In schwerer See

Das waren noch Zeiten: Bis zur Wirtschaftskrise 2009 waren die deutschen Reeder die Herren der sieben Weltmeere. Dank erfolgreicher Schiffsfonds und investitionsfreudiger Banken sammelten sie massenweise Geld ein und orderten Schiffe - das Wachstum der Welthandelsflotte basierte auf deutschem Kapital. Seitdem hat sich die maritime Welt geändert: Die jahrelange Talfahrt hat die Schiffsfonds nach dem KG-Modell schwer getroffen und die deutschen Banken üben nach hohen Wertberichtigungen äußerste Zurückhaltung bei neuen Schiffsfinanzierungen. Der Reederstudie 2014 der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zufolge hat sich auch die Investitionspolitik der deutschen Reeder gewandelt. Sie setzen auf Modernisierung statt auf bloße Expansion. Modernisieren statt Expandieren "Die deutsche Handelsschifffahrt steuert einen konsequenten Modernisierungskurs, um mit einer effizienteren Flotte und Logistik den extremen Margendruck abzufedern. Eine signifikante Erweiterung der Gesamtkapazität der Flotten steht aber angesichts der erwarteten anhaltend schwachen Marktentwicklung nicht auf der Agenda", bringt es Claus Brandt, Leiter des Kompetenzzentrums Maritime Wirtschaft bei PwC, auf den Punkt. Die Zahlen der Umfrage belegen dies. 64 Prozent der 104 befragten deutschen Reeder wollen in den kommenden zwölf Monaten Schiffe kaufen. Gleichzeitig haben sich 62 Prozent der Befragten im Jahr 2013 von Schiffen getrennt, 51 Prozent wollen das in den nächsten zwölf Monaten tun. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 hatten sich gerade mal 21 Prozent der Reeder von Schiffsraum getrennt. Die Modernisierung der Schiffsflotten verlangt den Reedern finanziell alles ab. Darin steckt ein Dilemma: Wer seine Flotten nicht modernisiert und in kosteneffizienteren Schiffsraum investiert, hat im harten Wettbewerb bereits mittelfristig kaum noch Chancen. Andererseits macht die derzeitige Marktsituation aus jedem Investment einen Kraftakt. Nur zwei von drei Reedern berichten in der Umfrage von einer vollen Auslastung der Flotte (2013: 71 Prozent). 60 Prozent (2013: 55 Prozent) gehen davon aus, dass sich die Schifffahrtsmärkte kurzfristig nicht erholen werden. Nur 32 Prozent (2013: 46 Prozent) erwarten für die kommenden zwölf Monate für die betreuten Schiffe wachsende Beschäftigung. Und nur 49 Prozent (2013: 55 Prozent) rechnen trotz des derzeit unauskömmlichen Niveaus mit steigenden Charterraten. Reeder kooperieren stärker Woher soll das Geld für Flottenmodernisierung also kommen? Diese Frage beschäftigt auch die Reeder. 79 Prozent erklären das Erschließen neuer Kapitalquellen zu einem wichtigen Ziel der kommenden zwölf Monate. Dabei müssen sie neue Wege gehen: Weil sich deutsche Investoren und Banken weiter zurückhalten, kommen internationale Geldgeber ins Spiel. 54 Prozent (2013: 41 Prozent) der befragten Reedereien planen für die kommenden zwölf Monate gemeinsame Projekte mit ausländischen Investoren. "Verlierer dieser Entwicklung könnten die kleinen und mittelgroßen Reedereien sein, die nur selten vom Radar der Finanzinvestoren und Fonds erfasst werden. Sie werden ihre Kräfte bündeln müssen, um von potenziellen Investoren wahrgenommen zu werden", sagt PwC-Experte Brandt. In der Praxis geschieht genau das: 51 Prozent der Befragten gaben an, einzelne Geschäftsbereiche mit denen anderer Schifffahrtsunternehmen zusammengelegt zu haben. 89 Prozent rechnen für das kommende Jahr mit "mehreren Fusionen". Die Internationalisierung der deutschen Reeder macht übrigens nicht bei der Investorensuche Halt. Auch die Auslagerung von Geschäftsbereichen ins Ausland ist ein Thema - sogar wenn die Vorteile der deutschen Tonnagesteuer dadurch entfallen sollten. Nur 54 Prozent der Reeder halten definitiv an Deutschland als Gesamtstandort fest. 23 Prozent haben zumindest einzelne Bereiche ausgelagert, 22 Prozent denken darüber nach. Gibt es auch gute Nachrichten in der Reederumfrage? Durchaus. Die meisten deutschen Reeder haben ihr Geschäftsmodell korrigiert. Maßnahmen des unmittelbaren Krisenmanagements (Auflegen von Schiffen, Kurzarbeit, Entlassungen) sind nur für eine kleine Minderheit ein Thema. Im Gegenteil: 50 Prozent der Reeder stellen wieder ein. Eine weitere gute Nachricht: 97 Prozent der investitionswilligen Reeder investieren in geringeren Kraftstoffverbrauch und damit in Ressourcenschonung. Zum Vergleich: 46 Prozent haben mit ihren Investitionen höhere Transportkapazitäten pro Schiff im Visier. Nur 23 Prozent wollen durch Automatisierung die Mannschaftsstärken weiter senken. Spediteure und Verlader wird es freuen, dass mit den neuen Schiffsgenerationen auch das Thema Digitalisierung in Schwung kommt. 93 Prozent der befragten Reeder sind der Meinung, dass in wenigen Jahren eine lückenlose Nachverfolgung von Sendungen auf dem Seewege der allgemeine Standard sein wird. Bisher sind die mangelhaften Angebote in diesem Bereich einer der Hauptgründe für die Intransparenz in den maritimen Logistikketten.

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