Weil immer mehr Menschen online bestellen, hat auch der Lieferverkehr in den Innenstädten stark zugenommen. Mit einem speziellen Solarboot testet DHL nun Pakettransporte auf der Spree, um Verkehr und Umwelt zu entlasten. Dabei gibt es einige Hürden zu überwinden.
Rund 250.000 Pakete liefert der Logistikkonzern DHL an normalen Tagen in Berlin aus - ein kleiner Bruchteil davon kommt ab sofort über die Spree. Mit einem speziellen Solarboot testet das Unternehmen, inwiefern sich auch die Wasserwege der Hauptstadt für den Transport von Paketen eignen. Angesichts der stark wachsenden Zahl an Online-Bestellungen in den vergangenen Jahren könnte auf diese Weise der Verkehr in den Innenstädten verringert und CO2-Emissionen vermieden werden - so die Hoffnung.
Kapazität von etwa vier Paketwagen
„Das ist erstmal ein Test“, betonte Sven Goerke, Leiter der Niederlassung Berlin für den Bereich Paket, am Mittwoch bei der Vorstellung des gelben Solarboots im Berliner Westhafen. „Wir haben hier heute 340 Pakete an Bord“. Das entspreche der Kapazität von ungefähr vier Paketwagen, die sonst über die Straßen rollen würden.
Das mit Solarenergie betriebene Schiff ist 10,50 Meter lang und 2,50 Meter breit. Die Pakete, die es transportieren soll, kommen laut Post zunächst über die Straße im Paketzentrum Börnicke nordwestlich von Berlin an. Von dort bringt ein emissionsfreier Lastwagen die Lieferungen zum Südhafen Spandau, wo sie auf das Schiff verladen werden. Über die Spree geht es dann weiter in den Westhafen. Von dort sollen Zusteller auf elektrischen Lastenrädern die Pakete zu den Empfängerinnen und Empfängern in der unmittelbaren Umgebung bringen. Wichtige Projektpartner des Solarschiffes sind die Berliner Hafen- und Lagergesellschaft Behala und die Reederei Solarwaterworld.
Neunmonatiger Testbetrieb
Neun Monate soll dieser Transportweg nun getestet werden. Sollte der Versuch erfolgreich sein, ist dem Konzern zufolge auch ein Ausbau der Schiffsflotte und eine Erweiterung der Transportroute denkbar - vom Westhafen in Richtung Neukölln und Mariendorf im Süden Berlins. „Wir können uns vorstellen, beispielsweise 40, 50 Packstationen an den Wasserweg zu stellen, an denen der Kunde die Pakete direkt abholt, wo er kurze Wege hat“, sagte Görke. Entsprechende Gespräche gebe es derzeit mit den Bezirken.
Wirtschaftlich rechnen würde sich laut DHL ein Pakettransport über die Spree ohnehin erst mit einer größeren Schiffsflotte und weiteren Anlegestellen. Derzeit erschweren zudem logistische Hürden die Abläufe. So ist das Schiff zu klein für die hohe Kaimauer im Westhafen. Für das Entladen muss ein Gabelstapler mit einer Seilvorrichtung die Paketwagen vom Schiff ziehen. Das nimmt einige Zeit in Anspruch, auch wenn sich die Abläufe in den kommenden Wochen weiter einspielen dürften. Damit die Zusteller mit ihren elektrischen Lastenrädern nicht ständig zum Nachladen zurück zum Hafen fahren müssen, unterstützt sie auf der Route ein E-Lieferauto.
Es braucht also noch einige Nachjustierungen, bis die Spree als echte Ergänzung zur Straße in Frage kommt. „Aber irgendwann muss man einfach auch den ersten Schritt gehen“, sagt Goerke. (dpa/sn)