Kaum noch Platz in den Terminals

Als Hotspot im "logistischen Zentrum Europas" bezeichnet sich die Anlage Köln-Eifeltor gerne. Jede Woche starten und enden hier über einhundert KV-Linienverkehre. "Wir sind vollständig ausgelastet", klagt Georg Schiefelbaum, Leiter der fast fünfzig Jahre alten Anlage mit einer Jahreskapazität von 360.000 Einheiten. Kein Ausbau in Köln mehr möglich Allenfalls nachts zwischen 21 und 5 Uhr können noch zusätzliche Sendungen abgefertigt werden. "In diesem Zeitraum werden unsere Kapazitäten erst zu 60 Prozent genutzt", sagt Schiefelbaum. Allerdings räumt er ein, dass viele Speditionen und Verlader mit solchen Zeitfenstern nicht arbeiten können. Andere Optionen sieht der Terminalchef jedoch nicht. An einen Ausbau des zwischen Autobahn und Gewerbegebieten eingeklemmten Terminals der DUSS (Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene-Straße) ist nicht zu denken. Mit der 2012 in Betrieb genommenen dritten Kranbahn hat die Anlage mit acht Portalkranen und zwölf Umschlaggleisen die Grenzen ihres Wachstums erreicht. Vor ähnlichen Problemen stehen derzeit zahlreiche KV-Anlagen. Vor allem Standorte in Ballungsgebieten wie Berlin-Westhafen, Duisburg, Hamburg, Ludwigshafen und München-Riem gelten als überlastet. Aber auch für Terminals in der Region wie Landshut und Regensburg werden immer größere Probleme gemeldet. Gebuchte Zeitfenster sind häufig Makulatur, weil die Terminalbetreiber keine pünktliche Beund Entladung sicherstellen können. "Für jeden Termin plane ich bis zu zwei Stunden Durchlaufzeit ein", berichtet ein bayerischer Bahnspediteur, der nicht genannt werden möchte. Vor allem DUSS-Terminals fallen demnach durch schleppende Prozesse auf, weil sie offenbar mit einer veralteten IT arbeiten. Die notorischen Verspätungen vieler Linienverkehre verschärfen die Engpässe zusätzlich. Dann müssen die Betreiber neue Slots für die Entladung organisieren und die knappen Abstellflächen für Zwischenlagerungen nutzen. Während der letzten zwei Jahre haben sich die Probleme nach einhelliger Meinung weiter zugespitzt. Das räumen auch die Operateure ein. "Als Folge der sinkenden Leistungsqualität auf der Schiene haben die Terminals verstärkt mit betriebstechnischen Folgeproblemen zu kämpfen", sagt Jan Weiser von Kombiverkehr. Nach der wochenlangen Sperrung der Rheintalstrecke und immer wiederkehrenden Sperrungen der Brenner-Route ist die Lage bei den Nord-Süd-Verkehren nochmals eskaliert. "So schlimm wie in den sechs Monaten war die Lage noch nie", schimpft Helmut Frölich, Inhaber des gleichnamigen Transportunternehmens in Hessisch Lichtenau. "Wenn Rundläufe nicht völlig ausfallen, haben sie wenigstens sechs bis sieben Stunden Verspätung." Weil Frölich auf seinen täglichen Touren von Kassel nach Verona auch Stahl, Marmor und andere vom sektoralen Fahrverbot in Tirol betroffene Transportgüter fährt, kann er für viele Verkehre nicht auf den Lkw wechseln. Mit Sarkasmus kommentiert Wolfgang Thoma die aktuelle Situation. "Der Super-GAU auf der Rheintalstrecke hat uns bescheiden gemacht", sagt der Geschäftsführer von Ansorge Logistik in Biessenhofen. "Wir haben für unsere KV-Verkehre bereits vorab mit mehrstündigen Verspätungen kalkuliert." Kombiverkehr baut selber Terminals Während des Winters 2017/18 wird dies auch weiterhin notwendig sein. Als Folge von "Friederike" und anderen Sturmtiefs gab es über Verspätungen hinaus sogar Annahmestopps. So musste Kombiverkehr auf einzelnen Verbindungen wie Köln-Malmö Buchungen verweigern. Auch während der Sperrungen der