Neues Jahr, neues Glück?

Das vergangene Jahr kann man wohl getrost als überraschend bezeichnen. Ereignisse wie die Wahl des Politamateurs und Polterers Donald Trump zum mächtigsten Mann der Welt und der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union haben auch in der Logistikbranche eingeschlagen. Unsicherheiten in der Exportwirtschaft Welche Auswirkungen diese Wählerentscheidungen haben werden, ist schwer abzusehen. "Vor allem für die deutsche Exportwirtschaft sind die Unwägbarkeiten derzeit groß", schreibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in ihrem Konjunkturkompass. Viele Firmen dürften mit Investitionen daher vorerst abwarten. Ein großes Risiko für die Exporteure und damit für die Logistikbranche sind die protektionistischen Tendenzen, die sich weltweit breitmachen. Der künftige US-Präsident Donald Trump hat mit seinem "Buy American" und der Ankündigung, alle Handelsabkommen der USA überprüfen zu wollen, für Unsicherheit gesorgt. In Großbritannien deutet ebenfalls vieles auf eine Abkoppelung des Landes hin. Zwar hoffen die Briten immer noch auf den Erhalt des freien Warenverkehrs - ohne dafür Zugeständnisse machen zu müssen. Doch das dürfte Wunschdenken bleiben. Für die Logistik würde das teilweise Ausscheiden dieser beiden Länder aus der weltweiten Handelsgemeinschaft erhebliche Folgen haben. Immerhin sind der KfW nach die USA für Deutschland der wichtigste und Großbritannien der drittwichtigste Exportmarkt. Die Politik wird, wie es aussieht, aber auch im Jahr 2017 der Hauptrisikofaktor bleiben. Die anstehenden Wahlen in den Niederlanden, in Frankreich und nicht zuletzt in Deutschland werden über die Zukunft der EU und über die Zukunft des europäischen Binnenmarktes entscheiden. Und damit auch darüber, ob Verlader und Spediteure in Zukunft noch problemlos grenzüberschreitende Geschäfte machen können. Ebenso unberechenbar sind die weiteren Entwicklungen in der Türkei und in Italien. In den drohenden nationalstaatlichen Tendenzen sieht auch der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) die größte Gefahr für die Transportwirtschaft. "Die Wiedererrichtung von Handelsbarrieren würde Logistikprozesse spürbar verlangsamen und auch verteuern", erklärt der Verband. Schließlich basiere die Exportstärke Deutschlands auf einer funktionierenden grenzüberschreitenden Beschaffungs- und Distributionslogistik, die von zwischenstaatlichen Freihandelsabkommen und Wirtschaftsräumen ohne Grenzen für den freien Warenverkehr profitiere. Trotz allem sehen die Mitgliedsunternehmen des DSLV bei den Geschäftserwartungen zuversichtlich auf 2017. Auch der Ifo-Index für die Transport- und Speditionsbranche aus dem November 2016 zeigte, dass die Unternehmen deutlich optimistischer in die Zukunft blicken. Europa muss seine Probleme lösen Dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) bereiten die protektionistischen Tendenzen Sorgen. "Gerade für Deutschland als exportorientiertes Land wäre ein protektionistischer und isolationistischer Kurs der USA mittel- und langfristig ein Wachstumsrisiko", schreibt das IW in seiner Prognose. Gleiches gelte für den Brexit. Zudem ist die Schuldenkrise im Süden Europas lange nicht ausgestanden, Frankreich wartet immer noch auf die notwendigen Reformen und das italienische Bankensystem steht kurz vor dem Kollaps. "Europa muss seine hausgemachten Probleme lösen", fordert denn auch IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt. "Wenn die USA künftig wirklich weniger berechenbar sind, muss die EU umso berechenbarer und entscheidungsfähiger werden." DIW: Weltweites Plus von 3,6 Prozent Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat aufgrund der vielen Unwägbarkeiten sogar jüngst seine Prognose für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland gesenkt. Die Wissenschaftler erwarten für 2017 nunmehr gerade einmal ein Wachstum von 1,1 Prozent. Erst für 2018 gehen sie wieder von einer stärkeren Dynamik aus. Für die Weltwirtschaft sehen die Forscher nur ein mäßiges Wachstum. In den USA und China wird eine unterdurchschnittliche Entwicklung erwartet. Die verstärkten protektionistischen Tendenzen dürfte die exportabhängige deutsche Wirtschaft treffen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin ist da optimistischer. Demnach dürften Schwellenländer wie Brasilien die Rezession hinter sich lassen und auch die russische Wirtschaft wird nach Einschätzung der Experten wieder stärker wachsen. Sollte das Investitionsprogramm der neuen US-Regierung, unter anderem in die Infrastruktur, Erfolg haben, könnte das positive Effekte für die globale Wirtschaftsleistung haben. Das DIW rechnet daher mit einem weltweiten Plus von 3,6 Prozent im Jahr 2017. Was bleibt, ist die Unsicherheit. Die macht es für viele Unternehmen schwer, eine Prognose für das kommende Jahr abzugeben. "Insgesamt überwiegt eine gewisse Skepsis, weil sie gerade nicht genau abschätzen können, welche handelspolitischen Entscheidungen die neue US-Regierung trifft und wie sich das politische Weltklima insgesamt entwickeln wird", fasst Thomas Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Vereins Hamburger Spediteure, die Stimmung unter den Mitgliedsbetrieben zusammen. Die größte Gefahr sieht auch er darin, dass Handelshemmnisse entsprechende Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder