Hannover. Die rot-grüne Koalition in Niedersachsen wird keine neuen Streckengenehmigungen für den Lang-LKW-Feldversuch erteilen. Das geht aus dem Koalitionsvertrag der SPD und den Grünen in Niedersachsen hervor, den beide Parteien am Mittwoch im Internet veröffentlichten. Aus dem Papier geht auch hervor, dass die rot-grüne Koalition das Ziel verfolgt, Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und die Binnenwasserstraßen zu verlagern. Dafür sollen die Schienenstrecken für den Hafenhinterlandverkehr ausgebaut werden.
Insgesamt ist Rot-Grün der Überzeugung, dass die Infrastrukturpolitik auf Bundesebene ein neues Grundkonzept für die Bundesverkehrswegeplanung 2015 braucht. „Denn eine reine Fortschreibung des derzeit geltenden Bundesverkehrswegeplans von 2003 wird wegen immer enger werdender finanzieller Spielräume einer bedarfsgerechten Schwerpunktsetzung nicht gerecht“, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Parteien plädieren für eine besser Abstimmung zwischen dem Bundesverkehrswegeplan und den vorhandenen Infrastrukturnetzen der Bundesländer.
Erhalt vor Neubau bei Straßeninfrastruktur
Die Landesbehörde für Verkehr schätzt den jährlichen Bedarf zur Erhaltung der Bundesfernstraßen auf dem derzeitigen Niveau auf 200 Millionen Euro jährlich. Dem stehen laut Koalitionsvertrag Vorbelastungen aus den laufenden, bereits im Bau befindlichen Projekten gegenüber, für deren Fertigstellung noch mindestens 550 Millionen Euro ab dem laufenden Haushaltsjahr erforderlich sind. Nach den Haushaltsplanungen des Bundes im Verkehrsetat wären zur Realisierung in Niedersachsen mehr als zehn Jahre notwendig. Deshalb geht Rot-Grün davon aus, dass in der laufenden Legislatur keine neuen Projekte begonnen werden. Eine Umgehung von Finanzierungsengpässen beim Straßenbau durch die Erhebung einer PKW-Maut lehnen die Parteien ab. Steigende Einnahmen aus der LKW-Maut sollen demnach für den Substanzerhalt und den klimafreundlichen Umbau der Infrastruktur genutzt werden.
Um den Mautausweichverkehr einzudämmen will die rot-grüne Koalition zukünftig überall, wo Mautausweichverkehr Anwohnerinnen und Anwohner belastet, LKW-Maut und andere Maßnahmen einführen. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) warnt vor den Plänen. Dieser Ausweichverkehr zeige nur, dass die Autobahnen heute bereits nicht bedarfsgerecht ausgebaut seien. Neue Mautstrecken und Fahrbeschränkungen würden hingegen Umwegverkehre mit zusätzlichen Umweltbelastungen auslösen, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes.
Trotz unterschiedlicher Einschätzung zum Nutzen von zusätzlichen Autobahnen haben sich SPD und Grüne darauf verständigt, neue Verkehrsprojekte erst dann kostenintensiv zu planen, wenn in vertretbarer Zeit auch die Gesamtfinanzierung sichergestellt ist. Deshalb werden die Planungen zur A20 und A39 mit eingeschränktem Mitteleinsatz weitergeführt um mit realistischem Kostenschätzungen bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans vom Bund Aussagen zur Gesamtfinanzierung und zum Umsetzungszeitraum zu erhalten. Außerdem will Rot-Grün alle Straßenbaumaßnahmen angesichts der begrenzten Baumittel des Bundes erneut grundsätzlich hinterfragen.Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit strebt die Koalition ein LKW-Überholverbot auf zweispurigen Autobahnen an.
Kooperation der Seehäfen stärken
Bei den norddeutschen Seehäfen setzen SPD und Grüne auf eine verbesserte Hafenkooperation. Als oberstes Ziel nennen die Parteien eine enge Abstimmung von Hafenprojekten und Investitionen. Dadurch ließen sich öffentliche Aufwendungen sparen, die für die Hafenhinterlandanbindung dringend gebraucht werden. Auch könne eine nationale Hafenkooperation den Wettlauf der Häfen um öffentliche Subventionen, Hafengebühren und neue Flussvertiefungen beenden.
In diesem Zusammenhang bekräftigten SPD und Grüne ihre Position, dass die Mittlere Elbe zwischen Schnackenburg und Lauenburg nicht ausgebaut werden soll. Stattdessen forderten die Parteien den Bund auf, im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans schnellstens den Neubau des Schiffshebewerks Scharnebeck, beziehungsweise den Neubau einer Schachtschleuse voranzubringen.
Im Luftverkehr kündigten die Parteien Bundesratsinitiativen zur verursachergerechten Besteuerung des Flugverkehrs und zur Überarbeitung des Fluglärmgesetzes an. Geplant ist demnach, deutlich stärker nach Lärm und Abgas gestaffelte Start- und Landegebühren zu erheben. (bw)
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