Quereinsteiger willkommen

Im Grunde sind Fachkraft für Lagerlogistik und Fachlagerist/in vergleichsweise beliebte Berufe. Die Fachkraft für Lagerlogistik steht in der vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ermittelten Rangliste für die Neuabschlüsse 2019 mit über 10.600 Abschlüssen auf Platz 13 und ist damit der am stärksten nachgefragte Logistikberuf. Auch die Ausbildung zum/ zur Fachlagerist/in liegt mit über 6.200 Neuabschlüssen noch vor den Kaufleuten für Spedition und Logistikdienstleistung. Dass ausgebildete Fachkräfte die Personalnachfrage in Deutschlands Logistik- und Umschlagzentren nicht decken können, liegt allerdings schon quantitativ auf der Hand, schließlich handelt es sich um den drittgrößten Wirtschaftszweig in Deutschland. Zudem hat sich das Tätigkeitsbild im Lager dank Digitalisierung und Automatisierung in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Viele Unternehmen besetzen daher klassische Stellen von Fachkräften für Lagerlogistik auch mit Fachkräften anderer Ausbildungsberufe, wie der BIBB-Studie "Berufsbildung 4.0 - Der Ausbildungsberuf Fachkraft für Lagerlogistik im Screening" aus 2019 zu entnehmen ist. Von 276 für die Studie befragten Unternehmen gaben 44,6 Prozent an, zunehmend Fachkräfte mit Abschluss in einem anderen Ausbildungsberuf einzusetzen. 52 Prozent setzen vermehrt An- und Ungelernte ein. "Die Unterschiede je nach Branchenzugehörigkeit und Digitalisierungs- und Automatisierungsniveau führen zu abweichenden Qualifikationsbedarfen", erklärt Anke Kock, beim BIBB in der Abteilung Struktur und Ordnung der Berufsbildung für den Arbeitsbereich kaufmännische Berufe, Berufe der Medienwirtschaft und Logistik zuständig. Insbesondere bei den von Kunden immer stärker gefragten Value Added Services wie Retourenbearbeitung oder beim Kommissionieren und Verpacken für Sonderaktionen entstehe ein zusätzlicher Personalbedarf. "Diese größtenteils manuellen Tätigkeiten kann auch angelerntes Personal übernehmen", sagt Kock. Bei Unternehmen, die verstärkt auf digitale Prozesse setzen, seien zudem Kompetenzen wie Prozesssteuerung, Stammdatenmanagement, Qualitätskontrolle und eine hohe IT-Affinität gefragt. Picker und Versandmitarbeiter gesucht "Der Fachkräfte- oder besser Personalmangel - die Logistikbranche ist schließlich sehr gut für Quereinsteiger geeignet - ist branchenspezifisch sehr unterschiedlich", betont auch Hans-Björn Glock, Koordinator berufliche Bildung bei der TÜV Rheinland Akademie. Während etwa in der Automobilbranche derzeit wenig Bedarf bestehen dürfte, sei die Nachfrage in Logistikzentren, die den Onlinehandel bedienen, durch die Covid-19-Pandemie nochmals immens hochgeschnellt. "Hier sind vor allem Picker und Mitarbeiter im Versand gesucht", so Glock. Die TÜV Rheinland Akademie macht in ihren "Trainingscentern Lager/Logistik" Quereinsteiger fit für den Job im Lager. "Wir arbeiten sowohl eng mit den örtlichen Jobcentern als auch mit vielen Unternehmen zusammen, die Personalbedarf haben, aber keine geeigneten Mitarbeiter finden", erklärt Susann Kühn von der TÜV Rheinland Akademie Leipzig. In gemeinsamen Projekten mit Arbeitsagentur und Unternehmen konzipiert und führt die Akademie Qualifizierungen durch, deren Teilnehmer gleich im Anschluss im Unternehmen eingesetzt werden. Ein Modell, das sich offenbar immer mehr durchsetzt. Man verzeichne zwar noch Anfragen insbesondere für Umschulungen zur Fachkraft Lagerlogistik, vereinzelt auch zum Fachlageristen. "Wir sehen aber alles in allem eine sinkende Tendenz zur Umschulung und einen klaren Trend zur Qualifizierung von Quereinsteigern. Viele wollen schnell raus aus der Arbeitslosigkeit und nehmen lieber Jobs über Kurzqualifizierungen an", so Kühn. Ein Grund, dass immer mehr Quereinsteiger in Logistikzentren anzutreffen sind, dürften zudem auch die Verdienstmöglichkeiten sein, die in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen seien, wie Kühn betont. Geld vom Staat Für Unternehmen interessant sind neue, anteilige Fördermöglichkeiten in der Weiterbildung von Beschäftigten: das Anfang 2019 in Kraft getretene Qualifizierungschancengesetz und das ganz neue Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel (siehe auch Seite 6 dieser Ausgabe). "Digitalisierung und Dekarbonisierung rücken auch in der Lagerlogistik immer stärker in den Fokus", so Glock. Wenn bei Logistikunternehmen etwa neue Methoden des Lagerns, Verpackens oder auch Transports zur Anwendung kommen, könnten im Zusammenhang mit den neuen Gesetzen sogenannte Anpassungsqualifizierungen anteilig gefördert werden. Die Gesetze eröffnen außerhalb der traditionellen Ausbildungsbilder ganz neue Möglichkeiten, ist sich Glock sicher: "Wir stehen als Bildungsträger in den Startlöchern, um gemeinsam mit den Unternehmen neue Weiterbildungsinhalte zu entwickeln und durchzuführen, die wir dann mit Personenzertifizierungen auch bestätigen können." Die Kosten für abschlussorientierte Weiterbildungen, von der Teilqualifizierung bis hin zur Umschulung, können laut Glock übrigens unabhängig von der Unternehmensgröße zu 100 Prozent übernommen werden. "Gerade für Unternehmen, die aktuell von der Krise betroffen sind und kurzarbeiten lassen, ist das eine gute Möglichkeit, ohne Eigenanteil Mitarbeiter weiterzubilden." Mehr zum Thema finden Sie unter #personal www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Vor allem in Logistikzentren, die den E-Commerce bedienen, herrscht ständige Personalnot. Der Trend geht daher weg von der Umschulung hin in Richtung Kurzqualifizierung. Solche Kurse bietet unter anderem die TÜV Rheinland Akademie in ihren "Trainingscentern Lager/Logistik" an. 52 Prozent der für eine BIBB-Studie befragten Unternehmen setzen vermehrt An- und Ungelernte ein

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