Europas Lieferketten befinden sich angesichts der geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten in einer schwierigen Lage: Wie aus der Studie „The state of European Supply Chains 2023“ des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle (JLL) und Reuters Events Supply Chains hervorgeht, gehen rund 68 Prozent der Supply-Chain-Manager davon aus, dass Europas Lieferketten auch im Jahr 2023 durch den Krieg in der Ukraine gestört werden. Auch indirekte Folgen wie Versorgungsprobleme, die sich auf Energie- und Kraftstoffkosten auswirken (66 Prozent) und die Folgen der Inflation für Konsumenten (55 Prozent) nennen Supply-Chain-Manager als Störfaktoren. Für die Studie wurden 171 Nutzer, darunter Logistikdienstleister, Hersteller und Händler, zu ihren Erwartungen an die Entwicklung der Nachfrage in den kommenden sechs bis zwölf Monaten befragt.
Transportnetzwerke optimieren, Energieverbrauch senken
Trotz der Unsicherheiten bleibe in Deutschland die Nachfrage nach Logistikflächen auf hohem Niveau zwar stabil. Laut Sarina Schekahn, Head of Industrial Leasing JLL Germany, hätten sich aber die Anforderungen verändert: „Im Fokus der Nutzer stehen nun energieeffiziente Objekte in guter Lage, die dadurch eine bessere Wettbewerbsfähigkeit sowie geringere Transportkosten ermöglichen. Aufgrund des Flächenmangels müssen Nutzer bei der Standortwahl jedoch häufig Kompromisse eingehen.“
72 Prozent der Logistikdienstleister, Händler und Hersteller wollen der Studie zufolge daher ihre Transportnetzwerke optimieren; 51 Prozent planen, ihre Lagerhaltung näher an die Verkehrsknotenpunkte und Endmärkte zu verlegen. Den Energieverbrauch in der Produktion wollen 63 Prozent reduzieren, unter anderem, indem sie den Anteil erneuerbarer Energien wie Photovoltaikanlagen erhöhen (43 Prozent), während die Renovierung von Anlagen zugunsten der Energieeffizienz bei 46 Prozent der Befragten auf dem Programm steht.
Automatisierung gegen Fachkräftemangel
„Im Bestand investieren Nutzer in neue Technologien, die helfen sollen, Prozesse effizienter durchzuführen und zu automatisieren, um potenzielle Störungen in Zukunft besser bewältigen zu können. Zusätzlich hilft die Automatisierung, dem Fachkräftemangel in Teilen entgegenzuwirken“, sagt Schekahn. Der Großteil der Befragten will verstärkt in Lösungen für Überwachung und Tracking der Lieferketten investieren (68 Prozent), während Lösungen zur Prognose von Nachfrageentwicklungen (48 Prozent) und Prozessautomatisierungen (47 Prozent) bei nahezu jedem Zweiten ein aktuelles Thema darstellen. Mit jeweils 37 Prozent spielen zudem Anlagenautomatisierung, Robotik sowie Digitalisierung und Datenanalysen ebenfalls wichtige Rollen bei den Supply-Chain-Managern.
Inflationsdruck macht weiter Sorgen
Trotz erster Anzeichen der Entspannung bereitet der Inflationsdruck dem Logistiksektor weiterhin Sorgen: 81 Prozent der Logistikdienstleister, Händler und Hersteller gaben an, die höheren Kosten an Kunden weitergeben zu müssen. Mit erheblichen Kostensteigerungen rechnen allerdings lediglich 15 Prozent. Zwar erwarten 45 Prozent der Supply-Chain-Manager, dass sich die Nachfrage nach Gütern weiter verschlechtern wird, immerhin 31 Prozent erwarten aber ein Ende der hohen Inflation und daraus resultierend eine wieder steigende Nachfrage