In unsicheren Zeiten flexibel bleiben

Die einschlägigen Konjunkturbarometer sprechen eine deutliche Sprache: Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Februar 2019 auf den schlechtesten Wert seit Dezember 2014 gefallen. Auch der Logistikindikator, den das Ifo-Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik (BVL) ermittelt, ist bereits zum fünften Mal in Folge rückläufig. Genau genommen lag der Geschäftsklimaindikator für die Logistikwirtschaft zuletzt mit 102,3 Punkten auf dem niedrigsten Stand seit genau drei Jahren. Dass die wirtschaftliche und auch politische Großwetterlage - man denke vor allem an das Brexit-Chaos und den Handelsstreit zwischen den USA und China - derzeit für Verunsicherung in der Transport- und Logistikbranche sorgt, dürfte unbestritten sein. Aber hat sie schon konkrete Auswirkungen auf das Tagesgeschäft der Transportunternehmen - und damit auf die Planung ihres neben dem Personal wichtigsten Assets, den Fuhrpark? Schließlich haben Unternehmer vielfältige Möglichkeiten, Zugmaschinen und Trailer anzuschaffen, wobei es die alleine selig machende Art der Nutzfahrzeugbeschaffung für die wenigsten geben dürfte. Sei es klassische Finanzierung, Leasing, Mietkauf oder Miete - alle Varianten im Finanzierungsmix haben ihre Vor- und Nachteile (siehe Kasten auf Seite 26). Die VerkehrsRundschau hat sich daher im Rahmen einer Frühjahrsumfrage unter den Nutzfahrzeugherstellern, Leasinganbietern und Lkw-Vermietern umgehört, ob und welche Auswirkungen die aktuellen Konjunkturaussichten auf ihr Geschäft haben und welche Markttrends sich daraus ergeben. Noch ist wenig zu spüren Allgemeiner Tenor: Noch ist von einer abkühlenden Konjunktur wenig zu spüren. "Das letzte Geschäftsjahr war, sicherlich nicht zuletzt durch die IAA Nutzfahrzeuge, ein sehr starkes, in dem wir unsere Geschäftsbeziehungen festigen und ausbauen konnten", sagt Alfons Fehlner, Leiter Sales bei MAN Financial Services. Eine langfristige Prognose sei aufgrund des politischen und konjunkturellen Umfelds allerdings nicht möglich. Das Portfolio von MAN Financial Services teilt sich laut Fehlner überwiegend gleichmäßig in Mietkaufund Leasinglösungen auf. Klassische Darlehensprodukte machten mit weniger als fünf Prozent den geringsten Anteil aus. "Vier von zehn MAN-Fahrzeugen verlassen aktuell das Werk mit einem Mietkaufoder Leasingvertrag von MAN Financial Services", berichtet Fehlner. Das Finanzierungsverhalten sei zuletzt aber weitgehend stabil geblieben, schließlich richte es sich nach den individuellen Bedürfnissen des Kunden: "Möchte er langfristig Eigentum erwerben, ist eine Mietkauflösung attraktiv. Ist es dem Kunden hingegen wichtig, zu 'nutzen' und das Restwertrisiko auszulagern, ist Leasing oder Miete die richtige Wahl", so Fehlner. Auch bei Scania verspürt man offenbar kein Abkühlen der Nachfrage nach Lkw. Finanzierungstochter Scania Finance Deutschland jedenfalls vermeldete unlängst ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2018. Fast jedes zweite im deutschen Markt neu zugelassene Scania-Fahrzeug sei mit einer Scania-Finanzierung abgeschlossen worden, das entspreche etwa 3400 Neuverträgen. Das Leasingangebot der Scania Finance Deutschland gewinne immer mehr an Bedeutung, da die Bereitschaft der Kunden für diese Finanzierungsform wachse. Dies ginge im Gegenzug zulasten der Barkäufe. Full-Service hoch im Kurs Bei Daimler, wo sich die Mercedes-Benz-Bank um Finanzierung und Leasing und Mercedes-Benz CharterWay um die Vermietung von Fahrzeugen kümmern, ist von einer Zurückhaltung der Kunden nach Unternehmensangaben ebenfalls wenig zu spüren. "Mehr als jedes zweite Fahrzeug wird im Nutzfahrzeugsegment durch die Mercedes-Benz Bank finanziert oder verleast", teilt Ralf Aust, Leiter Produktmanagement Nutzfahrzeuge der Mercedes-Benz Bank, mit. Er sieht vor allem einen Trend nach Produktbundles, Service-Leasing werde stärker nachgefragt. Ein Trend zu Full-Service-Angeboten ist offenbar nicht nur bei Zugmaschinen, sondern auch bei Trailern auszumachen. "Auf der einen Seite stellen wir fest, dass es insgesamt weniger Anfragen nach Finanzierungen gibt. Die auf den Eigentumserwerb ausgelegten