Hier schlummert noch viel Potenzial

Die Laderampe hat bei den Transportdienstleistern nicht den besten Ruf. Die Lkw-Fahrer müssen nicht nur lange warten, sondern bei der Entladung auch noch selber mit anpacken. Zudem herrscht ein mitunter rauer Umgangston. Und die Benutzung von Toiletten wird ihnen auch noch verwehrt. Sind das Einzelfälle? Beobachtungen, die aufgrund ihrer extremen Aussagen besonders häufig die Runde machen, aber eher nicht repräsentativ sind? Eine Untersuchung des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) bringt nun Licht in das Dunkel. Eine Erkenntnis: Die Wahrnehmung von Rampenbetreibern einerseits und den Lkw-Fahrern anderseits über die Situation an den Laderampen unterscheidet sich, zum Teil sogar stark. Lange Wartezeiten an den Rampen Ein Beispiel ist die Entwicklung der Wartezeit. Während fast jeder zweite Berufskraftfahrer (46,7 Prozent) die Erfahrung gemacht hat, dass sich die Wartezeiten an den Laderampen in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt verlängert haben, vertreten diese Auffassung nur 16,3 Prozent bei den Verladern. Aber der niedrige Wert bei den Verladern verwundert auch nicht weiter, denn wer gibt schon gerne zu, dass sich die Prozesse in seinem eigenen Unternehmen verschlechtert haben. Die Zahlen zeigen aber: Die Lage hat sich trotz vieler Bemühungen nicht verbessert, im Gegenteil. Vor dem Hintergrund des sich weiter verschärfenden Fahrermangels gibt es hier offensichtlich noch viel Potenzial, die knappe Ressource Fahrer effektiver zu nutzen. Ein Beispiel ist die Entladung der Lkw: ein permanenter Streitpunkt an der Ladestelle zwischen Fahrer und Rampenpersonal. Jeder fünfte Lkw-Fahrer gibt an, dass er sein Fahrzeug immer selbst entladen muss. Immerhin noch 37,9 Prozent tun dies häufig. Nur 9,1 Prozent der Fahrer müssen nicht selbst Hand anlegen, damit der Frachtraum geleert wird. Auch in dieser Frage ist die Wahrnehmung der Rampenbetreiber eine andere: 40,2 Prozent gaben an, dass die Fahrer an ihren Rampen ihr Fahrzeug niemals selbst entladen müssen. Aber: In 27,6 Prozent der Fälle obliegt diese Tätigkeit den Fahrern, so das Credo unter den Warenempfängern in der Studie. Doch dass so viele Fahrer selbst entladen, kann man nicht ausschließlich den Verladern ankreiden. Denn 64,9 Prozent der Fahrer wissen nicht immer, ob die Zuständigkeit für die Entladung vertraglich geregelt ist. Das Personal der Rampenbetreiber ist zwar etwas besser informiert, aber mit 31,8 Prozent, die ebenfalls nicht immer Kenntnis davon haben, wer nun die Entladung vornehmen müsse, ist auch auf dieser Seite das Tal der Ahnungslosen groß. Die Ursache dafür dürfte sein, dass der Auftraggeber des Transports häufig nicht der Empfänger der Ware ist, sondern der Verkäufer. Das sollte aber kein Grund sein, die Beteiligten an der Laderampe nicht besser mit Informationen zu versorgen. Zeitfenstermanagement weit verbreitet Als eine Möglichkeit, die Wartezeiten für die Fahrer zu verringern, gilt der Einsatz elektronischer Systeme wie Zeitfenstermanagementsysteme oder Avisierungsverfahren. Immerhin die Hälfte der insgesamt 87 vom BAG befragten Rampenbetreiber setzt bereits Zeitfenstermanagementsysteme ein. Weitere sechs Prozent planen deren Einführung in den nächsten zwölf Monaten. Entsprechend geben 53,4 Prozent der insgesamt 778 befragten Fahrer an, häufig oder immer mit Zeitfenstermanagementsystemen in Berührung zu kommen. Dass eine deutliche Mehrheit der Rampenbetreiber (83,5 Prozent) die Zeitfenstermanagementsysteme eher positiv oder als sehr positiv bewerten, überrascht nicht. Aber auch unter den Fahrern stimmen 56,6 Prozent mit dieser Einschätzung überein. Allerdings: Immerhin 33,6 Prozent sehen diese Systeme eher negativ, jeder Zehnte schätzt sie sogar als sehr negativ ein. Da gibt es also viele Befürworter, aber auch viele Gegner solcher Systeme. Längst nicht so verbreitet wie Zeitfenstermanagementsysteme sind Avisierungsverfahren, die den Warenempfängern automatisch die voraussichtliche Ankunftszeit der Lkw ankündigt. 