Bochum. Durch das Coronavirus kommt es für Waren aus Asien derzeit zu Lieferverspätungen von durchschnittlich 20 Tagen - mit gravierenden Folgen insbesondere für die deutsche Fashionbranche. Das hat das auf Supply Chain Management-Software spezialisierte Unternehmen Setlog in Analysen mithilfe seines Tools OSCA berechnet. Für die Analyse wertete das Unternehmen nach eigenen Angaben die Lieferketten von über 100 Fashionmarken und deren Supply Chain-Partnern aus. Die Auswertung datiert vom 12. März. 2020.
Verspätungen von bis zu 50 Tagen
Und der Höhepunkt sei noch nicht erreicht, so Setlog. Nach derzeitigem Stand werde die Lage für Unternehmen, die insbesondere aus China beliefert werden oder Rohwaren von dort für ihre Produktionen beziehen, ab Juli besonders eng. Und für die Sommermonate würden sogar vereinzelte Verspätungen von bis zu 50 Tagen prognostiziert.
Hintergrund ist: Viele Betriebe in China konnten den Informationen von Setlog zufolge nach dem Ende der chinesischen Neujahrs-Ferien am 11. Februar die Produktion nicht oder zumindest nicht wie gewohnt aufnehmen. Ursache dafür war unter anderem, dass Sublieferanten der chinesischen Hersteller aufgrund der Pandemieauswirkungen Rohstoffe wie etwa Stoffe, Zutaten oder Komponenten nicht liefern konnten. Abgesehen davon fehlen in einigen chinesischen Häfen aufgrund der Viruskrankheit Arbeiter und Fahrer, sodass sich Container stauen und nicht ins Inland befördert werden können. Somit können sowohl Roh- als auch Fertigwaren nicht in andere asiatische Produktionsländer und nach Europa auf den Weg gebracht werden.
Einige deutsche Firmen seien deshalb, berichtet Setlog, für Lieferungen aus China von See- auf Luftfrachttransporte umgestiegen, hätten aber aufgrund der starken Nachfrage auf dem Spotmarkt für Air Cargo im Vergleich zum Vorjahr mitunter das Fünffache bezahlen müssen. Vielen Fashionspezialisten machen aber nicht nur diese erhöhten Frachtkosten zu schaffen, sondern auch die nachlassende Nachfrage seitens der Endverbraucher.
Verzögerungen auch in Südosteuropa
Darüber hinaus stellt das Bochumer Unternehmen Setlog auch Verzögerungen von Produktionsaufträgen in Südosteuropa fest. Vereinzelt würden Lieferanten aus der Türkei, Rumänien und Italien vermelden, dass später als ursprünglich geplant produziert werde. Wegen der besonders kritischen Lage in Italien wurde allein für die Woche vom 9. bis zum 15. März im Setlog-System OSCA keine Lieferung aus dem südeuropäischen Land verzeichnet.
Mit digitalen Plattformen handlungsfähig bleiben
„Jetzt zeigt sich, wie wichtig ein professionelles Supply Chain Management ist“, kommentiert Setlog-Vorstand Ralf Düster die aktuellen Entwicklungen. „Denn transparente Supply Chains sind die Grundvoraussetzung, dass Unternehmen bei unerwarteten Unterbrechungen der Ketten – sei es durch Pandemien, Streiks, Unfälle oder Umweltkatastrophen – handlungsfähig und agil bleiben”, betont Düster. Nur mithilfe einer zentralen, digitalen Plattform, an die alle Partner angeschlossen sind, ließen sich Veränderungen in puncto Produktion oder Transport rasch und für alle Beteiligten nachvollziehbar durchführen, unterstreicht der SCM-Experte. „Und falls jemand wegen Krankheit ausfällt, können die Kollegen unkompliziert die Arbeit übernehmen, weil sie über sämtliche Prozesse einen Überblick haben. Sie müssen nicht erst mühsam in alten E-Mails nach Informationen suchen.” (eh)
Justin Denu