Betriebliche Krankenversicherung: Mitarbeiterbindung und Gesundheitsförderung

Mehr als 22.300 Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern laut Zahlen vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) von Ende 2022 eine betriebliche Kranken- oder Pflegeversicherung. Ende 2023 führte der Verband zudem eine Umfrage durch, nach der gut 63 Prozent der Befragten eine betriebliche Krankenversicherung (BKV) als Zusatzleistung bei ihrem Arbeitgeber als positiv empfinden würden. Diese wird als wertvoller angesehen als ein Diensthandy oder Tickets für den Nahverkehr. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Umfrage aus dem gleichen Jahr vom Versicherer Arag. Auch hier sehen die Befragten die BKV als attraktiver an als Dienstwagen oder Handy. Den Arbeitnehmern sind laut der Studie Benefits im Bereich finanzielle Anreize, flexibles Arbeiten und betriebliche Altersvorsorge am wichtigsten. Gesundheitliche Benefits liegen im Mittelfeld. Eine Art der Zusatzversicherung Die BKV ist eine Gruppenversicherung, die Unternehmen ihren Mitarbeitern anbieten können. Dabei ist der Arbeitgeber der Versicherungsnehmer und der Mitarbeiter die versicherte Person, die die Leistungen erhält. Ansonsten ist sie vergleichbar mit einer privaten Krankenzusatzversicherung, etwa für Zahnersatz oder Ähnliches. Meist übernimmt der Arbeitgeber die Beiträge. Es gibt aber auch Modelle, in der nur eine Teilfinanzierung stattfindet oder der Arbeitgeber die Gruppenversicherung abschließt, die Arbeitnehmer aber die Beiträge insgesamt selbst zahlen - zu im Vergleich mit einer privaten Krankenzusatzversicherung vergünstigten Konditionen. Mitarbeiterbindung und -fitness "Eine betriebliche Krankenversicherung ist in erster Linie auch ein Mittel im Wettbewerb um Fachkräfte. Bei Unternehmen, mit denen wir sprechen und die eine BKV anbieten, kommt das in der Belegschaft gut an und wird dankend angenommen", so Jens Wegner vom PKV-Verband zu Vorteilen für Arbeitgeber. Gewisse Leistungen wie ein Einzelzimmer im Krankenhaus könnten dazu beitragen, dass Beschäftigte schneller wieder genesen. "Tendenziell kann es so auch dabei helfen, Fehlzeiten zu reduzieren." Stefan Huhn, Vorstand der R+V Krankenversicherung, sieht ähnliche Vorteile: "Eine betriebliche Krankenversicherung ist für Arbeitgeber ein hervorragendes Mittel, neue Mitarbeitende zu finden, Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden und fit zu halten." Das Unternehmen ist ein Versicherer, der auch sogenannte Assistance-Leistungen anbietet. Das können zusätzliche Services sein, wie eine Telefonhotline, über die binnen kurzer Zeit Facharzttermine oder Termine für eine Zweitmeinung besorgt werden. Möglich wären auch eine medizinische Beratung via Telefon oder digitale Angebote mit Kursen oder Ratgebern. Manche Versicherer bieten einen Betreuungsservice, sollte die Kinderbetreuung ausfallen, andere Unterstützung im Pflegefall eines Familienangehörigen. "Die Mitarbeiter kommen schneller zur Arbeit zurück, auch aufgrund der Assistance-Leistungen. Und für das Unternehmen vereinfacht sich nicht nur die Mitarbeiterfindung, es hat zufriedeneres Personal, das mehr Netto im Geldbeutel hat", erläutert Achim Schneider, Leiter Vorsorgemanagement bei der Schunck Group, einem Versicherungsmakler. Umfrage zu Gründen Was spricht sonst noch für oder gegen eine BKV? Die Arag hat in ihrer Umfrage dazu Arbeitgeber befragt, von denen die Hälfte mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigt. 88 Prozent dieser Betriebe sind der Meinung, dass sich der Aufwand einer Einführung gelohnt hat. Mehr als die Hälfte sieht starke Verbesserungen bei der Produktivität ihrer Angestellten, allem voran bei der Arbeitsmotivation. Eine Entscheidung gegen eine BKV habe zahlreiche sich überlagernde Gründe: Aufwand, Kosten, Zweifel an der Wirksamkeit, keine Passung zum Betrieb. Zwölf Prozent der Betriebe, die sich gegen das Thema entschieden haben, können sich laut Umfrage vorstellen, später noch einmal darauf zurückzukommen. Keine Gesundheitsprüfung Für die Arbeitnehmer liegt der Vorteil einer BKV auch darin, dass die Versicherer in der Regel auf eine Gesundheitsprüfung verzichten und man so trotz Vorerkrankungen einen Schutz erhält, nennt Schneider ein Beispiel. Viele Versicherer böten auch an, Familienangehörige