Neue Umsatzsteuerregeln für den Palettentausch

Seit Jahren sind sich die Finanzbehörden uneins gewesen, wann bei der Hin- und Rückgabe von Paletten und anderen Transportbehältnissen Umsatzsteuer anfällt und wann nicht. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun versucht, mit einer Verwaltungsanweisung Klarheit zu schaffen - auch im Interesse des Transportgewerbes und der verladenden Wirtschaft. Nach einjähriger Übergangsphase soll der Fiskus die neuen Umsatzsteuerregeln für die Überlassung von Transportbehältnissen nun ab 1. Januar 2015 umsetzen. Peter Scheller sieht diesem Datum mit Sorge entgegen. "Bei den vielen unterschiedlichen Möglichkeiten der umsatzsteuerlichen Behandlung der Hin- und Rückgabe von Behältnissen dürfte kaum jemand durchblicken, was wann zur Anwendung kommt", erklärt der Steuerberater aus Hamburg. Gemeint ist die Unterscheidung zwischen der Überlassung von Behältnissen gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld und dem reinen Tausch. Damit nicht genug, grenzen die Finanzexperten des Bundes innerhalb des Pfandsystems noch einmal Transporthilfsmittel zu Warenumschließungen ab. Das gilt für das Pfandsystem Transporthilfsmittel dienen gemäß dem Schreiben aus Berlin vor allem der Vereinfachung des Warentransports oder der Lagerung. Als Beispiele sind darin Getränke-Paletten, H1-Kunststoffpaletten, Kisten, Steigen, Container, Rollcontainer, Fleischkästen und Fischtransportkisten genannt. Warenumschließungen wie Flaschen oder Getränkekästen machen demnach hingegen die Ware beim Endkunden absatzfähig. Fällt eine Nutzungs- oder Tauschgebühr an, handelt es sich bei der Hin- und Rückgabe eines Transporthilfsmittels aus Sicht des BMF jeweils um eigenständige Lieferungen. Diese sind umsatzsteuerpflichtig. "Die Ladungsträger müssen also mit 19 Prozent abgerechnet werden", erklärt Scheller. Dem Empfänger steht bei der Lieferung folglich eine ordnungsgemäße Rechnung oder Gutschrift zu, dem Lieferanten bei der Rücklieferung. "Beide können die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen", sagt er. Bei der Hingabe von Warenumschließungen handelt es sich im Gegensatz hierzu laut BMF um eine unselbstständige Nebenleistung zur Warenlieferung. "Die Besteuerung der Umschließung richtet sich ab 2015 nach dem Steuersatz der gelieferten Ware", erklärt Scheller. Wird zum Beispiel Limonade transportiert, die mit 19 Prozent besteuert wird, muss der Spediteur oder Frachtführer den umschließenden Getränkekasten ebenfalls mit 19 Prozent in Rechnung stellen. "Bei Rücknahme der Warenumschließung und Rückzahlung des Pfandgeldes liegt eine Entgeltminderung vor", sagt der Fachmann. Getauschte Paletten sind Sachdarlehen Relevanter für die Geschäftsabwicklung von Spediteuren und Frachtführern ist der zweite Teil des Schreibens an die Finanzämter. Er befasst sich mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Paletten in reinen Tauschsystemen. Diese stuft das BMF als Sachdarlehen ein. "Rechtlich stellt die Gewährung eines Sachdarlehens keine Lieferung und Rücklieferung, sondern eine sonstige Leistung dar", erläutert Rechtsanwalt Hubert Valder, Justiziar des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV). Wechseln Paletten unentgeltlich den Besitzer, unterliegt dieser Tausch nicht der Steuer. Wird dagegen ein Entgelt erhoben, ist der Vorgang steuerbar und auch steuerpflichtig. Gleiches gilt auch für das Paletten-Handling. "Verlangt der Spediteur für die Abwicklung des Palettentauschverfahrens eine Vergütung - beispielsweise eine Palettentauschgebühr - ist diese Leistung also umsatzsteuerpflichtig", sagt Valder. Werden Paletten entgeltlich im Rahmen eines Tauschs zur Nutzung überlassen, steht dem Darlehensgeber der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung, Herstellung und Reparatur der Paletten zu. Bei einer unentgeltlichen Überlassung ist für den Vorsteuerabzug des leistenden Unternehmers