Japan

Japan Drastische Schäden Erdbeben und Tsunami haben Infrastruktur und Transportnetze im Nordosten Japans massiv zerstört. Die Logistikketten in Deutschland sind aber nur geringfügig von der Naturkatastrophe betroffen. Erdbeben und Tsunami sind die Japaner gewohnt – leben sie doch in einer der tektonisch gefährlichsten Regionen unseres Planeten. Doch der Erdstoß am 11. März 2011 ließ auch die Japaner innehalten. Eine 9,0 auf der nach oben offenen Richterskala und Flutwellen von mehr als zehn Meter Höhe wurden in Nippon noch nie gemessen. Mehrere tausend Tote, Verletzte und Vermisste, eine völlig zerstörte Infrastruktur im Nordosten des Landes sowie ein außer Kontrolle geratendes Atomkraftwerk, das die Umgebung radioaktiv kontaminiert – so die vorläufige Bilanz dieser Naturkatastrophe. Die Wellen des Erdbebens hinterlassen aber auch Spuren in Europa und Deutschland. Zwar kommen nur 2,7 Prozent der deutschen Importe aus dem Land der aufgehenden Sonne, jedoch befinden sich darunter wichtige Zulieferteile für die hiesige Fahrzeugindustrie. Produktionsausfälle in Deutschland meldete zum Beispiel der Automobilhersteller Opel in seinem Werk in Eisenach. Hier fielen aufgrund fehlender Elektronikteile aus Japan Anfang der Woche zwei Schichten aus. Das sind 500 Fahrzeuge vom Typ Corsa. Seit Montag 22 Uhr rollen die Bänder wieder zu 100 Prozent, nachdem mittlerweile ein Lieferant aus Nordamerika die entsprechenden Elektroteile zuliefert. Diese werden wie schon die Lieferungen aus Japan per Luftfracht nach Europa geflogen und an die beiden Opel-Werke in Eisenach und Saragossa, in denen der Corsa gefertigt wird, verteilt. Der Einkäuferverband BME berichtet, dass derzeit in einigen deutschen Industriebetrieben Krisenstäbe daran arbeiteten, Ersatzlieferanten in die Logistikkette zu integrieren. Erörtert werde auch, wie sichergestellt werden könne, dass Teilelieferungen nicht radioaktiv kontaminiert sind. Insgesamt zeigt sich die Automobilwirtschaft aber gelassen: „Wir rechnen für deutsche Unternehmen in nächster Zeit nur mit begrenzten Auswirkungen in der Lieferkette“, erklärte VDA-Präsident Matthias Wissmann. Auch der Importeursverband VDIK bestätigt auf Anfrage, dass das Gros der Volumenmodelle für den europäischen Markt in Europa gefertigt wird und die Zulieferer ebenfalls zum Großteil aus Europa stammen. Zerstörte Infrastruktur Etwas anders sieht die Lage in Japan selbst aus: Der Logistikdienstleister DB Schenker berichtet zwar, dass keiner seiner rund 450 Mitarbeiter in Japan durch das Beben und den Tsunami zu Schaden gekommen sei. Auch die Büros und Anlagen im Großraum Tokio, etwa das Logistikzentrum in Narita, seien durch das Erdbeben zwar „durchgeschüttelt, aber weitestgehend unversehrt geblieben“. Im Großraum Tokio behinderten die Arbeit aber unterbrochene Straßenverbindungen, Stromausfall und Stromabschaltungen, kein Gas, Treibstoffmangel an den Tankstellen, nur bedingt verfügbarer öffentlicher Nahverkehr, nur bedingt verfügbare LKW sowie Nachbeben. Schenker habe daher die Landeszentrale mit dem deutschen Landesleiter und einigen Mitarbeitern von Tokio nach Osaka verlegt. In Tokio selbst arbeite man derzeit mit reduzierten Teams. Noch drastischer die Situation direkt im Katastrophengebiet: „In den vom Erdbeben und dem Tsunami direkt betroffenen Regionen im Nordosten findet derzeit kein Geschäft statt“, beschreibt die Deutsche Post DHL die Situation. Die gesamte Transportlogistik sei dort zum Erliegen gekommen. Lediglich Hilfstransporte und Aufräumarbeiten seien in dieser Region im Moment möglich. Durch die vom Erdbeben verur-sachte Flutwelle wurden auch einige Häfen im Norden der Insel völlig zerstört – unter anderem Sendai, Hatchinohe, Hitachinaka und Onahama. Die Hafenanlagen sind voraussichtlich auf Monate oder