Nachbesserung nötig bei Baugesetz

Zehn Jahre dauert es in Deutschland, einen Radweg zu bauen; 80 Jahre, um eine Wasserstraße zu realisieren: Dass es so nicht weitergehen kann, beklagt selbst der grüne Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann. Ob das in dieser Legislaturperiode angestrebte Planungsbeschleunigungsgesetz (siehe VR 30/2018) den von der Wirtschaft erhofften Durchbruch bringt, wird in der Bundesregierung vorsichtig beurteilt. Dietmar Horn, Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesumweltministerium (BMU) und damit am Gesetzentwurf beteiligt, erinnerte sich auf einer Veranstaltung des Deutschen Verkehrsforums (DVF) in der vergangenen Woche, dass schon in seiner Zeit als junger Bundestags-Referent Anfang der neunziger Jahre um Planungsbeschleunigung gerungen wurde. Er warnte vor überzogenen Erwartungen und riet, sich auf das Machbare zu konzentrieren. BMU erteilt Präklusion eine Absage Die von der Wirtschaft gewünschte Wiedereinführung der Präklusion - also eine Art Einsendeschluss für Einwendungen gegen ein Projekt - gehöre nicht dazu, so Horn. Die Präklusion, die es nur in Deutschland und Österreich gab, war 2015 vom Europäischen Gerichtshof gekippt worden. Gegen die Wiedereinführung spreche nicht nur das EU-Recht, sondern auch die von Deutschland unterzeichnete Aarhus-Konvention (siehe Kasten). Zudem sei nicht sicher, dass der Verzicht auf die Präklusion Planungsverfahren verlängere. Baden-Württembergs Verkehrsminister Hermann rät, stattdessen bei ineffizienten Verwaltungsprozessen anzusetzen. Konkret kritisiert er das Pingpong-Spiel im Fernstraßenbau. Derzeit wird jeder Planungsschritt einzeln zwischen Bund und Ländern abgestimmt. "Es ist komisch, dass die Bürokratie nicht angegangen wird", moniert er. Hermann wirbt deshalb immer noch dafür, ein Besteller-Ersteller-Prinzip zwischen Bund und Ländern einzuführen. Dagegen gibt es aber im Bund Vorbehalte wegen mangelnder Kontrollmöglichkeiten. Zumindest für die Autobahnen hat das Pingpong-Spiel bald ein Ende: Mit dem Start der Autobahngesellschaft (IGA) Anfang 2021 kommen Planung, Finanzierung und Bau in die alleinige Hoheit des Bundes. Das Thema Doppelarbeit bewegt auch Nikolaus Graf von Matuschka, Vorstandsmitglied des Baukonzerns Hochtief. Angesichts des Personalmangels in den Verwaltungen regt er an, Bauunternehmen mehr Anteile an der Planung zu überlassen. Als Vorbild sieht er die niederländische Infrastrukturbehörde Rijkswaterstaat an: Sie definiert in Ausschreibungen nur, was eine Infrastruktur leisten muss, überlässt aber die Planung und die Ausführung dem Privatsektor. Abkommen Die Aarhus-KonventionDas 1998 im dänischen Aarhus unterzeichnete und 2001 in Kraft getretene internationale Abkommen räumt Bürgern und Verbänden wesentlich mehr Rechte in Umweltfragen ein, als es vorher üblich war. Erstmals wurde jedermann der ungehinderte Zugang zu Gerichten zugesichert, der sich in Umweltangelegenheiten in seinen Interessen verletzt fühlt. Zugleich wurde den Umweltverbänden zugebilligt, in Umweltfragen ein berechtigtes Interesse zu vertreten und somit klagebefugt zu sein. Das war gewissermaßen die Geburtsstunde des Verbandsklagerechts. roe

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