dessen unternehmerische Gesamttätigkeit entscheidend. Bei Schadensersatz fällt keine Steuer an In der Praxis gelingt der Ein-zu-eins-Tausch von Paletten gleicher Art und Güte fast nie. Fehlbestände werden einfach verrechnet. "Solche Zahlungen für nicht zurückgegebene Paletten sind laut dem BMF echter Schadensersatz und unterliegen somit künftig nicht der Umsatzsteuer, sofern eine Leistungsstörung vorliegt", erklärt Scheller. Eine solche Leistungsstörung tritt ein, wenn ein Tauschpartner Paletten nicht wie vertraglich vereinbart zurückgibt, weil sie gestohlen worden, defekt oder aus anderen Gründen aus dem Tauschsystem ausgeschieden sind. Der Darlehensnehmer muss den dadurch entstandenen Schaden in diesem Fall ersetzen. Laut BMF liegt dann ein Schadensersatz vor, der nicht steuerpflichtig ist. Diese Klarstellung sei wichtig, weil in der Praxis unter den am Tausch Beteiligten - aber auch mit der Finanzverwaltung - darüber gestritten wurde, ob Palettenrechnungen mit oder ohne Umsatzsteuer auszuweisen sind, sagt Valder. "Sie gilt unabhängig davon, ob die Paletten an der Be- und Entladestelle Zug-um-Zug getauscht oder im Rahmen von Palettenkonten ausgeglichen werden", erklärt der Rechtsanwalt. Anders sieht es aus, wenn keine Leistungsstörung vorliegt, ein Tauschpartner Paletten aber trotzdem nicht zurückgibt. "Ist zum Beispiel einem Frachtführer der Aufwand zu hoch, für die Rückführung von drei Paletten einen Transport zu seinem Vertragspartner durchzuführen, steht es den Beteiligten frei, auch im Nachhinein zu vereinbaren, dass der Palettenschuldner die Paletten behält und stattdessen eine Ausgleichzahlung leistet", so der DSLV-Experte. In einem solchen Fall verwandele sich das Palettendarlehen durch die Absprache der Beteiligten in eine entgeltliche Palettenlieferung, für die Umsatzsteuer abzuführen sei. Reparatur-Tausch-Programme, bei denen mehrere defekte Paletten gegen eine intakte Palette getauscht werden, sind demgemäß übrigens Tauschgeschäfte. "Beide Betriebe führen in diesem Fall steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen aus", sagt Scheller. Auch hier seien jeweils 19 Prozent fällig. Mitarbeiter müssen geschult werden Bis zum Jahresende können Unternehmen Tausch und Pfand von Transportbehältnissen wie bisher abrechnen, ohne rechtliche Nachteile befürchten zu müssen. Ihre Organisation sollten sie allerdings schnellstmöglich den neuen Anforderungen anpassen (siehe Kasten). "Mitarbeiter betroffener Abteilungen müssen wissen, wann der Palettentausch mit oder ohne Umsatzsteuer abzurechnen ist", so der Steuerberater. Abrechnungspraxis Fehler bei der Besteuerung können Zeit und Geld kosten Unternehmen, die am Palettentausch teilnehmen, sollten ihre Abrechnungspraxis und die ihrer Vertragspartner überprüfen. "Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen Palettenforderungen mit Frachtforderungen verrechnet werden", betont Hubert Valder vom DSLV. Berechne man nicht getauschte Paletten ohne Umsatzsteuer, sollte unbedingt das Wort Schadensersatz auf der Rechnung stehen. Bei Berechnungen mit der Umsatzsteuer müsse der in Rechnung gestellte Betrag eindeutig als Kaufpreis ausgewiesen werden."Bei elektronischen Rechnungen müssen Anpassungen der Stammdaten und oft auch der eingesetzten Software vorgenommen werden", ergänzt Steuerberater Peter Scheller. Fehler bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von Transportbehältnissen können alle Beteiligten teuer zu stehen kommen. "Wenn das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung feststellt, dass einer der Vertragspartner den Palettentausch zu Unrecht mit Umsatzsteuer abgerechnet hat, kann es rückwirkend den Vorsteuerabzug versagen", sagt er. Umgekehrt ist eine Nachzahlung möglich. Zwar lassen sich steuerliche Folgen vermeiden, wenn man eine Rechnung im Nachhinein berichtigt. Es bleibt das Risiko von Strafzinsen und ein administrativer Aufwand. ag