Rotterdam. Nach dem Ende des Lotsenstreiks in den belgischen Häfen in der vergangenen Woche kehrt jetzt auch im Rotterdamer Hafen wieder Ruhe ein. Der seit längerem schwelende Arbeitskonflikt beim Terminalbetreiber APM (Maasvlakte I) ist beigelegt, nachdem sich Terminalleitung und Gewerkschaften in einem wahren Verhandlungsmarathon auf einen neuen Tarifvertrag für die rund 800 Mitarbeiter verständigten. Der neue Kontrakt hat eine Laufzeit von 27 Monaten und endet am 31. Dezember 2013.
Für das Terminal-Management stellt das erzielte Ergebnis das „Äußerste des Möglichen“ dar. Deshalb knüpft sie auch hohe Erwartungen an die Mitarbeiter für das gezeigte, umfassende Entgegenkommen. Es gelte, die Terminalproduktivitiät in den kommenden Jahren weiter zu steigern, um auch damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Anlage zu erhalten und zu stärken.
Der neue Tarifvertrag ist hinsichtlich seines Inhaltes sehr komplex. Er sieht zum einen reine Lohn- und Gehaltskomponenten vor. Rückwirkend zum 1. Januar 2012 gibt es ein Lohnplus von 2,33 Prozent, zum 1 .Januar kommenden Jahres kommen nochmals 2,75 Prozent dazu. Zudem bekommt jeder Mitarbeiter für die beiden Jahre jeweils eine einmalige Sonderzahlung von 1250 Euro.
Auch bei der Lebensarbeitszeit, die in den Niederlanden – wie auch in anderen Staaten der EU – vor dem Hintergrund des demografischen Wandels heraufgesetzt wird, konnten sich die Vertragsparteien auf eine betriebsinterne Lösung einigen. Dagegen hatte sich die Terminalleitung lange gesträubt, während es für die Gewerkschaften ein absolutes Muss war. Eine entsprechende Sonderregelung, bei es auch um finanzielle Aspekte geht, soll zum 1. Januar 2014 in Kraft treten.
Angst vor hafeninternen Überkapazitäten
Einen Punktsieg konnten die Gewerkschaften auch beim Thema „Arbeitsplatzgarantie“ erzielen. Das Unternehmen gibt dieses Versprechen für den heutigen Mitarbeiterstamm bis zum Jahr 2016. Die Forderung der Gewerkschaften hat einen aktuellen Hintergrund: Seit Sommer 2011 wird im Rotterdamer Hafen intensiv über die Gefahr von Überkapazitäten beim Containerumschlag im größten europäischen Seehafen diskutiert.
Der Marktführer ECT hatte diese Diskussion losgetreten und ficht darüber sogar mit dem Hafenbetrieb Rotterdam (HbR) einen Rechtsstreit aus. ECT erwartet, dass durch die neuen, auf der Maasvlakte II (MV II) entstehenden Containerterminals ein enormer Druck auf die „alten“ Anlagen im nachgeordneten Hafenbereich entstehen, der sich unter anderem in einem hafeninternen Preisverfall äußern könnte. Zudem entsteht Wettbewerbsdruck auch außerhalb von Rotterdam, da in den kommenden Jahren in verschiedenen Häfen der Hamburg-Le-Havre-Range neue Terminals ans Netz gehen.
Der Arbeitskonflikt bei APM führte in den vergangenen Wochen wiederholt zur kurzfristigen Verlagerung von Schiffsanläufen in andere Häfen. Auch Maersk-Lines, die ja ebenfalls zum AP Møller-Konzern gehört, war davon betroffen. Die Hafenwirtschaft hatte wiederholt an Terminalleitung und Gewerkschaft appelliert, endlich Arbeitsfrieden einkehren zu lassen, um den guten Ruf Rotterdams nicht aufs Spiel zu setzen. (eha)