Kühne + Nagel (K+N) hat viel vor, um Konkurrenten aus der Branche, aber auch neue Player im End-to-End-Geschäft wie etwa Reedereien, auf Abstand zu halten. Dazu hat der Schweizer Logistikkonzern eine neue strategische Roadmap 2026 beschlossen, mit der – das ist das wichtigste Ziel – die Ertragskraft von Kühne + Nagel auch künftig erhalten bleiben soll.
Roadmap 2026: Vier Eckfeiler
Vorgestellt wurde die Roadmap 2026 von K+N-CEO Stefan Paul und K+N-CFO Markus Blanka-Graff am 1. März 2023 vor Journalisten anlässlich der Präsentation der Jahreszahlen 2022 des Logistikunternehmens. Die Strategie ist auf die nächsten vier Jahre ausgelegt und stellt eine organische Weiterentwicklung der Roadmap 2022 dar. Die Roadmap 2026 besteht aus vier Eckpfeilern:
- Qualität, Kundenzufriedenheit und Mitarbeitermotivation;
- Daten und Technologie als Wettbewerbsvorteil;
- Konkrete Lösungen zur Nachhaltigkeit – mit dem Ziel Kunden dabei zu unterstützen ihren CO2-Footprint zu reduzieren;
- Erschließung von Marktpotentialen: Geografische Wachstumspläne und hochmargige Serviceangebote
Auf welche Trends sich Kühne + Nagel einstellt
Für die Roadmap 2026 stützt sich Kühne + Nagel dem CEO zufolge vor allem auf folgende Entwicklungen. Trend eins: E-Commerce bleibt trotz momentaner leichter Delle weiterhin ein Wachstumsthema – sowohl im B2C als auch im B2B-Segment. Trend zwei: Die Globalisierung endet nicht, es wird aber eine Verschiebung der Produktionsstandorte geben. Grund ist: Produzenten, Blue-Chip-Companies und Importeure suchen vermehrt zweite oder dritte Produktionsstandorte – insbesondere in südostasiatischen Märkten wie Vietnam, Indonesien und Indien. China wird aber weiter stark bleiben. Trend drei: das Wettbewerbsumfeld ändert sich für Kühne + Nagel. So streben verstärkt Reedereien für ihre Großkunden ins End-to-End-Geschäft – auch mittels gezielter Zukäufe. Zudem drängen mit den digitalen Logistik-Startups über die Technologie neue Wettwerber in den Markt. Trend vier ist das große Kernthema ESG (Environment, Social, Governance) und die damit verbundene Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung.
Kühne + Nagel strebt nicht Preisführerschaft an
Um sich für diese Entwicklungen entsprechend zu rüsten, setzt der Schweizer Logistikkonzern an vielen Hebeln an. Klare Ansage hier von Stefan Paul: „Ziel von Kühne + Nagel ist es nicht, der günstigste Anbieter zu sein. Wir wollen auch nicht die Preisführerschaft haben. Wir wollen (über einen weltweiten Qualitätsstandard -die Redaktion) der vertrauenswürdigste Logistikpartner in 2030 werden.“ Die Einhaltung dieses Leistungsversprechens werde der Logistikkonzern auch nachhaltig mittels eines bestimmten „Scores“ messen lassen. Sprich: die englischen Begriffe „trust“ (Vertrauen) und „trustworthy“ (vertrauenswürdig) – Stichwort verlässliche Lieferketten - stehen für Kühne + Nagel ganz oben auf Agenda.
Gleichzeitig bekennt sich das Unternehmen ganz klar zu seinen Mitarbeitern. Paul wörtlich: „Ohne Logistikexperten im Hintergrund hilft auch das beste IT-System nichts. Fracht kann man auch heute noch nicht beamen.“
Asset-Light-Ansatz bleibt erhalten
Auch seinem bisherigen Asset-Light-Ansatz hält Kühne + Nagel weiter fest. „Wir werden nicht in Assets einsteigen“, erklärte Paul. Lediglich fallweise, um für gewisse Großkunden Kapazitäten abzusichern. So verfüge das Unternehmen zum Beispiel in Frankreich mittlerweile über 1500 bis 2000 eigene ziehende Einheiten und hat auch vor wenigen Monaten zwei Boeing 747-8 Frachtflugzeug übernommen.