23,8 Prozent der Rampenbetreiber erhalten eine solche Information nie, 35,7 Prozent nur selten. Zur Kommunikation werden immer noch hauptsächlich Telefon oder E-Mail genannt. Diese Zahlen zeigen, dass sowohl bei den Zeitfenstermanagementsystemen wie auch bei den Avisierungsverfahren noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Bei den Verbesserungsmaßnahmen führten die Fahrer daher neben einer Ausweitung von Lager-, Rampen- und Personalkapazitäten und der Ausweitung der Rampenöffnungszeiten auch die Einhaltung der vereinbarten Zeitfenster an. Was die sozialen Aspekte betrifft, ist der Umgang mit den Fahrern offenbar besser, als manchmal aus dem Transportgewerbe zu hören ist. So sagen 82,2 Prozent der Rampenbetreiber, dass die Fahrer immer Zugang zu den Sanitärräumen haben, und weitere 8,2 Prozent, dass dies häufig gewährleistet ist. Auch der persönliche Umgang an den Rampen "wird sowohl von den Betreibern als auch den Fahrern im Großen und Ganzen überwiegend als positiv empfunden", heißt es in der Studie. Allerdings gilt auch hier: Die Rampenbetreiber bewerten den Umgang besser als die Fahrer. Und dass immerhin 8,5 Prozent der Fahrer den Umgang "als sehr negativ" wahrnehmen, zeigt, dass hier auch noch einiges im Argen liegt. Vor allem unter den jüngeren Fahrern unter 35 Jahre ist der Anteil derjenigen, die die Umgangsformen als negativ wahrnehmen, höher. Die Einschätzung des BAG dazu ist eindeutig und als Mahnung zu verstehen: Das "erscheint im Hinblick auf die Nachwuchsgewinnung und -bindung an das Gewerbe kritisch". Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Rampen www.verkehrsrundschau.de/dossiers Statement Oberstes Gebot: präzise Regelung der Abläufe an der Laderampe Die Situation an der Laderampe - sei es beim Handel, Dienstleister oder Kunden - ist für die Logistik, aber auch für das Image der Branche essenziell. Die Ergebnisse des neuen BAG-Berichts zeigen, dass sich die allgemeine Situation an der Rampe zwar verbessert hat, die Wartezeiten jedoch weiterhin deutlich zu lang sind. Unklare Zuständigkeiten bei der Entladung, Fehlkommunikation, Verständigungsschwierigkeiten wegen Sprachbarrieren, verpasste Zeitfenster oder das leidige Thema Palettentausch - alles Faktoren, die die Wartezeit deutlich erhöhen können. Oberstes Gebot ist es daher, für eine möglichst präzise Regelung der Handlungsabläufe zu sorgen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung sollten dabei genutzt werden, zum Beispiel flexible Zeitfenster, die verkehrsbedingte Verzögerungen berücksichtigen. Ein flächendeckender Breitbandausbau ist zu störungsfreier Nutzung zwingend notwendig. Hier hat die Bundesregierung gerade in der Fläche deutlichen Nachholbedarf.Positiv ist laut der BAG-Studie die Entwicklung hinsichtlich der Sozialbedingungen. Auf diesem Feld hat sich etwas getan, auch wenn es hier sicherlich noch weiteren Optimierungsbedarf gibt. Dies ist gerade im Hinblick auf das Image des Berufsbildes Logistik von zentraler Bedeutung und wird in den kommenden Jahren mit steigendem Fachkräftemangel an Relevanz gewinnen.Der BWVL vertritt die Interessen von rund 1200 Unternehmen aller Größenordnungen aus Industrie und Handel in puncto Transport und Logistik. Mehr unter: www.bwvl.deLea Metzler, Referentin im Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL)

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