sogar Jahre nicht betriebsfähig. Die japanische Reederei NYK Line nimmt für diese Häfen keine Frachtbuchungen mehr an. Die wichtigsten Seehäfen, die im Europa-Asien-Verkehr von den Containerlinienreedereien angelaufen werden, wurden von dem Erdbeben und der Flutkatastrophe hingegen aber gar nicht oder nur leicht beeinträchtigt. Tokio und Yokohama, Kawasaki und Chiba in Zentraljapan sind wieder in Betrieb und arbeiten auf normalem Level. Beeinträchtigungen in der Seefracht zwischen Europa und Japan seien daher nicht zu erwarten, so die Reederei NYK. Hapag-Lloyd hat allerdings (Stand Dienstag) als Vorsichtsmaßnahme für Ladung und Mannschaft die Häfen Tokio, Yokohama und Nagoya mit mehreren Liniendiensten nicht angelaufen. Wichtige Sendungen würden über alternative Routen an diese Ziele gebracht. Frachtprüfung mit Geigerzähler Lufthansa Cargo leitet seine 12 wöchentlichen Frachterflüge mit Destination Tokio nach Osaka um. Grund sind die eingeschränkten Abfertigungsmöglichkeiten am Tokioter Flughafen Narita, der nach dem Beben kurzfristig geschlossen war. Auch die nach Tokio geplanten Passageflieger werden nach Osaka und Nagoya umgeleitet. Die Regelung soll voraussichtlich bis 28. März bestehen bleiben. Laut Lufthansa Cargo ergibt sich dadurch keine nennenswerte Zeitverzögerung der Prozesse, allerdings müssten Kunden ihre Anlieferung umstellen. Die Auslastung der Frachterflüge sei derzeit nicht erkennbar zurückgegangen. An den Abgangsflughäfen Osaka und Nagoya werde Fracht mit Geigerzählern auf Radioaktivität geprüft, teilte Lufthansa Cargo mit. Bis Stand Dienstag wurde keine erhöhte Strahlung festgestellt. ❙❚■ Eva Hassa, Andre Kranke, Rocco Swantusch, Serge Voigt, Dietmar Winkler Durch Erdbeben und Tsunami zerstörte Infrastruktur im Nordosten von Japan Japan Unterschiedliche Prüfungen auf Radioaktivität Am Hafen Rotterdam werden seit fast zehn Jahren alle Container durch Paneele auf radioaktive Strahlung geprüft. „Außerhalb der Container darf nichts strahlen“, erklärt Minco van Heezen, Pressesprecher des Hafens Rotterdam. Arnes Petrick vom deutschen Zoll hält es dagegen für unmöglich, alle Waren zu überprüfen. „Der Hafenverkehr wäre über Tage lahmgelegt.“ Im Hamburger Hafen werde Radioaktivität stichprobenartig bei risikobehafteten Waren erfasst. Japanische Waren würden derzeit keinen speziellen Kontrollen unterzogen. Ein Sprecher des Bundesministeriums für Verbraucherschutz hält dies aber für problemlos durchführbar, da nur kleine Mengen aus Japan importiert werden. Das Minis-terium habe bei den Bundesländern angeregt, die Empfehlung der Europäischen Kommis-sion zu verstärkten Kontrollen bei Lebensmitteln und Futtermitteln aus Japan umzusetzen. Eine rechtliche Handhabe hat der Bund aber nicht. „Wie Waren kontrolliert werden, ist grundsätzlich Ländersache.“ jko Rotterdam: LKW müssen Messgeräte passieren Seehäfen Japan Etwa vier Prozent der Wirtschaftskraft Japans werden in den am stärksten vom Erdbeben und Tsunami zerstörten Regionen um die Millionenstadt Sendai im Norden der Hauptinsel Honshu erwirtschaftet. In den betroffenen Präfekturen Iwate, Miyagi und Fukushima befinden sich zahlreiche Zulieferunternehmen der Elektronik- und Fahrzeugindustrie. Erdbeben und Tsunami haben zahlreiche Todesopfer gefordert und die Infrastruktur in dieser Region massiv zerstört. Die Gesamtschäden werden auf fast 200 Milliarden Euro geschätzt. Beim Erdbeben 1995 im südjapanischen Kobe belief sich die Schadenshöhe auf weniger als die Hälfte. Die Schäden durch die austretende radiaktive Strahlung des außer Kontrolle geratenen Atomkraftwerkes in Fukushima können derzeit noch nicht beziffert werden. ak Japan und das Erdbeben vom 11. März 2011 Vom Tsunami besonders stark betroffene Region

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