Finanzierungsanfragen wie Mietkauf sind zurückgegangen", stellt Harald Vorbrink, Country Sales Manager Germany bei Cargobull Finance, fest. "Die Kunden passen ihre Fuhrparkfinanzierung der Auftragslage an und fragen daher in dem aktuell beruhigten Marktumfeld eher nach Finanzierungsformen, die die flexible Nutzung des Objekts bietet", so Vorbrink. Hier spielten vor allem Komplettpakete eine große Rolle, sodass der Kunde nur einen Ansprechpartner rund um den Trailer hat. Majk Strika, Managing Director Ari Fleet, macht gänzlich andere Erfahrungen und sieht das Geschäft des Leasinganbieters "im positiven Sinn" von der aktuellen Unsicherheit in der Branche betroffen. Das Unternehmen vermarktet Produkte, die auf der in den USA dominierenden Leasingvariante, dem sogenannten Open-End-Finance-Lease, basieren. Diese bietet den Kunden flexible Laufzeiten ohne Kilometerbegrenzungen, verspricht den Kunden aber gerade durch die Entbündelung von Finanzierung und Zusatzservices wie Fahrzeugwartung Einsparungen. Letztere Dienstleistungen werden separat eingekauft. "Unternehmen suchen mehr denn je nach Lösungen für höhere Effizienz und Wirtschaftlichkeit", betont Strika. Das Ari-Fleet-Konzept bestehe schließlich nicht darin, mehr Fahrzeuge oder Tonnage auf die Straße zu bringen, sondern strukturelle Defizite zu beseitigen. "Erzielte Einsparungen von zehn bis 20 Prozent haben einen enormen Renditeeffekt trotz eines womöglich rückläufigen Umsatzes", betont Strika. Die Flottenchefs würden ihre Beschaffungskompetenz entsprechend weiterentwickeln, ist sich der Ari-Fleet-Chef sicher. "Es besteht kein Grund, teure Full-Service-Verträge abzuschließen, um in den Genuss von qualifizierten Dienstleistungen zu kommen", zeigt sich Strika überzeugt. Die Stunde der Vermieter? "Wir sehen bei unseren Kunden grundsätzlich eine steigende Unsicherheit bezüglich der Zukunftsaussichten, sei es durch die generelle Abkühlung der Weltwirtschaft, durch die zahlreichen politischen Baustellen oder die technologischen Unwägbarkeiten durch den Dieselskandal und seine Nachwirkungen", berichtet derweil Steffen Rump, Geschäftsführer des Lkw-Vermieters Fraikin. Diese Entwicklung sei nicht unbedingt gravierender ausgefallen als in der Vergangenheit, habe sich aber deutlich schneller vollzogen. "Was für uns jedoch nicht negativ ist, da Fraikin mit seinen Rental-Lösungen eine optimale Antwort auf die zahlreichen Zukunftsfragen unserer Kunden bietet", sagt Rump. In einem dynamischen Wettbewerbsumfeld nehme der Trend zu Full-Service-Mobilitätslösungen stetig zu. Auf der Verliererstraße sieht Rump dagegen traditionelle Beschaffungsformen. Schlägt nun also die Stunde der Vermieter? "Die Nachfrage nach Mietfahrzeugen ist nach wie vor sehr hoch. Derzeit sind keine Auswirkungen aufgrund einer schwächer werdenden Konjunktur zu verzeichnen", sagt Martin Kehnen, Leiter der Mercedes-Benz CharterWay Miete. Scania Rent Truck & Trailer berichtet ebenfalls von einer erhöhte Nachfrage, insbesondere seitdem Scania im Februar mit dem Image Award der VerkehrsRundschau ausgezeichnet wurde, wie Jörg Dillmann, Bereichsleiter Scania Rent, betont. Im Mietportfolio sei in diesem Jahr erstmalig die Marke von 2000 Lkw und Trailern geknackt worden. Kurzzeitmiete wird attraktiver EuroLeasing, der Rental-Arm von MAN Financial Services, berichtet insbesondere von einer spürbar gestiegenen Nachfrage nach flexiblen Optionen und Kurzzeitmiete, wobei die Größe des Fuhrparks zuletzt gleich geblieben ist. Auch die auf die Vermietung von MAN-Fahrzeugen spezialisierte BFS Business Fleet Services spürt laut Geschäftsführer Jan Plieninger keine Auswirkungen der rückläufigen Konjunkturdaten. Seiner Einschätzung nach habe die Lkw-Miete zuletzt zulasten von Leasing Anteile gewinnen können. Eine starke Auslastung meldet Schwarzmüller. Diese betrage in der internationalen Mietflotte 85 Prozent. Der österreichische Trailer-Spezialist hat derzeit 1360 verfügbare Fahrzeuge im Portfolio und will seinen neuen, deutschen Standort in Eltmann, Bayern, zum deutschen Zentrum für Mietfahrzeuge ausbauen. Die Vermietung sei für die Kundenorientierung der Schwarzmüller-Gruppe von hoher Bedeutung, betonte der CEO