Berlin. Die Logistikbranche hat der Politik Planlosigkeit bei den vorgesehenen Ruhetagen vorgeworfen und vor negativen Folgen gewarnt. Der Vorstandssprecher des Verbandes BGL, Dirk Engelhardt, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch: „Gründonnerstag und Karsamstag sollen ‚Ruhetage‘ sein, doch was das heißt, verrät die Bundesregierung niemandem. Unklar ist, wie der Lebensmittelhandel, der am Samstag öffnen darf, beliefert werden soll, wenn alle anderen Unternehmen schließen müssen. Unklar ist, ob die Lkw-Fahrer über Ostern auf Rasthöfen bleiben müssen oder nach Hause fahren dürfen. Antworten darauf bleibt die Bundesregierung schuldig.“
DSLV warnt vor gewaltigen Abfertigungsstaus
Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik erwartet durch den „Oster-Lockdown“ negative Folgen etwa für die Frischelogistik zur Versorgung der Supermärkte. Selbst, wenn es Ausnahmen für die systemrelevante Logistik geben sollte, würden am Gründonnerstag als verordnetem „Ruhetag“ bundesweit keine Empfänger bereitstehen, um die Waren anzunehmen, wie der Verband mitteilte. DSLV-Präsident Axel Plaß warnte vor „gewaltigen Abfertigungsstaus“ in Logistik- und Lageranlagen, Terminals und Häfen.
Die verkürzten Wochen vor Feiertagen seien für die Dispositionsprozesse in den Speditionshäusern und bei ihren Logistikpartnern ohnehin schon anspruchsvoll, so Plaß. „Das Sendungsvolumen, das regulär in fünf Tagen logistisch bewältigt wird, muss dann auf vier Tage verdichtet werden. Jetzt streicht die Politik ad hoc zwei weitere Werktage - offensichtlich ohne jegliches Bewusstsein für die Konsequenzen.“
Die Logistikprozesse bei Versendern, Speditionen, Häfen, Airports, Transportunternehmen und Empfängern griffen ineinander und könnten nicht von heute auf morgen einfach gestoppt werden. Weiter hieß es, die Logistikbranche ergänze Hygienekonzepte um regelmäßige Tests.
AMÖ wirft Politik Vollversagen vor
Auch der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) übte scharfe Kritik an den Beschlüssen. „Das Vollversagen der Politik in Zeiten der Corona-Pandemie hat zum 1. April ganz offensichtlich seine Pointe gefunden – allerdings eine sehr schlechte“, kommentierte AMÖ-Hauptgeschäftsführer Dierk Hochgesang. „Darf Personal, das einen Auslandsumzug durchgeführt hat, am Gründonnerstag nach Hause zurückkehren? Dürfen Umzugskunden am Gründonnerstag umziehen oder nicht? Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen lassen, sind endlos“. Gerade im Umzugsbereich seien die Terminplanungen mit einem langen Vorlauf geplant. Vor allem Termine zum Quartalsende und besonders die Osterfeiertage seien sehr beliebt. „Eine solche Entscheidung der Politik, den Gründonnerstag als Ruhetag, von dem noch keiner weiß, was er bedeuten soll, auszurufen, ist an Absurdität nicht zu überbieten“, so Hochgesang.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder hatten beschlossen, das wirtschaftliche und öffentliche Leben über Ostern weitgehend herunterzufahren. Ziel ist es, die dritte Corona-Welle zu brechen. Offen war bis zum Mittwochvormittag, welchen Status genau der Gründonnerstag im Zuge des jetzt verschärften Oster-Lockdowns haben soll und wie dies geregelt wird.
Wie am Mittwochvormittag bekannt wurde, beraten die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder nach der massiven Kritik heute um 11 Uhr kurzfristig nochmal, um über die geplanten Corona-Maßnahmen erneut zu beraten. (dpa/sn)