erwarten lassen. Das alles sei nicht positiv für den globalen Austausch von Waren. "Angesichts der unsicheren Begleitumstände dürfte sich 2017 die Umschlagsentwicklung in den deutschen Häfen im Vergleich zu diesem Jahr kaum zum Positiven verändern", glaubt Schröder. Einfluss auf die Entwicklung der Branche könnten auch andere Herausforderungen in 2017 haben. So stehe etwa die Entscheidung zur Fahrrinnenanpassung der Elbe an. Auch der Konzentrationsprozess in der Container-Linienschifffahrt und die damit verbundene Entwicklung der Preise in der Seeschifffahrt würden die Seehafenspediteure im kommenden Jahr begleiten. Auch der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) sieht in 2017 genügend Einflüsse auf die Branche abseits der politischen Großwetterlage. Vor allem der Straßengüterverkehr werde sich als Folge des gewachsenen europäischen Binnenmarkts verstärkt dem ausländischen Wettbewerb stellen müssen. Zunehmend bereitet der Branche die Entwicklung des Ölpreises Sorgen. Sollten die OPEC-Staaten die Verknappung tatsächlich umsetzen können, drohen deutlich höhere Dieselpreise. Zusammen mit den anhaltend steigenden Personalkosten könnte das historische Tief bei den Transportkosten also bald ein Ende haben. Zumindest auf Teilmärkten der Logistik werden dem DSLV zufolge die Preise steigen. DB Schenker glaubt indes, dass sich die Preisanpassungen lediglich in moderatem Umfang durchsetzen lassen. Diese müssten aber durchgeführt werden, da die Kosten insbesondere durch den Fahrermangel weiter steigen würden. Nicht nur der Ölpreis und die Lkw-Fahrer erhöhen die Kosten für Transporteure. Fast alle von der VerkehrsRundschau befragten Marktteilnehmer sehen in der Digitalisierung einen weiteren Kostentreiber, wenngleich alle Unternehmen - über alle Verkehrsträger hinweg - die Devise ausgeben, dass die Fracht künftig nicht mehr von Papieren begleitet werden soll. Zunächst aber müsse in die entsprechende IT-Infrastruktur investiert werden, heißt es. Bis die digitalen Prozesse zu Effizienzgewinnen führen, könne es dagegen noch dauern. Wie hoch diese letztlich sein werden, hängt auch davon ab, wie teuer die Maßnahmen für die Datensicherheit und für das Datenmanagement sein werden. Schwierig bleibt es auch in 2017 in der Luftfrachtbranche. Die angebotenen Kapazitäten wachsen noch immer stärker als die Nachfrage danach; insbesondere in der Belly-Fracht. Bei Lufthansa Cargo sieht man daher die Preise im Sinkflug, wobei man Hoffnung hat, dass es in 2017 zu einer Bodenbildung kommen kann. Derzeit reagiert Lufthansa darauf mit Personalabbau und neuen Angeboten wie online buchbarer Luftfracht und einem Tür-zu-Tür-Service für Privatkunden. Schienengüterverkehr bleibt verhalten Auf der Schiene sieht es nicht besser aus. DB Cargo befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Die Bahn setzt dabei auf den "Runden Tisch" zur Stärkung des Schienengüterverkehrs, den das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) einberufen hat. Dabei soll vor allem mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werden. Im Frühjahr 2017 sollen erste Ergebnisse vorliegen. Unabhängig davon äußert sich DB Cargo zur Mengenentwicklung im neuen Jahr verhalten. Konjunkturbedingt sehe man im gesamten Transportmarkt bei der Menge keine spürbaren Veränderungen. Tendenziell sei wegen der bestehenden Risiken sogar eher von einer leichten Abschwächung in 2017 auszugehen, heißt es. Gleichzeitig spüre das Unternehmen den steigenden Kostendruck, vor allem die höheren Preise für Personal und Energie müssten in 2017 eingepreist werden. Starke Mengen-Zuwächse erwartet auch die Konzernschwester DB Schenker wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage nicht. So werde es weiterhin Verschiebungen zum Onlinehandel geben, heißt es. Entsprechend werde die Organisation der urbanen Logistik im Jahr 2017 eine beherrschende Rolle spielen. Mehr zum Thema im Dossier Transportmarkt www.verkehrsrundschau.de/dossiers Logistik-Indikatoren Transportpreise bleiben wohl niedrig, Logistik dürfte zulegen Was der VR-Index und der Logistik-Indikator der BVL für das Jahr 2017 in der Transport- und Logistikbranche erwarten:Zumindest am Ende war das abgelaufene Jahr nicht so recht versöhnlich für die Transportbranche. Zwar stiegen die Transportpreise leicht, doch das Plus im VR-Index von 0,3 Prozent gegenüber 2015 war der geringste Anstieg im Index seit vier Jahren. Damit bleiben die Transportpreise im Straßengüterverkehr auf niedrigem Niveau.Und für 2017 rechnen die befragten Dienstleister und Verlader nur mit einem ähnlich überschaubaren Wachstum. Preiserhöhungen werden sich wohl nur in einem Rahmen von 0,7 bis 0,8 Prozent durchsetzen lassen, so die Erwartungen der befragten Unternehmen. Der Logistik-Indikator, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik (BVL) ermittelt, zeigte sich zum Jahreswechsel hingegen optimistisch. So legte der Index um stattliche sieben Prozent zu. Auch für 2017 sind die Aussichten gut. Die Auftragsbücher von Industrie und Handel sind gut gefüllt. Damit dürfte der Bedarf nach logististischen Leistungen in den kommenden Monaten steigen. Allerdings hänge viel davon ab, so die Einschätzung von Verladern und Dienstleistern, wie sich die Lage in Europa in 2017 entwickle. ah

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