Phantom-Frachtführer: Ware weg, Schaden groß

Frachtenbörsen bringen Anbieter und Nachfrager von Transportleistungen zusammen. Sie bieten mit ihrem Angebot für Logistiker eine große Auswahl an möglichen Frachtführern, welche vor allem für einen guten Preis eilige Aufträge übernehmen. Doch Vorsicht: Wer nicht genau prüft, bevor er einen Auftrag vergibt und die Ware aushändigt, könnte in die Falle eines sogenannten Phantom-Frachtführers treten. Ähnliche Masche Dieser wirkt wie ein professioneller Frachtführer, entpuppt sich jedoch nach der Warenübergabe als ein systematischer Betrüger. Die Folgen: Die Ware ist weg und stattdessen bleibt ein immenser Schaden zurück. Zu finden sind Phantom-Frachtführer beispielsweise auf Online-Frachtbörsen. Dort bewerben sie sich - häufig erst seit Kurzem - auf Transporte von stark nachgefragten Gütern und locken dabei mit einer günstigen Vergütung. Ihre Masche ist dabei oft ähnlich: Meist führen sie die Vertragsverhandlungen über elektronische Kommunikationswege wie Handy oder Privat-E-Mails von kostenfreien Anbietern. Diese sind im Vergleich zu Festnetznummern oder Firmenmails schwieriger nachzuverfolgen. Sonstige Internetauftritte des Phantom-Frachtführers sind entweder nicht vorhanden oder verschwinden kurz nach Auftragsvergabe aus dem Netz. Oft gefälschte Unterlagen Die Vorgehensweise der Betrüger ist aber unterschiedlich: Während sich manche als Mitarbeiter eines bekannten Unternehmens ausgeben, gründen andere Scheinfirmen oder kaufen bestehende Unternehmen auf, die sich bereits einen Namen in der Branche gemacht haben. Diese bestehenden Firmen führen die Phantom-Frachtführer dann zum Schein nach außen hin fort. Erkennen lässt sich dies nur über die aktuelle Firmenauskunft. Was die meisten dieser skurrilen Anbieter gemeinsam haben, sind gefälschte oder unvollständige Unterlagen: beispielsweise die Versicherungsbestätigung oder einen leicht abgeänderten Firmennamen. Auch auf Wortveränderungen im Angebotstext wie "transporti" statt "trasporti" (italienisch für Transport) sollten Auftraggeber achten. Checkliste: Maßnahmen zum Schutz vor Phantom-Frachtführern angewandt Maßnahme Erklärung und Beispiel Sorgfältige Auswahl desGeschäftspartners Bekannte Geschäftsbeziehungen sind sicherer als neueGeschäftsbeziehungen Fordern von Nachweisen undReferenzen Versicherungsbestätigung, vollständige Firmendaten, ggf.Handelsregisterauszug, Lizenzen, Genehmigungen Prüfung der Firmendaten anhandvon Auskunftsportalen (z. B.Handelsregister) Anschrift, Firmensitz, Telefonnummer, Umsatzsteuer-Identifikations-Nummer (UID) Kontinuierliche Kontrolle von laufendenGeschäftsbeziehungen Referenzen bei Eigentümerwechsel einholen, Handelsregistereinzugeinsehen Detaillierte Prüfung des zuständigenFahrers bei Ankunft am Standort Vollständiger Name, Führerschein-Kopie, Kopie der Fahrzeugpapiere,Mobilrufnummer, Kennzeichen Sicherheitsmaßnahmen vor derÜbergabe der Ware Abfragen einer vereinbarten Auftragsnummer, Vorlage desPersonalausweises des Fahrers sowie Abgleich mit gespeicherten Daten Quelle: Axel Salzmann, Rechtsanwalt Varianten des Betrugs Ist der Auftrag vergeben, gibt es mehrere Varianten, wie die betrügerischen Transportunternehmen weiter vorgehen. Manche befördern die Ware selbst, andere schalten ein Subunternehmen dazwischen. In ersterem Fall ändert sich dann kurzfristig - entgegen der vorherigen Absprache mit dem Auftragnehmer -der Ladetermin, das Fahrzeug oder der Fahrer. Dies ermöglicht es dem Phantom-Frachtführer, den Transport undurchsichtig und nicht rekonstruierbar zu gestalten und die Ware schließlich zu entwenden. Ist in der anderen Variante ein seriöses Subunternehmen eingesetzt, ist die Masche häufig so ausgestaltet, dass der gutgläubige Fahrer die Ware an einem veränderten Bestimmungsort an die Betrüger abliefert. Danach sind die Auftragnehmer nicht mehr erreichbar und abgetaucht. Was bleiben kann: ein unwiederbringlicher finanzieller Schaden. Aktueller Fall aus der Praxis So erging es auch einem Auftraggeber, der einen Transport von 22 Tonnen tiefgefrorenem Zanderfilet kurzfristig auf einer Frachtbörse ausschrieb. Der Frachtführer, der sich auf die Anzeige hin über das Handy meldete, bot die Fahrt von Rotterdam nach Wien zu einem günstigen Preis