wenn etwas passiert, dann richtig. Dann ist der Faktor, um dem es sich dreht, auch nicht zehn Minuten, sondern durchaus auch mal Tage." Und was war für ihn die größte Überraschung, als er vom Straßentransport auf den KV umgestiegen ist? "Sich auf Verzögerungen einzustellen bei Abläufen, bei denen vor fünf Minuten alles geklappt hat", sagt Ventker. Das seien Spediteure nicht gewohnt. "Wenn eine Ware irgendwo auf der Strecke feststeckt, ist es nicht möglich, einzugreifen. Eine Situation, die für einen Spediteur, der es gewohnt ist, lösungsorientiert einzugreifen, geradezu unerträglich ist." Aber man gewöhne sich daran. Und warum er Interessenten am KV den sofortigen Umstieg empfiehlt, hat einen einfachen Grund: Auch auf der Schiene sind die Kapazitäten eng. Die Trassen sind gut belegt und es fehlt an Terminalkapazitäten. "Ich kann nur den Rat geben, jetzt in den KV einzusteigen. Irgendwann gibt es bei der Bahn keine geeigneten Slots mehr. Wer dann noch aufspringen möchte, guckt in die Röhre." Mehr zum Thema finden Sie unter #RailcargoKV www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Viele Mittelständler trauen sich nicht an den KV: zu aufwendig, zu kompliziert. Dabei lässt sich mit dem KV durchaus Geld verdienen und man kann mit ihm expandieren. André Ventker, Inhaber der Spedition Engemann und Co., schildert, worauf es im KV ankommt. Engemann und Co. Spedition Sitz: Hilden bei Düsseldorf Zahl der Mitarbeiter: 75 Trailer: 86 Jahresumsatz 2021: etwa 32 Millionen Euro Im Kombinierten Verkehr (KV) tätig seit 2003 Relationen im KV: Deutschland - Italien (300 Einheiten pro Monat), Deutschland - Spanien ((100 bis 120 Einheiten pro Monat)

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