Jeder kommt an, keiner um

Die Gesamtanzahl der Verkehrsunfälle in Niedersachsen, vor allem der Bagatellunfälle, steigt seit Jahren minimal an. Dagegen sinken die Zahlen der Verkehrsunfälle mit Personenschaden oder Verkehrsunfalltoten. Leider aber steigt die Zahl der Unfälle mit Lkw-Beteiligung über die letzten zehn Jahre an - wobei Lkw mit 13 Prozent beteiligt sind. Während die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden unter Lkw-Beteiligung seit 2007 rückläufig ist (Gesamtanteil: 9 Prozent), ist die Anzahl mit Todesfolge gestiegen (21 Prozent). Vor allem im Jahr 2018 sind überproportional viele Lkw-Fahrer getötet worden. Ebenfalls alarmierend: Der Lkw ist in 70 Prozent der Fälle Hauptverursacher und in 62 Prozent der Fälle an Unfällen mit Personenschaden Hauptverantwortlicher. Darüber, wie sich diese Unfälle vermeiden lassen, diskutierten Experten bei einem Workshop auf der Mitgliederversammlung des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN). Abbiegeunfälle nicht das Problem Wie Polizeirätin Carmen Scholze vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport mitteilte, ist die Anzahl der Verkehrsunfälle auf der A 2 stark schwankend, in der Tendenz 2018 aber leicht rückläufig - wenn auch die Zahl der Unfälle mit Personenschaden stark ansteigt. Die Anzahl der Abbiegeunfälle liegt laut Scholze im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Verkehrsunfälle bei unter sechs Prozent, davon weniger als die Hälfte mit Verletzten. Der Lkw hat daran einen Anteil von nur neun Prozent - bei Vorfällen mit Toten drei Prozent. Erwin Petersen von der Landesverkehrswacht Niedersachsen erläuterte, dass sich trotz steigender Transportleistung eine Abnahme bei den Lkw-Unfällen abzeichnet. Petersen führt das unter anderem auf die positive Wirkung von Notbremsassistenten, Abstandswarner sowie Spurbindungsassistenten zurück. Der Verkehrsexperte moniert aber auch eine im Zeitraum 2012 bis 2016 feststellbare Zunahme an Auffahrunfällen mit Getöteten. Petersen kommt zu dem Schluss, dass das Leistungsvermögen und die Übersteuerbarkeit aktueller Notbremssysteme innerhalb der Fabrikate sehr unterschiedlich sind. Seiner Analyse von niedersächsischen Autobahnunfällen des Jahres 2017 zufolge waren Ende 2017 etwa 60 Prozent der schweren Lkw im Fernverkehr mit Notbremsassistenten ausgestattet - was eine positive Wirkung hat. Der Unfallforscher moniert aber, die Systeme weiter verbessert werden müssen. "Die Systeme müssen vor allem bei stehenden beziehungsweise stationären Vorausfahrzeugen sowie auch bei stark verzögernden Vorausfahrzeugen und auf nassen Fahrbahnen besser werden!" BGL-Geschäftsführer Dirk Engelhardt monierte einmal mehr die Abschaltbarkeit der Systeme. Dazu hatten die Experten Petersen und Heiko Johannsen (Unfallforschung Medizinische Hochschule Hannover) eine eindeutige Meinung: "Das mag bei der Einführung der Systeme 2015 noch berechtigt gewesen sein. Aktuell lässt sich dieses Argument nicht mehr aufrechterhalten." Final definierte die Expertenrunde vier Handlungsfelder zur Unfallvermeidung - Auffahrunfälle basieren meist auf mangelnder Aufmerksamkeit. Verbesserte Notbremsassistenten könnten helfen. - Die Heckaufprallschutzelemente müssen verbessert werden, um kleine Fahrzeuge besser zu schützen. - Radfahrer müssen besser aufgeklärt werden über die Gefahren von Abbiegeunfällen. Assistenzsysteme müssen dem Fahrer die Gefahrensituation visualisieren und der Lkw muss nach Möglichkeit selbsttätig bremsen. - Neue Lkw müssen fußgängerfreundlichere Fronten haben, ebenso wie Bremsassistenten, die auch Fußgänger und Radfahrer erkennen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier GVN www.verkehrsrundschau.de/dossiers GVN Jahreshauptversammlung in Hannover Stolperfallen: Arbeitsrecht und Cyber-KriminalitätAm 30.11. und 1.12. fand in Niedersachsen die Jahreshauptversammlung des GVN (Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen) statt. Der Einladung des GVN-Präsidenten Mathias Krage waren über 300 Unternehmer aus Güterkraftverkehr, Entsorgung, Spedition, Logistik, Möbelspedition, Omnibus und Touristik sowie Taxi, Mietwagen und Krankentransporte gefolgt.Unter den zahlreichen Gästen referierte der stellvertretende Ministerpräsident, Bernd Althusmann (MdL), über aktuelle Entwicklungen in der Verkehrspolitik. Er attestierte dem niedersächsischen Gesamtverband eine hohe Fachkompetenz und Schlagkraft als Interessenvertretung von fünf Fachvereinigungen. "Der Verband steht vor vielen neuen Herausforderungen", erläuterte Präsident Krage. "Veränderungen in der Politik auf Welt-, Bundes- und Landesebene werden die Marktbedingungen der privaten Verkehrsunternehmer im Güter- und Personenverkehr sowie in der Logistik verändern."GVN-Hauptgeschäftsführer Benjamin Sokolovic stellte dar, dass Verkehrssicherheit ein zentrales Thema sei."Uns geht es um wichtige Themen wie die Verhinderung von Abbiegeunfällen oder Aktionen zum Thema Ablenkung am Steuer. Als GVN fordern wir, diese Gesetzeslücken schnellstmöglich zu schließen."Großen Zuspruch fand am zweiten Tag das Workshop-Programm unter anderem zu den Themen der täglichen Personalpraxis und vor allem der sich daraus ergebenden Stolperfallen für den Arbeitgeber sowie zur Cyber-Kriminalität. Rechtsexperte und Anwalt Bernd Schiefer, Herausgeber der monatlichen Zeitschrift für Personalverantwortliche "Personalpraxis + Recht", stellte anhand zahlreicher Praxisbeispiele dar, wo sich Schwierigkeiten bei Arbeitsrechtsfragen ergeben können. So erläuterte er, dass sich Änderungen im Bereich der befristeten Arbeitsverträge ergeben werden - so die Verkürzung von 24 auf 18 Monate sowie die Begrenzung der Verlängerung von drei auf ein Mal. Schiefer weist die Arbeitgeber darauf hin, dass eine Befristung in jedem Fall der Schriftform sowie der Unterzeichnung beider Parteien bedarf.Auch wenn Arbeitsverhältnisse verlängert werden, etwa wenn Pensionäre doch noch weiter für das Unternehmen tätig werden, sind zeitliche und inhaltliche Komponenten zu fixieren."Verlängerungen müssen übrigens ohne Vertragsänderung stattfinden", erklärt der Rechtsexperte, sonst sind es keine. Und sie seien noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, um als Verlängerung zu gelten.Hohen Zuspruch fand auch der Workshop "Cybercrime". Eine Umfrage unter 500 Unternehmen ergab, dass ein Drittel der großen Unternehmen ins Visier von Kriminellen geraten sind. Bis zu 95 Prozent der erfolgreichen Cyberangriffe werden durch den arglosen Nutzer zum Erfolg geführt. Schon deshalb sind Vorsichtsmaßnahmen vonnöten, ebenso wie das Wissen, was im Schadenfall zu tun ist. gg

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