Pleiten, Pech und Pannen

Es ist einsam geworden um den Bundesverkehrsminister. Vergeblich wartete er zuletzt auf Solidaritätsbekundungen seiner CSU angesichts der massiven Kritik der Opposition. "Vier Jahre Geisterfahrt" lautet deren Bilanz zur Amtszeit Alexander Dobrindts, der zunehmend auch unter Beschuss des Koalitionspartners SPD gerät. "Leistung ungenügend, Betragen mangelhaft, muss das Ministerium verlassen", ätzte dort der Haushaltsexperte Johannes Kahrs. Die Grünen verlangten schon früher Dobrindts Rücktritt, sie halten ihn für überfordert. Zuvor war bekannt geworden, dass Unternehmen, die im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) Autobahnen betreiben, seit Oktober 2015 mehr Mittel aus der Lkw-Maut zugewiesen bekommen, als ihnen offenbar zustehen. Ministeriumssprecher Martin Susteck musste einräumen, dass schätzungsweise zehn Millionen Euro zu viel überwiesen worden sind - allerdings "unter Vorbehalt". Gute Miene zum technischen Fehler Die überhöhten Zahlungen sind erfolgt, weil das Mautsystem zwar die Achsen eines Lkw und auch seine Schadstoffklasse erfasst, nicht aber die Gewichtsklasse, also zwischen schweren und leichteren Lkw nicht unterscheiden kann. Die mit den privaten Autobahnbetreibern getroffenen Vereinbarungen sehen vor, dass sich deren Vergütung aus der Maut nur auf Lkw ab zwölf Tonnen bezieht. Seit knapp zwei Jahren müssen auch Lkw ab 7,5 Tonnen Maut zahlen. Davon steht aber in den Verträgen mit 30-jähriger Laufzeit nichts. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Maut für leichtere Lkw wurden einfach an die Betreiber mitüberwiesen. Es geht um erste ÖPP-Projekte, die vor 2009 von Dobrindts Vorgänger Wolfgang Tiefensee (SPD) besiegelt wurden. Bei neueren ÖPP-Projekten richteten sich die Vergütungen nicht mehr nach der Lkw-Maut. Dobrindt versuchte vor einer CSU-Vorstandssitzung das Thema herunterzuspielen. Es gebe Gespräche mit den betroffenen ÖPP-Betreibern. Beispielsweise gehe es bei der A 1 zwischen Hamburg und Bremen überschlagsmäßig um einige hunderttausend Euro im Jahr im Verhältnis zu 4,6 Milliarden Mauteinnahmen insgesamt. Wegen des privaten Betreibers dieser Autobahn war es zu Beginn der vorigen Woche zu einer handfesten Kontroverse auf der Sondersitzung des Haushaltsausschusses im Bundestag gekommen: A 1 Mobil ist finanziell in Schwierigkeiten geraten. Es verklagt den Bund nun wegen zu geringen, Mauteinahmen auf insgesamt 778 Millionen Euro Schadensersatz, um die Insolvenz abzuwenden. Dobrindt lüge und vertusche, erregte sich der Grünen-Haushaltspolitiker Sven Christian Kindler nach der Sitzung. Die SPD kritisierte, dass der Minister den Bundestag nicht informiert habe. Die Skandale haben dazu geführt, dass die Wirtschaftlichkeit von ÖPP zunehmend infrage gestellt wird. Grüne und Linke fühlen sich in ihrer Kritik bestätigt und verweisen auf die Vorbehalte des Bundesrechnungshofs. In der SPD heißt es, bei Kenntnis der Fehlkalkulationen wäre die Zustimmung des Bundestages zur Bundesfernstraßengesellschaft zweifelhaft gewesen. Dobrindt hatte sich stets als ÖPP-Freund gezeigt. Eine schriftliche Stellungnahme lässt erkennen, dass dem Bundesverkehrsminister die Brisanz der Lage bewusst ist: Für die Mautausweitung auf alle Bundesstraßen Mitte 2018 sei Toll Collect vom Bund beauftragt, die Einführung von Gewichtsklassen technisch zu ermöglichen, heißt es darin.

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