Neuer Minus-Rekord

München. Um 2,77 Prozent haben die Preise im Straßengüterverkehr im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorquartal nachgegeben. Für einige Dienstleister womöglich ein Minus, das sie nicht verkraften werden. Eine solche Krise hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Ach was, diese Aussage kann man auf den gesamten Globus ausdehnen: Noch nie wurde seit dem Zweiten Weltkrieg die Wirtschaft weltweit derart lahmgelegt wie durch die Corona-Pandemie. Die Finanzkrise hat zwar auch auf allen Kontinenten gewütet. Aber dass ganze Wirtschaftszweige dicht gemacht haben: Das hat es 2008/2009 nicht gegeben. Einbruch im zweiten Quartal 2020 Der Lockdown hat in Deutschland seine Spuren hinterlassen. Für das zweite Quartal 2020 rechnen die Experten mit einem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 11,9 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise betrug das konjunkturelle Minus beim BIP in Deutschland 4,7 Prozent im ersten Quartal 2009. Bislang liegen zwar schon einige Zahlen über das Ausmaß der Rezession vor. Welche Folgen die Krise für die Transport- und Logistikwirtschaft gehabt hat und in Zukunft hat und wie stark beispielsweise die Frachtraten unter Druck geraten sind, dazu gibt es jedoch nur sehr wenig Datenmaterial, zumeist nur Tendenzaussagen. Die VerkehrsRundschau (VR) veröffentlicht als eines der ersten Medien in Deutschland überhaupt Zahlen, die Auskunft darüber geben, wie stark die Krise das Geschäft in der Transport- und Logistikbranche im zweiten Quartal 2020 beeinflusst hat. Die Erhebung der Daten erfolgte im Rahmen der VR-Index-Befragung, bei der jedes Quartal die Einschätzung von Logistikdienstleistern und Verladern eingeholt wird. Demnach sind die Frachtraten im Straßengüterverkehr in Deutschland im zweiten Quartal 2020 um 2,77 Prozent im Vergleich zum Vorquartal eingebrochen. 2,77 Prozent: Das hört sich auf den ersten Blick nach gar nicht so viel an. Aber: Das ist der stärkste Einbruch beim VR-Index seit dessen Bestehen 2005. Der bisherige Rekord aus dem ersten Quartal 2009 mit einem Rückgang von 2,54 Prozent wurde damit übertroffen. Damit fällt der Index auf das Niveau von vor zwei Jahren zurück. Und immerhin hat es seitdem eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen gegeben (1. Juli 2018) sowie eine kräftige Anhebung der Abgabe zum 1. Januar 2019. Und längst nicht alle Unternehmen rechnen die Maut extra ab oder konnten die Erhöhung (zum Beispiel für Leerfahrten) eins zu eins an ihre Auftraggeber weiterleiten. Daher sind jetzt die 2,77 Prozent Nachlass schon eine große Bürde für die Transportdienstleister. Hinzu kommt: Im Transportgewerbe ist immer wieder die Rede davon, dass die durchschnittliche Umsatzrendite zwischen einem und drei Prozent beträgt. Das würde bedeuten, dass viele Fuhrbetriebe kein Geld mehr verdienen und Verluste einfahren. Da verwundert es nicht, dass in der Branche die Angst vor Insolvenzen umgeht. Wie aus den Wochenberichten des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) hervorgeht, befürchten einige Marktakteure sogar eine Insolvenzwelle. Keine Änderung bei Destatis - noch nicht Ein weiterer Vergleich zeigt, wie vehement das Güterkraftverkehrsgewerbe von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen ist. Denn im Jahresvergleich (Quartal 2/20 zu Quartal 2/19) sind die Frachtraten sogar um 6,13 Punkte oder 4,64 Prozent in den Keller gerauscht. Für die Akteure im Transportmarkt ist immer von großer Bedeutung, wie andere Indizes sich entwickelt haben. Doch es gibt in Deutschland nur sehr wenige Preisindizes im Straßengüterverkehr. Dazu