Rheintalstrecke im Herbst 2017 und der Brenner-Route über Weihnachten und Neujahr waren solche Maßnahmen wiederholt notwendig. Für Weiser werden diese weiterhin nur in "absoluten Ausnahmesituationen" praktiziert, wenn sich beispielsweise besonders hohe Buchungszahlen abzeichnen. "Ohne Stopps gibt es dann kaum eine Möglichkeit, die betrieblichen Abläufe einigermaßen reibungsfrei aufrechtzuerhalten", sagt der Kombiverkehr-Sprecher. Grundsätzlich hoffen die Operateure, dass sich mit neuen Anlagen die Situation entspannt. Vereinzelt steigen sie sogar selbst in den Terminalbau ein. So hält Kombiverkehr 50 Prozent Anteile an der Südwestfalen Container Terminal GmbH, welche gegenwärtig in Siegen-Kreuztal eine Anlage für 45.000 Ladeeinheiten im Jahr baut. Als Endpunkt von Rheintal-Verkehren soll diese vor allem Terminals in der Rhein-Ruhr-Region entlasten. Andere Bauvorhaben ziehen sich hingegen hin. So liegt für das KV-Terminal im GVZ Augsburg nach jahrelangem Tauziehen endlich eine Baugenehmigung vor. Voraussichtlich 2019 wird diese Anlage gebaut und kann dann München-Riem und Ulm entlasten. Andere Terminals bauen ihre Infrastruktur aus. Mit einer zusätzlichen Abstellfläche für 1000 TEU (20-Fuß-Container) hat sich München-Riem etwas Luft verschafft. Ohne diese Maßnahme könnten nach Einschätzung von Nutzern kaum alle Krane gleichzeitig arbeiten. Abgeschlossen ist die Erweiterung von Leipzig-Wahren. Mit 220.000 Einheiten im Jahr kann das sächsische Terminal jetzt doppelt so viele Volumina umschlagen. Für Marktkenner reichen diese Maßnahmen nicht aus. "Im Gegensatz zu Österreich und der Schweiz gibt es in Deutschland keinen nationalen Ausbauplan für Terminals", kritisiert Matthias Plehm, Projektleiter der Studiengesellschaft für Kombinierten Verkehr (SGKV) in Berlin. Weil die Töpfe der vorhandenen Fördergelder in Höhe von 90 Millionen Euro nicht ausgeschöpft werden, sehe auch die Politik keinen besonderen Handlungsbedarf. Daher sind jetzt nach einhelliger Meinung vor allem die Terminalbetreiber gefordert. Auch in den operativen Abläufen gibt es viel zu verbessern. So arbeitet die IT oft mit unpräzisen und pauschalisierenden Daten. "Für viele Züge werden unabhängig von der Waggonzahl gleich lange Slots vergeben", nennt Mirko Pahl, CEO von TX Logistik, ein Beispiel. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Railcargo" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Digitalisierung soll die Abläufe verbessern DUSS will bis 2020 fünf Terminals ausbauen Gerade mal 317 TEU kann das Terminal Kornwestheim ungestapelt aufnehmen. Kein Wunder, dass die Anlage bei Stuttgart aus allen Nähten platzt. Für 2018 plant die Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene-Straße (DUSS) zusätzliche Abstellflächen. Außerdem will die Betreibergesellschaft in Karlsruhe die Kranbahn verlängern, in München die Portalkrane erneuern und Ulm sowie Regensburg ausbauen.Auch Andreas Schulz räumt ein, dass an diesem bayerischen Standort nicht einmal mehr nachts Kapazitäten frei sind."An Terminals mit sehr hohem Umschlagsvolumen stocken wir zusätzlich das Personal auf", verspricht der neue DUSS-Chef. Außerdem will er die Digitalisierung vorantreiben. Während bereits die zweite Generation des Betriebs- und Leitsystems BLU ausgerollt wird, warten einige kleinere Anlagen immer noch auf die erste Generation. Und gerade mal zwei Anlagen haben OCR-Videogates, welche mit dem Scannen von einfahrenden Lkw die Betriebsabläufe erheblich beschleunigen. bot

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