Mehr als nur ein dröges Papier

Es gib Grünbücher, es gibt Weißbücher, es gibt diverse Gutachten (die Älteren erinnern sich an das Pällmann-Gutachten) und Studien. Nicht zu vergessen Bundesverkehrswegepläne, Innovationsprogramme, den Aktionsplan Güterverkehr und Logistik oder eben die Masterpläne. Wenn es an einem nicht fehlt in der Verkehrspolitik, dann sind es Konzepte mit zahlreichen mehr oder minder konkreten Maßnahmen, wie man die Welt des Güterverkehrs besser oder zumindest anders gestalten könnte. Und jetzt fängt die Politik auch noch an, Zwischenberichte zu ihren Papieren aufzulegen. So abschätzig könnte das Urteil lauten, wenn man den "Bericht zur Umsetzung des Masterplans Binnenschifffahrt" erstmals in den Händen hält. 90 konkrete Maßnahmen Doch das wäre vorschnell geurteilt und würde den Autoren nicht gerecht werden wie auch nicht den Reaktionen auf die 51 Seiten, die Anfang September das Haus des Bundesverkehrsministers verlassen haben. So urteilt beispielsweise Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB): "Das ist deutlich erkennbar mehr als nur ein dröges Papier, wie es davon viele gibt." Ziel des Masterplans Binnenschifffahrt ist die Stärkung dieses Verkehrsträgers. Mit einem Bündel an Maßnahmen - insgesamt 90 an der Zahl - soll die Wasserstraße attraktiver für die verladende Wirtschaft und die Transportbranche gemacht werden (siehe auch Kasten Seite 20): So will Verkehrsminister Andreas Scheuer den Anteil der Binnenschifffahrt am Modal Split von derzeit 7,3, Prozent auf 12 Prozent anheben. Das Ministerium hatte sich mit den Verbänden darauf verständigt, dass die zuständige Koordinierungsstelle eine Aktualisierung des Statusberichtes anfertigt. Dieser liegt nun vor. Dabei hat das Ministerium jede einzelne Maßnahme mit einem Ampelsystem bewertet: Rot bedeutet, die Umsetzung der Maßnahme ist noch offen. Die gelbe Farbe signalisiert, dass sich diese Maßnahme in der Umsetzung befindet. Und auf Grün steht die Bewertung, wenn die Umsetzung der Maßnahme bereits vollständig erfolgt ist. Die Ampelbilanz: Rot, Gelb und Grün Von den 90 Maßnahmen fallen 78 in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Von diesen 78 Maßnahmen sind 22 bereits umgesetzt, 51 sind eingeleitet und befinden sich in der Umsetzung und mit fünf Maßnahmen wurde bislang noch nicht begonnen. Vom BDB kommen lobende Worte für den gesamten Prozess zum Masterplan. "Häufig werden in solchen Konzepten nur Absichtsbekundungen aufgelistet", sagt Schwanen. "Der Masterplan ist jedoch von Beginn an anders angefasst worden und mit konkreten Maßnahmen unterlegt, wenn auch nicht in allen Punkten zur Zufriedenheit des Gewerbes." Eine Maßnahme, die dem Gewerbe besonders am Herzen liegt, ist die Weiterentwicklung der Förderrichtlinie "Nachhaltige Modernisierung der Binnenschifffahrt". Dazu hat das Ministerium einen Entwurf erarbeitet, nach der unter gewissen Voraussetzungen zwischen 60 und 80 Prozent der Investitionsausgaben für ein Binnenschiff durch Fördergelder abgedeckt werden sollen. "Die Förderrichtlinie, die zum 1. Januar 2021 in Kraft treten und bis zum 31. Dezember 2023 befristet sein soll, muss zuvor bei der EU-Kommission notifiziert werden", heißt es jedoch in dem Bericht. Seit dem 24. April befindet sich der Richtlinienentwurf im Notifizierungsverfahren bei der EU-Kommission. Das Ministerium hat also seine Hausaufgaben gemacht, jetzt ist die EU-Kommission am Ruder. Der Entwurf findet beim BDB große Unterstützung. "Wenn die Richtlinie kommt, wäre das ein Meilenstein in der Geschichte der Binnenschifffahrt, weil es eine solche Förderung zumindest die letzten 20, 30 Jahre nicht gegeben hat", sagt Schwanen. Doch dazu muss auch in Brüssel die Ampel erst noch auf Grün gestellt werden. Da es sich um die Förderung eines Gewerbes handelt, entscheidet die Wettbewerbsbehörde darüber, nicht die DG Move. Schwanen kritisiert, dass die Richtlinie erst im April und nicht früher in Brüssel vorgelegt wurde, weshalb unsicher sei, ob noch eine Entscheidung vor dem geplanten Termin am 1. Januar 2021 fällt. "Bei der Behörde liegen derzeit ja viele Anträge auf Förderungen wegen der Pandemie und deren Folgen. Daher könnte sich die Entscheidung hinziehen", befürchtet Schwanen. Inhaltlich hofft er auf einen positiven Bescheid, auch, weil sich die EU-Kommission im Rahmen des Green Deals die Förderung der Binnenschifffahrt auf die Fahnen geschrieben hat und mehr Güter auf die Wasserstraßen verlagern will. Nicht zufrieden zeigt sich Schwanen hingegen mit dem Thema Verlagerung von Schwergut- und Großraumtransporte auf die Binnenschifffahrt. Hier hätte er sich schon im Masterplan viel weitreichendere Maßnahmen vorstellen können, um diese Transporte auf das Binnenschiff zu bekommen. So hätte er sich die Wiedereinführung der Negativbescheinigung gewünscht, nach der Unternehmen belegen müssen, dass der Transport per Binnenschiff nicht möglich ist. Doch fand