Berlin/Hamburg. Die Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) hat die Europäische Union (EU) aufgefordert, ihre Leitlinien für die Seeschifffahrt zu überarbeiten. Nach dem Willen der Gewerkschaft sollten für alle Schiffe, die durch Tonnagesteuer und andere Finanzinstrumente subventioniert werden, Mindestbesetzungsvorschriften mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen für EU-Seeleute eingeführt werden.
Hintergrund der Forderung sei, dass mit Beginn des Maritimen Bündnisses vereinbart worden war, mindestens 300 Schiffe unter deutscher Flagge zu halten. Diese Anzahl wurde durch Vereinbarung auf 500 gesteigert und unter der Maßgabe wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sogar auf 600 festgelegt, so dass im Jahr 2008 mehr als 500 Schiffe unter deutscher Flagge fuhren. Damit verbunden hatten sich die Auszubildenden-Zahlen mehr als verdoppelt und die Zahlen deutscher und EU-Seeleute waren angestiegen.
In weniger als vier Jahren sei die Anzahl von Schiffen unter deutscher Flagge seit 2009 um 300 Schiffe zurückgegangen, bemängelt die Gewerkschaft. Die Flucht aus der deutschen Flagge habe zu einem gravierenden Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für deutsche und EU-Seeleute geführt. Immer mehr Reeder brächten ihre Schiffe unter andere EU-Flaggen, die keine Besetzungs- und Bemannungsvorschriften haben. Damit wird eine Vorgabe der Leitlinien ausgehebelt und maritimes Know-how gehe verloren.
Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle sieht dringenden Handlungsbedarf. Die Europäische Kommission müsse sich die Frage stellen, was es der EU und Deutschland nutze, wenn Schiffe in Asien gebaut, mit Seeleuten aus aller Welt besetzt werden und deutsche Reeder trotzdem finanzielle Vorteile in Form der Tonnagesteuer, Lohnkosten- und Ausbildungsbeihilfen erhielten. Das widerspreche dem Geist und den Zielen der EU-Leitlinien.
Im Jahr 2013 gehörten laut dem Verband Deutscher Reeder (VDR) 3671 Handelsschiffe zur deutschen Flotte. 448 Schiffe fuhren unter deutscher Flagge. (diwi)