der Schwarzmüller Gruppe, Roland Hartwig, unlängst in einer Unternehmensmitteilung. Dank Trailermiete könnten nicht nur Leistungsspitzen abgedeckt, sondern auch neue Geschäftsfelder erschlossen werden. Davon profitierten vor allem kleinere Unternehmen. "Viele unserer Kunden gehören dieser Gruppe an. Mit einem Mietfahrzeug können sie andere Leistungen erbringen und zusätzlichen Umsatz erzielen", so Hartwig und verweist unter anderem auf Tiefkühl- oder Tiefladesattel. Verhaltener Jahresauftakt Aber nicht bei allen Vermietern bleibt die Nachfrage von der allgemeinen Unsicherheit im Markt unberührt. "Im Vergleich zum ersten Quartal 2018 verzeichnen wir einen leichten Rückgang in der Nachfrage nach Mietfahrzeugen. Das ist nach unserer Meinung der allgemeinen Unsicherheit im Markt geschuldet", sagt Oliver Bange, Geschäftsführer Zentral- und Osteuropa bei TIP Trailer Services. Generell sei es allerdings nicht unüblich, dass das erste Quartal eines Jahres schleppend anläuft, weiß Bange. Aufgrund der steigenden Ungewissheit, wie sich der Markt entwickeln wird, würden Verträge nicht mehr so langfristig abgeschlossen. Die Kunden bräuchten derzeit wieder vermehrt Flexibilität in Hinblick auf ihre Fahrzeugbeschaffung. "Deshalb sehen wir einen Trend hin zu mittelfristigen Fahrzeugbeschaffungen über Anmietung als Alternative zum Kauf oder der Finanzierung", sagt Bange. Grundsätzlich habe sich am Finanzierungsmix wenig geändert: "Je nach Auftragsvolumen und Vertragsdauer werden Fahrzeuge gekauft oder aber über Kurzzeit- oder Langzeitmiete angeschafft." "Im Februar und März ist die Nachfrage immer eher gering", bestätigt Frank Hoffmann, Geschäftsführer Multi-Truck-Center Rental, den Eindruck, den schon TIP-Mann Bange geäußert hat. Bei ziehenden Einheiten prognostiziert Hoffmann dennoch einen Trend zu Leasing und Miete. "Die Wiedervermarktung von Gebrauchten in diesem Bereich ist im Moment eher schwierig." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Leasing www.verkehrsrundschau.de/dossiers Finanzierungsformen Der Weg zum neuen LkwDie verschiedenen Möglichkeiten zur Lkw-Beschaffung mit ihren Vor- und Nachteilen:- Finanzierung/Kauf: Bei der klassischen Finanzierung ist der Kreditnehmer ab der ersten Rate Eigentümer des Fahrzeugs, mit allen dazugehörenden Freiheiten. Die klassische Finanzierung ist unterm Strich günstiger als Leasing, vor allem bei Rabatten der Hersteller. Zudem können stille Reserven gebildet werden.- Mietkauf: Hier ist der Kauf des gemieteten Fahrzeugs von Anfang an Teil der vertraglichen Vereinbarung. Das Finanzamt behandelt ihn steuerlich wie einen Kauf auf Kredit. Das Nutzfahrzeug wird von Anfang an bilanziert, genutzt und in Raten abbezahlt.- Teilamortisations-Leasing mit Andienungsrecht: Bei allen Formen des Leasings bleibt das Fahrzeug grundsätzlich über die gesamte Laufzeit Eigentum des Leasing-Gebers. Es erscheint beim Leasing-Nehmer ebenso wenig in der Bilanz wie die Verpflichtungen aus dem Leasing-Vertrag. Bei Teilamortisations-Verträgen wird zu Beginn der Laufzeit der voraussichtliche Wert des Fahrzeugs nach Vertragsende kalkuliert. Sollte es dann weniger wert sein, muss der Leasing-Nehmer die Differenz ausgleichen. Zudem hat der Leasing-Geber das Recht, dem Kunden das Fahrzeug zu dem noch nicht amortisierten Restwert zu überlassen (Andienungsrecht).- Kilometer-Leasing: Wie der Name schon sagt, wird bei Kilometerverträgen die Gesamtlaufleistung festgelegt. Bei dieser vor allem von den Leasingtöchtern der Hersteller angebotenen Variante sollte man im Vorfeld seine Kilometerleistung gut einschätzen können: Steht am Ende der Laufzeit mehr auf dem Tacho als geplant, wird eine Ausgleichszahlung fällig. Dafür entfällt das Restwertrisiko.- Full-Service-Leasing: Diese Kombination aus Leasing- und Full-Service-Vertrag beinhaltet zusätzlich Wartung, Reparaturen, Pannendienstnutzung und weitere Services und wird gern mit Kilometer-Leasing kombiniert.- Miete: Der Fuhrpark kann nach Bedarf ausoder abgebaut werden - ohne Kapitalbindung und mit relativ hoher Kostensicherheit. Um Reparatur- und Wartungsarbeiten, Versicherung, Gebühren, Steuern und vieles mehr kümmert sich der Vermieter. mh