Häfen setzen auf Bahn und Binnenschiff

Der Westen Deutschlands ist dem Hafen Rotterdam nicht genug. Das lässt sich an den Aktivitäten des Hafens ablesen. Ziel ist es, den Süden Deutschlands stärker an den Hafen anzubinden. Ein Beispiel für das Engagement ist das Projekt Bayrolo: eine länderübergreifende Initiative, die gemeinsam vom Hafen Rotterdam und der Bayernhafen Gruppe ins Leben gerufen wurde. Ziel dieses Projektes ist es, mehr Verkehre von der Straße auf die Schiene und das Binnenschiff zu verlagern. Bayrolo versteht sich dabei als eine Plattform, die die Akteure bei der Verlagerung unterstützt. Doch zunächst stellt sich die Frage, ob es dafür überhaupt einen Bedarf gibt, und wenn ja, was die Akteure davon abhält, Bahn oder Binnenschiff zu nutzen. Um auf diese Fragen Antworten zu finden, hat Bayrolo eine Studie in Auftrag gegeben. Dazu wurden die bestehenden Verkehrsrelationen analysiert und über 70 Spediteure, Reedereien, Verlader zu ihrem Nutzungsverhalten und ihren Erwartungen befragt. Spediteure wünschen sich Alternativen "Ein zentrales Ergebnis ist: Die Unternehmen wünschen sich eine Alternative zu der Verbindung in die norddeutschen Seehäfen", sagt Professor Christoph Tripp von der Technischen Hochschule Nürnberg, der die Studie im Auftrag von Bayrolo durchgeführt hat. Er sieht dieses Resultat keineswegs als selbstverständlich an: "Es hätte ja auch sein können, dass die Unternehmen mit den bestehenden Verbindungen zufrieden sind und es keinen Bedarf gibt." "Für einen Dienstleister ist es natürlich immer gut, wenn er zwischen mehreren Alternativen wählen kann", sagt Alexander Ochs vom Bayernhafen. Aber geht es bei den befragten Unternehmen über Absichtsbekundungen hinaus? Immerhin, die Zahl der Shuttles wächst. 2012 fuhr der erste Direktzug zwischen Nürnberg und Rotterdam, betrieben von der Bahn TX Logistik und European Gateway Services (EGS), einer Tochter des Terminalbetreibers ECT. Mittlerweile ist das Angebot auf dieser Relation auf fünf Mal die Woche erweitert worden, vier davon fahren weiter nach München. "Außerdem gibt es eine Containerverbindung über das Binnenschiff von Aschaffenburg über Mainz nach Rotterdam", sagt Peter ten Broek, Business Manager Rail Incubator vom Port of Rotterdam. Und er erwähnt die Verbindung zwischen Burghausen und Rotterdam über Köln, auf der seit Oktober dreimal pro Woche ein Zug im Kombinierten Verkehr (KV) fährt. Der Hafen Rotterdam strebt auch deshalb eine Verlagerung an, weil mit dem Ausbau des Hafens die Kapazität steigt und die neuen Terminals für mehr Mengen im Hinterlandverkehr sorgen sollen. Zum anderen hat der Hafen mit den Terminalbetreibern eine Vereinbarung getroffen: Demnach sollen im Hinterlandverkehr 2030 45 Prozent der Container per Binnenschiff (2005: 31 Prozent), 20 Prozent per Bahn (2005: 10 Prozent) und der Rest per Lkw befördert werden. Besonders wichtig ist die Frequenz Da ist für den Hafen eine der Kernaussagen der Studie eine gute Nachricht: Denn auf der Route wird noch Potenzial gesehen für den KV. "Es wäre jetzt jedoch nicht seriös, dieses Potential in Tonnen oder Einheiten zu beziffern", sagt Tripp. Dazu seien die Aussagen nicht konkret genug. Es gibt aber auch einen starken Wettbewerb zu den norddeutschen Seehäfen. "Ein Resultat der Studie war, dass viele Unternehmen aus Gewohnheit die Bahn nach Hamburg und Bremen nutzen, über die Möglichkeiten nach Rotterdam aber keine oder wenig Informationen hatten", sagt Ochs. Die Konsequenz: Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die Maßnahmen erarbeiten soll, die Route bekannter zu machen. Eine weitere befasst sich mit den Optimierungsmöglichkeiten auf der Route. "Wichtig für die Unternehmen ist eine hohe Frequenz der Verbindungen, um flexibel zu sein. Da sind die norddeutschen Häfen mit mehreren Abfahrten täglich natürlich im Vorteil", sagt Ochs. Die bereits vollzogene Erhöhung der Frequenz auf der Route nach Rotterdam sei daher von großer Bedeutung für die Akzeptanz im Markt gewesen. Mehr Züge: Das ist natürlich auch das Bestreben des Hafens Rotterdam. Allard Castelein, Geschäftsführer des Port of Rotterdam, hat ehrgeizige Pläne: "Wir verfolgen das Ziel, jedes Jahr zwei neue Shuttles nach Süddeutschland einzurichten." Marilyne van Hoey Smith, die das Produkt von EGS in München betreut, unterstützt die Idee, ist aber zugleich kritisch. Sie weiß, dass die häufigen Abfahrten in die norddeutschen Seehäfen ein Vorteil sind. "Unser erstes Ziel ist, die heutige Zugverbindung von und nach Nürnberg und München weiter auszubauen und zu optimieren", sagt van Hoey Smith. Zudem versucht EGS mit anderen Argumenten zu punkten. Zum Beispiel mit dem sogenannten Extended-Gate-Konzept, das seit Kurzem für Nürnberg gilt: Dabei gibt es für die Kunden die Möglichkeit, Container ohne Dokumente von Rotterdam nach Nürnberg zu transportieren. Erst dort braucht der Kunde ein sogenanntes "T1 Dokument". Vorteil ist nicht nur eine Kosteneinsparung, sondern auch eine reibungslose Abfertigung der Container. "Zudem wollen wir weitere Verbindungen aufbauen, wobei wir auch in Österreich sehr aktiv sind", wirft van Hoey Smith einen Blick über Bayern hinaus. Ein Beleg dafür, dass dem Hafen Rotterdam auch Süddeutschland offensichtlich nicht genug ist. Mehr finden Sie im Dossier Kombinierter Verkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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