Für das laufende Jahr wird nun eine sinkende Wirtschaftsleistung erwartet, für das kommende Jahr nur ein kleines Plus. Die Wirtschaft tritt weiter auf der Stelle. Die Institute erwarten für dieses Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland um 0,1 Prozent. Für die kommenden beiden Jahre wird nur eine schwache Erholung mit Zuwächsen von 0,8 Prozent im Jahr 2025 und 1,3 Prozent im Jahr 2026 erwartet.
Im Frühjahr hatten die Institute für 2024 noch ein minimales Plus von 0,1 Prozent vorhergesagt und für 2025 mit einem Wachstum von 1,4 Prozent gerechnet. Eine „schwungvolle Erholung“ sei nicht zu erwarten, sagte Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Im Gegenteil: Vor allem der Fachkräftemangel bremst mittel- und langfristig das Wachstum.
Wenig Investitionen und Strukturprobleme
Das nach wie vor hohe Zinsniveau und die hohe wirtschafts- und geopolitische Unsicherheit belasten laut der „Gemeinschaftsdiagnose“ die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Immerhin: Die längere Zeit hohe Inflation ist deutlich gesunken. Die Institute erwarten in diesem Jahr einen Anstieg der Verbraucherpreise von 2,2 Prozent und 2,0 Prozent im Jahr 2025.
Der Export als Zugpferd der deutschen Wirtschaft schwächelt. Zunehmende Konkurrenz durch hochwertige Industriegüter aus China verdrängten deutsche Exporte auf den Weltmärkten, so die Institute. Außerdem gibt es viele strukturelle Probleme: So belasten im internationalen Vergleich hohe Energiepreise viele deutsche Firmen.
Die Produktion energieintensiver Industrien liegt laut der „Gemeinschaftsdiagnose“ der Institute etwa 15 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2021. Unternehmen beklagen außerdem eine ausufernde Bürokratie, zu viele Vorgaben zum Beispiel in der Klimapolitik oder lange Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Stimmung in den Unternehmen ist schlecht
Viele Unternehmen stecken in einem Strukturwandel – hin zu einer klimafreundlicheren Produktionsweise. Hohe Energiepreise und andere Probleme aber belasten den Umbau. Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte vor kurzem, das Risiko einer De-Industrialisierung durch die stille Abwanderung und Aufgabe gerade vieler Mittelständler nehme kontinuierlich zu und sei teils schon eingetreten.
„Die Stimmung in einer wachsenden Zahl von Unternehmen in allen Regionen unseres Landes ist dramatisch schlecht“, sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian. „Mich erreichen immer mehr Hilferufe von Betrieben, die vor dem Aus stehen.“
Ampel-Koalition sorgt für Unsicherheit
Die Wirtschaftsforschungsinstitute blicken kritisch auf den Zustand der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP angesichts auch von öffentlich ausgetragenen Dauerstreitigkeiten. Es gebe einen „weiteren deutlichen Anstieg der politischen Unsicherheit“, so die Institute. Obwohl die Bundesregierung einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 verabschiedet habe, bleibe die Sorge über eine mögliche „Handlungsunfähigkeit“ der Regierungskoalition.
Die Bundesregierung will mit einer „Wachstumsinitiative“ die Konjunktur ankurbeln. Erwartung der Regierung: Das Wachstumspaket könnte im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr als einem halben Prozent führen.
Das sehen die Institute nicht. Zwar biete die „Wachstumsinitiative“ einige gute Ansätze. Diese seien aber noch längst nicht umgesetzt. Es handle sich zudem um viele kleinteilige Maßnahmen, sagte Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. Mit dem Paket werde man das Ruder nicht umreißen lassen.