Stuttgart/München. Der künftige baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat Fehler bei der Ankündigung einer Volksabstimmung zum Bahnvorhaben Stuttgart 21 eingeräumt. Zwar habe seine Partei vor der Landtagswahl die Abstimmung angekündigt, erläuterte Kretschmann in der Süddeutschen Zeitung am Montag. Doch wenn dabei aber eine Mehrheit gegen Stuttgart 21 sei, diese aber unter dem geforderten Quorum von einem Drittel der Wahlberechtigten liege, könne dies nicht zur Befriedung der Situation beitragen. „Ich streite nicht ab, dass wir in diesen Fragen nicht klar genug waren und vor Monaten schon einen Fehler gemacht haben", sagte Kretschmann.
Die Grünen sind im Gegensatz zu ihrem künftigen Koalitionspartner SPD gegen das 4,1 Milliarden Euro teure Projekt. „Jetzt befinden wir uns im Dilemma", fügte Kretschmann hinzu. Denn das Quorum sei „nüchtern betrachtet" nicht zu schaffen: „Es ist grundsätzlich nicht fair, deswegen gab es in Baden-Württemberg noch nie eine Volksabstimmung." Ein Vorstoß von Grünen und SPD vor der Landtagswahl, das Quorum für eine Volksabstimmung in der Landesverfassung zu senken, sei an der CDU gescheitert. Stuttgart 21 sei der „große Stolperstein" der künftigen grün-roten Koalition.
Der Verein „Mehr Demokratie!" hatte deshalb eine Volksbefragung angeregt; vor dieser müssten sich die beiden Koalitionäre darauf verständigen, auf das Drittel-Quorum zu verzichten und die Mehrheitsmeinung der Bürger zu akzeptieren. An diesem Mittwoch könnten Grüne und SPD das Vorgehen bei Stuttgart 21 bekannt geben.
Kretschmann glaubt, dass der Stresstest zur Leistungsfähigkeit des tiefer gelegten Hauptbahnhofes das Ende von Stuttgart 21 markiert. „Ich bin überzeugt, dass der Stresstest ergeben wird, dass das Projekt nicht funktionabel oder zu teuer ist und nicht effizient." Die Bahn selbst hatte als Schmerzgrenze 4,5 Milliarden Euro angegeben. Schon zuvor hatte Kretschmann signalisiert, dass er in diesem Fall nicht auf einer Volksabstimmung beharre. Diese will aber SPD-Landeschef Nils Schmid unter allen Umständen durchsetzen. (dpa)