diese Maßnahme keine Berücksichtigung im Masterplan. Stattdessen stehen dazu etwas schwammig formulierte Maßnahmen im Masterplan wie die Bereitstellung des digitalen routingfähigen Verkehrsnetzes der Bundeswasserstraßen für eine Verwendung im VEMAGS-System (Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte), von denen keiner weiß, ob und wenn ja, welchen Beitrag sie tatsächlich zu einer Verlagerung von Schwergut- und Großraumtransporten auf die Wasserstraße beitragen können. Studie zur 44-Tonnen-Regelung in Arbeit Ebenfalls kritisch beurteilt der BDB die Maßnahme, eine Studie zur Ausweitung der 44-Tonnen-Regelung auf Massengüter im Vor- und Nachlauf zu/von Binnenhäfen erstellen zu lassen. Mit dieser Studie soll die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) beauftragt werden. Aus Sicht von Schwanen keine gute Idee, da eine Behörde, die für den Erhalt der Straßen zuständig ist, einer Ausweitung der Ladungsgewichte auf der Straße naturgemäß skeptisch gegenüber stehe. Schwanen hätte stattdessen befürwortet, eine solche Regelung auf vier Jahre befristet einzuführen und danach einer Überprüfung zu unterziehen. "Dann hätte man auch gleich feststellen können, in welchem Ausmaß eine solche Ausnahme überhaupt angenommen wird." Im Zwischenbericht teilt das Ministerium mit, dass das Ergebnis der 44-Tonnen-Studie voraussichtlich im Sommer 2021 vorliegen soll. Noch nicht angepackt hat das Bundesverkehrsministerium Feldversuche zur 44-Tonnen-Regelung, die ebenfalls als Maßnahme im Masterplan verankert sind. Die Aufsetzung von Feldversuchen, so heißt es im Zwischenbericht, muss im Anschluss an das Ergebnis der Studie erfolgen. Als Zeitplan wird dafür "voraussichtlich ab dem Jahr 2022" genannt. Nicht zufrieden ist Schwanen mit dem aktuellen Stand bei den flachgehenden Schiffen. Dazu war als Maßnahme eine Studie vorgesehen, die den Bedarf, die technischen Möglichkeiten, die wirtschaftliche Machbarkeit sowie den nötigen Umfang einer Förderung solcher Schiffe ermittelt. Die Studie wurde zwar Ende März ausgeschrieben und soll im September vergeben werden. Doch Schwanen dauert das zu lange. Der Masterplan sei bereits vor über einem Jahr vorgestellt worden, da hätte man schon weiter sein können. Schwanen befürchtet jetzt, dass die Ergebnisse einer solchen Studie nicht vor der Bundestagswahl vorliegen und sich dann eine neue Regierung womöglich nicht mehr daran halten werde. Trotz seiner Kritikpunkte: Das Fazit von Schwanen fällt positiv aus. "In Summe bin ich zufrieden." Vor allem gefällt ihm, dass das Bundesverkehrsministerium "sich und uns, also die Verbände und die Wirtschaft, fordert". Auch die Abarbeitung der Maßnahmen mit einem Ampelsystem lobt er: "Das macht die Sache transparent." Bei der Vielzahl der Maßnahmen würde so nichts unter dem Tisch fallen. Ein Papier also, das nicht so wie andere schnell in der Schublade verschwinden und damit in Vergessenheit geraten wird. Mehr zum Thema finden Sie unter #Binnenschifffahrt www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Mit einem Zwischenbericht dokumentiert das Bundesverkehrsministerium, welche Maßnahmen zum Masterplan Binnenschifffahrt bereits umgesetzt sind. Fortschritte gibt es bei der Richtlinie für die Investitionsförderung. Da ist jetzt jedoch Brüssel am Zug. Masterplan Binnenschifffahrt Am 14. Mai 2019 stellte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer den Masterplan Binnenschifffahrt vor. Beteiligt an der Erarbeitung des Planes waren neben dem Ministerium die Branchenverbände und verschiedene Wirtschaftsvertreter.Ziel des Masterplanes es laut Scheuer, ein leistungsfähiges, sauberes und effizientes System Hafen-Schiff-Wasserstraße zu entwickeln, um damit so viel Güter wie möglich über die Wasserstraße zu transportieren.Unterteilt ist der Masterplan in die fünf Handlungsfelder Infrastruktur, Flottenmodernisierung, Digitalisierung, multimodale Transportkette sowie Sicherung des Fachkräftebedarfs. Als ehrgeiziges Ziel verkündete Scheuer, den Anteil der Verkehrsleistung der Binnenschifffahrt am Modal Split auf 12 Prozent zu erhöhen. cd

Elektromobilität: Hamburg will Ladepunkte auf 10.000 erhöhen

Bürokratieentlastung: Bundesrat stimmt neuer Verordnung zu

Automobilzulieferer: Bosch will weitere Stellen streichen

A7 wird zeitweise gesperrt

Schwerpunktkontrollen: Viele Verstöße von Lkw und Bussen

Alle Schlagzeilen

Mehr als nur ein dröges Papier

HASHTAG

#Binnenschifffahrt

Bundeshaushalt 2021: 34 Milliarden für den Verkehr

Binnenschiffer schlagen Alarm wegen Niedrigwasser

BAG-Bericht: Spürbar mehr Nachfrage auf der Straße

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Änderung durch EU-Mobilitätspaket: Mitführungspflicht verdoppelt sich

Duvenbeck übernimmt Sander Logistics

STELLENANGEBOTE

Teamleiter Lager im Handelslager/ Brennschneidbetrieb (w/m/d)

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

WEITERLESEN

NEWSLETTER