an. Die erforderlichen Unterlagen dafür mailte er in kyrillischer Sprache, die jedoch augenscheinlich zu den englischen Übersetzungen passte. Erst später, nachdem der Empfänger die Ware reklamiert hatte, durchschaute der Auftraggeber die Täuschung. Der Phantom-Frachtführer war bis dahin bereits abgetaucht, sein Handy abgeschaltet. Eine Rückmeldung der Polizei ergab: Die erhaltenen Zugangspapiere waren gefälscht. Deshalb waren sie völlig unbrauchbar, um auf diese Weise den Frachtführer zu lokalisieren. Es blieb stattdessen ein immenser Schaden in Höhe von 400.000 Euro. Frachtführer haftet Da Phantom-Frachtführer weitestgehend grenzüberschreitende Transporte übernehmen, ergibt sich die Haftung für diesen Schaden in Höhe von 400.000 Euro nach dem CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr). Dieses sieht grundsätzlich in Artikel 17 vor, dass der Frachtführer, falls er das Transportgut verliert, haftet. Dementsprechend schließt ein Frachtführer verpflichtend eine Verkehrshaftungsversicherung ab. Die Regelhaftung beträgt 8,33 Sonderziehungsrechte (SZR) pro Kilogramm Sendungsgewicht (nach Artikel 23 CMR). Ausnahmsweise kann der Frachtführer jedoch auch unbegrenzt haften, wenn er die Ware vorsätzlich "verloren" hat oder ihn dabei ein grobes Verschulden trifft. Die Grenze zwischen Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit zieht die Rechtsprechung dabei sehr zulasten der Spediteure. Da sich ein Phantom-Frachtführer im Normalfall nicht mehr zur Rechenschaft beziehungsweise zur Haftung heranziehen lässt, wird es in diesem Fall allerdings schwierig für den Auftraggeber oder Spediteur, der sich um den Auftrag gekümmert hat. Schließlich dürften auch die Versicherungspapiere gefälscht sein. Zudem wirken sich die Vorschriften der CMR auch entsprechend darauf aus, ob die Verkehrshaftungsversicherung des Spediteurs oder die Transportversicherung des Auftraggebers - wenn sie denn abgeschlossen wurde - den Schaden übernimmt oder nicht. Fällt Versicherungsschutz? Hat der Auftraggeber nämlich den Frachtführer nur "mangelhaft" ausgewählt, stellt das ein Verschulden dar. Dieses Verschulden steht dem Vorsatz gleich. Dadurch wiederum verletzt er seine Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag. Denn diese sehen vor, dass Versicherungsnehmer Frachtverträge sorgfältig vergeben müssen, indem sie hinreichend die Identität des Fahrers und dessen Unterlagen überprüfen. In der Regel steigen je nach Wert der Ware auch die Anforderungen daran, mit welchen Sorgfaltspflichten der Auftraggeber die Unterlagen kontrollieren muss. Erfolgt eine solche Kontrolle dabei nur ungenau, ist es möglich, dass die Versicherung im Anschluss nicht zahlt. In einzelnen Fällen des Ladungsdiebstahls kann sie von ihren Vertragspartnern sogar Auskunft darüber verlangen, anhand welcher Richtlinien diese prüfen, an wen ein Auftrag geht. Worauf ist also zu achten, damit es gar nicht erst so weit kommt? Um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden, sollten Unternehmen klare Richtlinien festlegen, anhand derer sie die Auftragsvergabe kontrollieren. Das Verhältnis muss stimmen Das Kriterium, nur nach besonders günstigen Anbietern zu suchen, ist in diesem Zusammenhang hochkritisch. Insbesondere ist Vorsicht geboten, wenn Leistung und Fracht nicht im Verhältnis zum üblichen Marktpreis stehen. Für die Kontaktaufnahme mit dem Frachtführer sollten Auftraggeber auf sichere Wege, wie beispielsweise eine Festnetznummer, zurückgreifen. Bevor der Auftrag endgültig an den Frachtführer geht, ist es zwingend erforderlich, dessen Firmennamen und sonstige Daten zu prüfen. Dazu zählen unter anderem Sitz, Anschrift, Signatur, Gewerbeerlaubnis- oder Handelsregisternummer. Dafür sollte man Mitarbeiter einsetzen, die bezüglich des Themas "Phantom-Frachtführer" geschult sind und die Vergabe dokumentieren. Vertraglich gesehen ist es notwendig, dass der Auftraggeber verbietet, den Transport an Subunternehmer weiterzugeben. Online Vorbeugen Die Checkliste mit dem Maßnahmenkatalog zum Schutz vor Phantom-Frachtführern finden Abonnenten der VerkehrsRundschau kostenfrei auch auf unserer Profiplattform VR plus zum Download. www.verkehrsrundschau.de/plus/Phantom

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