Einstieg in neue Geschäftsfelder
Investieren will der Logistikkonzern dagegen gezielt in neue Geschäftsfelder und neue Märkte. Dazu der CEO wörtlich: Wir suchen uns Märkte oder auch Industrien aus, für die die Eintrittsbarriere relativ hoch ist.“ Wichtige Wachstumspotenziale sieht Kühne + Nagel zum Beispiel im Sektor „Erneuerbare Energien“, den das Unternehmen nun erschließen will. „Das ist für uns ein völlig neuer vertikaler Sektor, den wir bislang relativ wenig im Fokus hatten“, so der CEO. KN sei hier zwar in der Seefracht in der Projektlogistik fallweise schon tätig. Zusätzlich werde man nun aber auch die Kontraktlogistik (zum Beispiel kleine Kontraktlogistik-Satellitenläger für Ersatzteile), den Landverkehr und die Luftfracht entsprechend aufschalten.
Außerdem will sich Kühne + Nagel im Bereich Semiconductors (Chips & Equipment) mit seiner Luftfrachtsparte neu positionieren. Strategisches Ziel sind rund 500 Millionen Euro Umsatz in 2026 allein in diesem Segment. Unabhängig davon bleiben E-Commerce, Healthcare und Customs (Verzollung) weiterhin für Kühne + Nagel maßgebliche Wachstumsfelder, die das Unternehmen über noch mehr Qualität und Leistungseffizienz weiter strategisch ausbauen will.
Gezielte Zukäufe – Fokus liegt auf Asien
Auch geographisch will der Logistikkonzern weiter wachsen. „Asien ist absoluter Fokus. Da wollen wir noch deutlich wachsen“, kündigte Paul an. „Denn Asien ist nach wie vor der Wachstumsmotor der Welt.“ Potenziale sehe K + N da sowohl im Domestic-Geschäft, der Kontraktlogistik, aber auch in der Erschließung neuer See- und Luftfracht-Verbindungen. Außerdem werde sich Kühne + Nagel stärker um Afrika kümmern. „Afrika ist der Kontinent der Zukunft“, so Paul wörtlich.
Und dieses Wachstum will Kühne + Nagel, wie in der Vergangenheit, nicht nur organisch stemmen, sprich: Zukäufe bleiben ein Thema. Dazu der CEO wörtlich: „Wir werden uns auf organisches Wachstum konzentrieren, sind aber durchaus bereit, weiterhin Akquisitionen in der Bandbreite zu tätigen, wie wir das auch schon in der Vergangenheit gemacht haben.“ Kühne + Nagel strebe da allerdings weniger Game-Changer-Akquisitionen an, präzisierte K- + N-CFO Markus Blanka-Graff. Interessiert sei das Unternehmen eher an Firmen, die über eine verdaubare Größe verfügen und das Know how von K + N vergrößern, sprich die Geschäftsfelder entsprechend ergänzen. Im Fokus stünden aber ganz klar die Themen E-Commerce, Pharma und Asien.
Kühne + Nagel Glänzendes Geschäftsjahr 2022
Kühne + Nagel hat für das Geschäftsjahr 2022 am 1. März 2023 glänzende Zahlen präsentiert. So stieg Nettoumsatz des Schweizer Logistikkonzerns im vergangenen Geschäftsjahr um 20 Prozent auf 39,4 Milliarden Schweizer Franken (CHF), der EBIT um 28 Prozent auf 3,8 Milliarden Franken und der Reingewinn um 30 Prozent auf 2,8 Milliarden Franken. Die Conversion Rate, die das Verhältnis von EBIT zu Rohertrag der Gruppe beschreibt, lag laut Unternehmensangaben bei 33,9 Prozent. Zu dem Unternehmenserfolg haben laut K + N alle Geschäftsbereiche beigetragen. Größter Umsatzbringer war erneut der Geschäftsbereich Seefracht, der 18,8 Milliarden CHF Nettoumsatz und einen EBIT von 2,0 Milliarden CHF erwirtschaftete. Die Conversion Rate erreichte 58,1 Prozent. Zum Vergleich: der Nettoumsatz des Geschäftsbereichs Landverkehre lag in diesem Zeitraum bei 4,0 Milliarden CHF und der EBIT bei 146 Millionen CHF.