gehört zum einen der vom Statistischen Bundesamt (Destatis). Er ist - wenn man so will - der amtliche Index. Doch zu diesen Werten muss man zum einen wissen, dass ausschließlich die Preise von langfristigen Transportverträgen abgefragt werden. Deshalb verläuft die Kurve auch relativ konstant mit wenigen Ausschlägen. Zudem werden die Werte mit dreimonatiger Verzögerung veröffentlicht. Ende Juni sind also erst die Frachtraten für das erste Quartal 2020 veröffentlicht worden. Da war die Corona-Krise allenfalls am Spotmarkt zu spüren, weshalb der Destatis-Index auch leicht um 0,47 Prozent gestiegen ist. Ein zweiter Frachtraten-Index für den Straßengüterverkehr ist der Transport Market Monitor (TMM) von Tim Consult. Dieser Indikator beruht auf den Spotmarktdaten der Plattform von Transporeon. Während der VR-Index kurz- wie auch langfristige Vertragsarten abdeckt, werden beim TMM tagesaktuelle Transportpreise erfasst. Damit lassen sich auch die kräftigen Ausschläge des Index erklären. Daher verwundert auch nicht, dass bereits im ersten Quartal die Frachtraten deutlich gesunken sind. Die Corona-Krise war dort im März bereits spürbar, wobei einen viel größeren Einfluss die generell schwächere Nachfrage zu Beginn eines Jahres ausübt. Das lässt sich an den Daten für die ersten Quartale der Jahre 2018 und 2019 ablesen, in denen der Index ebenfalls kräftig nachgab. Im zweiten Quartal 2020 verlor der TMM dann nochmals 5,8 Punkte, was einem Minus von 6,4 Prozent entspricht. Die Daten sind allerdings noch nicht endgültig, weil zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses die Zahlen für die zweite Monatshälfte Juni 2020 noch fehlten. Die Tendenz bei TMM ist wie beim VR-Index und der stärkere Rückgang gegenüber dem VR-Index lässt sich mit der Fokussierung auf die Spotmarktpreise begründen. Nachfrage zieht wieder an Ein wesentlicher Grund für den Einbruch der Frachtraten ist die deutlich rückläufige Nachfrage. In welchem Ausmaß sie nachgegeben hat, dazu hat die VR ebenfalls entsprechende Zahlen erhoben. Ein Beleg für die mangelnde Auslastung des Frachtraums ist aber auch der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, der gemeinsam von BAG und Destatis erstellt wird. Lag der gleitende Sieben-Tages-Durchschnittswert Anfang März noch bei über 115 Punkten, so erreichte er Anfang und Mitte April seinen Tiefpunkt mit etwas über 95 Punkten. Seitdem steigt der Index langsam, aber stetig wieder an und schwankte Ende Juni um 109 Punkte. Auch wenn damit der Wert unmittelbar vor der Krise noch immer nicht erreicht ist: Der Verlauf ist ein Indiz dafür, dass die Nachfrage wieder anzieht und es den Anschein hat, als ob das Tal durchschritten sei. Auch die Konjunkturexperten gehen davon aus, dass die Wirtschaft ab dem dritten Quartal 2020 wieder wächst. Allerdings stehen die exakten Werte noch unter einem großen Vorbehalt. Und nicht zuletzt gehen die Wissenschaftler auch davon aus, dass es zu keiner zweiten Welle kommt - was jedoch niemand weiß. Für 2020 rechnet das Ifo-Institut mit einem Rückgang des BIP von 6,7 Prozent und 2021 mit einer Zunahme von 6,4 Prozent. Kennzahlen und Online-Seminar Für die Akteure im Transportmarkt von großer Wichtigkeit ist die weitere Entwicklung in der Wirtschaft und im Transportmarkt. Auch dazu hat die VR die Einschätzungen der Dienstleister und Verlader eingeholt. Ausführliche Infos dazu mit Vorhersagen und detaillierten Analysen erhalten Sie auf VR plus und in einem Online-Seminar, in dem Sie auch Fragen stellen können. >> Zu den Kennzahlen! >> Zum Online-Seminar!

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