Kampf der Antriebe: Was die Wiederwahl einer Politikerin ändern könnte

Ursula von der Leyen ist durchgekommen, ein wichtiger Teil ihres Grünen Deals zum Klimaschutz nicht. Um sich eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin zu sichern, musste die Christdemokratin in ihrer eigenen Partei nach der Europawahl den Verdacht ausräumen, sie würde es mit den grünen Komponenten ihrer Politik zulasten von Wirtschaft und Verbrauchern übertreiben. Um diese Annahme zu entkräften, lockerte sie das Verbot des Verkaufs neuer Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035. Stunde der Wahrheit: 2026 Oder etwa doch nicht? Zwar taten CSU und CDU unmittelbar nach der Wiederwahl der Kommissionspräsidentin in Straßburg kund, das Verbrenner-Aus sei Geschichte, ein für alle Mal vom Tisch. Aber grüne Europaabgeordnete lasen aus den politischen Leitlinien von der Leyens für ihre nächsten fünf Jahre als Kommissionspräsidentin ein ausdrückliches Bekenntnis zum Grünen Deal, sogar dessen Verschärfung. "Technologieneutraler Ansatz" Wie konnte es eigentlich zu so unterschiedlichen Einschätzungen kommen? Von der Leyen hatte in ihre Leitlinien eine gewundene und für Interpretationen offene Formulierung aufgenommen, die "ein breites Spektrum an innovativen Technologien" und einen "technologieneutralen Ansatz" ankündigt, "bei dem E-Fuels eine Rolle spielen werden, indem die Vorschriften im Rahmen der geplanten Überprüfung gezielt geändert werden". Diese Überprüfung des umstrittenen Verbrenner-Aus ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Perspektiven für E-Fuels in Lkw Während die einen dieses Jahr nun für den Zeitpunkt einer Renaissance des Verbrennungsmotors halten, diesmal mit neuartigen Kraftstoffen, sehen die anderen eine reine Nischenregelung mit geringer Marktrelevanz, da E-Fuels viel zu teuer seien, um sich im Massenmarkt durchsetzen zu können. So herrscht über die Folgen des Kurses der alten und neuen Kommissionspräsidentin beim Thema Verbrennungsmotor zwischen den politischen Lagern alles andere als Einigkeit. Der für Verkehrspolitik zuständige Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Ulrich Lange, jubilierte: "Auch unsere Automobilindustrie wird begrüßen, dass das ewige Hin und Her ein Ende hat und es bald eine verlässliche Perspektive gibt." Die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt warnte hingegen: "Das wird für Verbraucher*innen teuer werden und den Markt für Elektromobilität verunsichern." Der Streit dreht sich vorwiegend um Personenwagen. Aufhorchen lassen sollte die Logistikbranche aber eine Einschätzung des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Detlef Müller: "E-Fuels werden im motorisierten Individualverkehr absehbar keine ernst zu nehmende Rolle spielen, da wir die knappen Kapazitäten synthetischen Kraftstoffs viel eher im Flug- und im Lkw-Verkehr sowie bei Maschinen in der Bau- und Landwirtschaft wirtschaftlich nutzen müssen." Emissions-Regelung im Fokus Die Öffnungsklausel im Grünen Deal und möglicherweise entstehender neuer Schwung sowie Förderung für die Optimierung von E-Fuels könnten damit ein Signal dafür aussenden, beim Lastverkehr auf der Straße weniger auf kostspielige Elektrifizierung zu bauen. Es wird entscheidend darauf ankommen, wie und wo die Kommissionspräsidentin von der Leyen hier nach Beginn ihrer zweiten Amtsperiode die Akzente setzt. Nach derzeitiger EU-Verordnungslage muss der Treibhausgas-Ausstoß neuer Lastwagen (Kohlendioxid-Emission) bis 2040 stufenweise um 90 Prozent sinken, was den dominierenden Diesel-Motoren den Kampf ansagt. Die FDP widersetzte sich der Regelung zunächst, CDU und CSU hatten bereits angekündigt, nach der Europawahl auf Nachbesserungen zugunsten der Verbrenner-Technologie zu dringen. Wie bei den Pkw gibt es auch für die Lastwagen-Regelung eine Evaluationsklausel, Stichjahr ist 2027. Die EU-Kommission ist aufgerufen, die Möglichkeit der Anrechnung des Einsatzes von synthetischen oder Bio-Kraftstoffen auf die Flottengrenzwerte zu prüfen, die bislang keine Option ist. Entscheidet sie sich dafür, das Verbrenner-Aus für Pkw mit der Anerkennung einer Zukunft für E-Fuels wesentlich zu entschärfen, dürfte der Druck auf sie steigen, auch bei Lkw umzudenken. Alternativen Kraftstoffen, die in Verbrennungsmotoren zum Einsatz kommen können, wurde in der EU-Strategie bisher im Wesentlichen eine Rolle im Flug- und Schiffsverkehr zugewiesen. Für den Lastverkehr auf der Straße, der rund die Hälfte der gesamten Frachtbeförderung in der EU ausmacht, setzte die Kommission neben wasserstoffbasierten Antrieben schwerpunktmäßig eher auf die Elektrifizierung. "Grüner Wachstumsdeal" Wesentliche Rahmenbedingungen dafür sind noch nicht endgültig festgezurrt, etwa die Vorschriften für Maße und Gewichte von E-Lastwagen mit großen und schweren Batterien. Frühestens im Oktober dürfte das EU-Parlament sich wieder mit diesem Thema befassen; die neue EU-Kommission wird voraussichtlich im Dezember ihre Arbeit aufnehmen. Dann wird sich erweisen, wie viel oder wenig vom Grünen Deal wirklich übrigbleibt. Es zeichnet sich bereits ab, dass er Interessen der Wirtschaft stärker berücksichtigen soll; der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese spricht von einem künftigen "Grünen Wachstumsdeal".

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