Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) hat in Kooperation mit dem Institut für Logistik und Unternehmensführung der Technischen Universität Hamburg sowie der KPS AG, Infront Consulting & Management und SRH Hamm die Studie „Triple Transformation: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz als Leitlinien zukunftsfähiger Wertschöpfungsketten“ auf dem Deutschen Logistik-Kongress vorgestellt. Die Branche beschäftigt sich diesmal vor allem mit der Entwicklung von Digitalisierung, Resilienz und Nachhaltigkeit. Zentrale Herausforderungen sind demnach Cybersicherheit, die Digitalisierung der Geschäftsprozesse und der Mangel an qualifizierten Fachkräften.
Einer der Top-Trends der Branche ist wie bereits in den vergangenen Jahren die Digitalisierung der Geschäftsprozesse. "Diese geht einher mit hohen Sicherheitsanforderungen, die zu bewältigen sind", heißt es. Einen deutlichen Zuwachs verzeichnet auch das Thema Personalmangel: Die befragten Unternehmen kämpfen mehrheitlich mit ihrer geringen Anpassungsfähigkeit an diesen Trend (74,5 Prozent), wie sie in der Studie angaben. Zudem kristallisiert sich ein hoher Kostendruck als Trendthema heraus. Die Relevanz der Nachhaltigkeit nimmt leicht zu, die Anpassungsfähigkeit daran stagniert jedoch laut Studie seit 2016. "Der unternehmensübergreifende Datenaustausch sowie die Transparenz in Supply Chains haben in den vergangenen drei Jahren an Bedeutung verloren", was ebenfalls als zentrales Ergebnis der Studie hervorgeht.
Zukunftsfähige Wertschöpfung: Triple Transformation
Laut Studie weisen die Trends auf einen ganzheitlichen Wandel in Digitalisierung, Resilienz und Nachhaltigkeit hin – die sogenannte Triple Transformation. Die Befragten priorisieren dabei wie folgt: Digitalisierung (77,7 Prozent), Resilienz (66,5 Prozent), Nachhaltigkeit (60,2 Prozent). Keiner der Befragten kann in allen drei Säulen einen sehr hohen Umsetzungsgrad vorweisen, vor allem die Produktion und der Handel hinken hier hinterher. Logistik- und Supply-Chain-Management-Verantwortliche führen bisher vor allem Projekte rund um die Themenfelder Transparenz sowie Forecasting über alle Lieferketten-Funktionen hinweg durch.
„Unternehmen sehen sich bei der Transformation hin zu einer digitalen, resilienten und nachhaltigen Lieferkette konstant mit Herausforderungen wie dem Mangel an qualifiziertem Personal und hohem Kostendruck konfrontiert. Diese Branchentrends stehen in stetiger Wechselwirkung zueinander. Die Digitalisierung kann helfen, den daraus resultierenden Zielkonflikt zwischen der Kosteneffizienz und der Resilienz aufzulösen. Sie bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Transformation“, so Tobias Götz, Managing Partner und Supply Chain Spezialist bei KPS. „Experten der Branche haben laut BVL-Studie die Bedeutung und Wechselwirkungen der Triple Transformation erkannt, die praktische Umsetzung bleibt jedoch aus. Wir verfolgen pragmatische Ansätze, die klare Strategien und eine flexible Umsetzung miteinander verzahnen. Das sehen wir als Erfolgsrezept für eine zukunftsfähige Lieferkette.“
Die drei Säulen im Detail:
- Digitalisierung: Prozessautomatisierung im Fokus
Ein Großteil der befragten Unternehmen (86 Prozent) sieht in der digitalen Transformation eine (sehr) hohe Chance und befindet sich entsprechend mitten im Umsetzungsprozess. Im Fokus stehen hier die Automatisierung bestehender Prozesse und Systeme sowie das Datenmanagement, mit dem Ziel die Kosten zu reduzieren, die Erlöse zu steigern und Transparenz zu schaffen. Vor allem die Migration von SAP S/4HANA spielt dabei eine entscheidende Rolle. Knapp die Hälfte setzt außerdem auf die Transformation hin zu einem digitalen Geschäftsmodell und rund drei Viertel erweitern ihr Angebot um digitale Dienstleistungen. Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) fokussiert sich die Branche auf vorbereitende Maßnahmen, darunter die Strategieentwicklung und das Erstellen von digitalen Zwillingen für das Datenmanagement. Predictive Maintenance und Analytics sowie Machine-Learning-Algorithmen sind auch in Logistik und Supply Chain Management auf dem Vormarsch.
- Resilienz: Großes Potenzial, wenig Fortschritt
In puncto Resilienz stehen Unternehmen noch am Anfang. Nur 16,3 Prozent der Befragten berichten von einem gemeinsamen Verständnis für Resilienz im eigenen Unternehmen. Das Resultat: Vorbehalte bei der Zusammenarbeit, Unwissen über effektive Maßnahmen sowie fehlende Ressourcen. Jedes zweite Unternehmen setzt derzeit nur auf einzelne Maßnahmen zur Förderung der Resilienz, hat diese jedoch nicht strategisch verankert. Großunternehmen haben aufgrund größerer Ressourcen hier die Nase vorn. Jedes dritte Unternehmen setzt bereits auf eine strukturierte Vorgehensweise zur Schaffung von Resilienz. Der zentrale Fokus richtet sich dabei auf die Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes sowie die Flexibilisierung der Beschaffung. Die Transformation hin zu einer resilienten Logistik sowie zum Supply Chain Management birgt große Potenziale. Diese beruhen vor allem auf der frühzeitigen Erkennung und Vermeidung von Störungen sowie der Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit.
- Nachhaltigkeit: Wettbewerbschance und Streitpunkt zugleich
Die Priorisierung des Themas Nachhaltigkeit ist seit 2020 nur minimal gestiegen – sowohl bezüglich ihrer Relevanz als auch Umsetzung. Gründe dafür sind unter anderem ein Mangel an Zahlungsbereitschaft der Endkunden, fehlende personelle und finanzielle Ressourcen und die gering wahrgenommene Möglichkeit zur Einflussnahme – besonders Logistik-Verantwortliche aus Handel und Dienstleistung stimmen dem zu. Zwar sehen viele Befragte eine (sehr) hohe Verantwortung bei allen Beteiligten, die Logistik nachhaltiger zu gestalten, bei der Frage der konkreten Zuständigkeit der einzelnen Akteure herrscht jedoch Uneinigkeit. Verlader und Logistikdienstleister schreiben der Politik bzw. dem jeweils anderen die größte Verantwortung zu. Trotz dieser Herausforderung sehen zwei Drittel der Befragten Nachhaltigkeit auch als Wettbewerbschance, im produzierenden Gewerbe sind es sogar rund drei Viertel, und haben sich konkrete Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen gesetzt. Der Fokus liegt dabei auf ökologischen Komponenten wie alternativen Antrieben und Transportmodi (36,5 Prozent), der Optimierung der Fahrtenauslastung (61,8 Prozent) und der Umrüstung des Unternehmensgeländes (66,9 Prozent). Zu den Vorteilen gehören nicht nur eine gesteigerte Arbeitgeberattraktivität im War for Talents, sondern auch Kosteneinsparungen durch eine höhere Ressourceneffizienz.