Gute Auftragslage in der Neumöbelspedition

Davon können viele Unternehmen im Transportgeschäft nur träumen: Zuwachsraten von jährlich zehn Prozent. Aber so etwas gibt es: Denn das Neumöbellogistikgeschäft in Deutschland boomt. "In den letzten drei Jahren hatten wir ein Marktwachstum von jährlich zehn Prozent", sagte Johannes Röhr, Vizepräsident der Amö (Bundesverband Möbelspedition und Logistik) und Geschäftsführer der Neumöbelspedition Anton Röhr. Als Grund gab er während der Messe Möbellogistik letzte Woche in Kassel zum einen an, dass die Zinsen derzeit niedrig sind und daher die Konsumneigung in Deutschland hoch ist. "Das führt dazu, dass auch mehr Möbel gekauft werden", so der Unternehmer. Sofern die allgemeine konjunkturelle Situation so bleibt, geht er davon aus, dass das Wachstum anhält. Zunehmend Möbel aus dem Ausland Als weiteren Treiber sieht er den zunehmenden Anteil der im Ausland produzierten Möbel an. "Davon profitieren die Möbellogistiker in Deutschland", sagte Röhr. So würden die hiesigen Dienstleister die Distribution für aus Übersee importierte Möbel übernehmen. Aber auch am Transport und an der Lagerung von Möbeln aus Osteuropa seien deutsche Unternehmen beteiligt. "Der Möbelhandel hat die Marktmacht und bestimmt die Auslieferung. Häufig besteht der Handel auf Belieferung mit deutschen Fahrern", sagte Röhr. Das würde großen Neumöbelspeditionen, aber auch kleineren Regionalspediteuren in die Karten spielen, die die regionale Auslieferung übernehmen könnten. Kritik äußerte Amö-Verbandschef Gert Hebert an dem seit Jahresbeginn geltenden Mindestlohngesetz (MiLoG). "Das ist ein ausgesprochen mangelhaftes Gesetz", bemängelte der Verbandspräsident. So sei unklar, wie die Bereitschaftszeiten von (Bei-)Fahrern zu entlohnen sei. Trotz mehrfacher Anschreiben an das Bundessozialministerium habe es keine Klarheit gegeben. Tenor der Antworten aus dem Hause von SPD-Ministerin Andrea Nahles sei gewesen, dass die Gerichte entscheiden sollen, wie das Gesetz auszulegen sei, so Dierk Hochgesang, Geschäftsführer der Amö. Amö hofft auf Klagen gegen das MiLoG "So paradox das klingen mag: Wir hoffen jetzt, dass ein Arbeitnehmer gegen einen Unternehmer klagt, damit wir endlich Klarheit bekommen", ergänzte Hochgesang. Dass ein Unternehmer gegen eine vom Zoll verhängte Strafe wegen des Verstoßes gegen das MiLoG klagt, hält er für wenig wahrscheinlich. "Diesen Weg über mehrere Instanzen werden die wenigsten Unternehmen gehen wollen." Neben der Unsicherheit auch zur Auftraggeberhaftung kritisierten Hebert und Röhr den Mehraufwand, der mit dem MiLoG verbunden sei. Zudem seien weitere Kostensteigerungen zu verkraften für Personal oder für die Anschaffung umweltfreundlicher Lkw mit Euro-6-Motoren. Hebert schätzte den Kostenanstieg in der Umzugsspedition auf fünf bis sieben Prozent, Röhr den für die Möbelspedition auf vier bis fünf Prozent. In den Preisgesprächen mit ihren Kunden müssten diese Mehrausgaben zum Thema gemacht werden. Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum die Personalkosten steigen, wie Unternehmensberater Jürgen Kirchner im Rahmen des Mölo-Seminarprogrammes aufzeigte. "Sie sollten damit rechnen, dass Sie ihre Leute besser bezahlen müssen", sagte Kirchner mit Blick auf den bereits spürbaren Mangel an Fachkräften. Kirchner warb zudem um eine Qualifizierungsoffensive, um die Mitarbeiter in Sachen IT, Betriebswirtschaft, Fremdsprachen und Qualitätsmanagement voranzubringen. Deutliche Kostensteigerungen 2015 Kirchner ging auch auf die Branchentrends ein: Er rechnet für die kommenden Jahre mit einer Entwicklung hin zu größeren Betrieben und damit einhergehend mit einer Konsolidierung der Branche. Von derzeit 1200 Firmen könnten nach Kirchners Meinung etwa 700 übrig bleiben. Ein weiterer Trend: Das mittlere Preissegment in der Umzugsspedition schrumpft, während sowohl das Billig- als auch das Premiumsegment wachsen. Für das Jahr 2020 rechnet Kirchner mit 40 Prozent Marktanteil für das Premiumsegment (heute: 38 Prozent), 50 Prozent für das Billigsegment (heute 47 Prozent) und nur noch 10 Prozent (heute 15 Prozent) für das mittlere Segment. Auch Kirchner sieht derzeit deutliche Kostensteigerungen im Markt - unter anderem bei den Anschaffungskosten für Fahrzeuge und bei den Personalkosten. "Im Osten Deutschlands steigt die Lohnsumme bedingt durch den Mindestlohn um 11 bis 14 Prozent", sagte Kirchner. In anderen Gebieten müssten die Unternehmen mehr bezahlen, um gute Mitarbeiter zu halten. Widersinniges Mautgesetz Amö-Präsident Hebert übte in seinem Rechenschaftsbericht auf der Amö-Jahrestagung auch Kritik am Mautgesetz, das ab 1. Oktober in Kraft tritt. Es sei widersinnig, wenn ausgerechnet für fünfachsige Fahrzeuge die Maut überproportional verteuert werde, während die Abgabe für Vierachser, die die Straßen deutlich stärker beanspruchen, im Vergleich zu den alten Mautsätzen billiger werde. Rückendeckung erhielt Hebert vom Logistikexperten Professor Alexander Eisenkopf: Die Privilegierung von Vierachsern sei völlig kontraproduktiv - sie würden durch die höheren Achslasten um 40 Prozent mehr Schaden an den Straßen anrichten als die Fünfachser. Messe Möbellogistik 1285 Besucher auf der MöLo Auf der Messe Möbellogistik (MöLo) 2015 wetteiferten vor allem Aufbauhersteller, IT- und Zubehöranbieter sowie Umzugsunternehmen um die Aufmerksamkeit der 1285 Messebesucher. Das ist ein Minus von 8,9 Prozent im Vergleich zur letzten Messe im Jahr 2013. Insgesamt präsentierten sich 41 Aussteller (-12,8%) in Kassel. Das größte Interesse erregte eine Lösung der Fahrzeugbau Eggers: Ein zu einer Sattelzugmaschine umgebauter Sprinter, der nach Angaben von Firmenchef Reinhard Eggers mit einem Führerschein der Klasse BE (Pkw mit Anhänger) gefahren werden darf (siehe Foto links). Bis zu 3 Tonnen Nutzlast bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 7 Tonnen können damit bewegt werden. Die Messebesucher waren von dem Gefährt so beeindruckt, dass sie es auf Platz eins des Mölo-Awards wählten, um dem sich sechs Aussteller beworben hatten. hel

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