zu günstigen Konditionen ohne Gesundheitsprüfung mitzuversichern. Wegner von der PKV sieht ähnliche Vorteile. "In den meisten Fällen gibt es keine Risikoprüfung. Auch das Alter spielt dann keine Rolle. Denn das Risiko einer individuellen Erkrankung ist für den Versicherer aufgrund der Gruppenversicherung breit gestreut." Die Tarifgestaltung obliege allerdings den Versicherungsunternehmen. Diese müssten abwägen, wann die Gruppe groß genug ist, um die günstigeren Konditionen einer Gruppenversicherung auch im konkreten Fall anbieten zu können. Wahl verschiedener Tarifmodelle Eine BKV haben zahlreiche private Versicherer im Programm, darunter Allianz, Arag, Axa, Barmenia, Gothaer, Hallesche, Hanse Merkur, R+V oder SDK. Dabei gibt es verschiedene Modelle: Bausteintarife, Budgettarife oder eine Kombination aus Budgettarif mit einem oder mehreren Leistungsbausteinen. Manche Versicherer bieten alle Modelle an, manche nur eines. Der Arbeitgeber kann etwa im ersten Fall aus verschiedenen Bausteinen wie Zahnzusatzversicherung, Auslandsreise-Krankenversicherung oder Wahlleistungen im Krankenhaus auswählen und entscheiden, welche und wie viele Bausteine er für seinen Betrieb anbieten möchte. Für jeden der festgelegten Bausteine wird ein bestimmter Beitrag fällig. Bei einem Budgettarif hat der Mitarbeiter ein festes jährliches Budget, das er für verschiedene, vorher ebenfalls vom Arbeitgeber festgelegte Leistungen einsetzen kann - allerdings je nach Bedarf. Das können etwa Brille, Zahnersatz, Arzneimittel oder Vorsorgeuntersuchungen sein. "Entscheiden Sie sich als Betrieb für diese Lösung, müssen Sie im Vorfeld nicht überlegen, ob etwa eine Versicherung Zahnzusatz oder Wahlleistung Unterkunft eher etwas für Ihre Belegschaft ist", erklärt Wegner. Außerdem bestünde die Möglichkeit, innerhalb des Personals zu staffeln und einen Baustein etwa für Mitarbeiter in Führungsverantwortung mit hinzuzunehmen. Gegebenenfalls gibt es je nach Aufgabenbereich andere Bedürfnisse. Dabei sind aber die Grundsätze des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten. "Es gibt eine große Variation an Möglichkeiten und an flexiblen Lösungen", betont der Experte vom PKV-Verband weiter. Je größer der Betrieb ist, desto individueller zugeschnitten könne das Angebot sein. BKV auch für wenige Mitarbeiter Eine BKV kann aber durchaus auch etwas für kleine Betriebe sein, auch für sehr kleine. Das ist möglich, weil manche Versicherer mehrere Unternehmen in einem Risikopool zusammenfassen und diese dann quasi als Gruppe versichern, erläutert Wegner. "Es kann in diesem Fall aber sein, dass die Tarif- oder Leistungsauswahl nicht so frei gestaltbar ist oder es feste Standard-Bausteine gibt, die für alle Betriebe gelten." "Prinzipiell könnte ein Unternehmen auch ab einem Mitarbeiter etwas machen", ergänzt Schneider. "Wir bieten Budgetmodelle ab fünf Personen an. Bei den Bausteintarifen brauchen Sie in der Regel zehn Mitarbeiter beziehungsweise 90 Prozent der Belegschaft für einen Abschluss." Über Gruppenbildung und Gespräche auch mit dem Versicherer und einer anderen Gestaltung sei hier aber grundsätzlich auch etwas anderes bei einem Abschluss möglich. Gründliche Beratung wichtig Momentan spüre man eine deutliche Zunahme des Interesses bei den Unternehmen, so Schneider. Dazu hätten auch die Budgetmodelle, die es seit 2019 auf dem Markt gibt, beigetragen. "Mittlerweile ist unser Vorgehen, dass wir möglichst Budgetmodelle anbieten, ergänzt um sonstige Tarife wie Zahnersatz", berichtet Schneider aus seiner Praxis. Vorteilhaft daran sei, dass der Benefit für Mitarbeiter sofort erlebbar ist, die Anwendung im Alltag einfach und schnell verständlich. "Das ist das Positive der Budgetmodelle, dass hier jeder Mitarbeiter etwas findet, das zu ihm passt." Am meisten werden bei den Unternehmen dabei nach seiner Erfahrung Zuzahlungen zu Arzneimitteln genutzt. Über eine BKV als Benefit für die Mitarbeiter nachzudenken, lohne sich immer, sagt Wegner. "Aber natürlich hängt es stark vom jeweiligen Unternehmen, der Mitarbeiterstruktur, der Anzahl der Angestellten und der Branche ab." Wenn Arbeitgeber sich für eine betriebliche Krankenversicherung entscheiden, würde der Verband immer empfehlen, sich gründlich vom jeweiligen Versicherer zu den genauen Konditionen beraten zu lassen. "Dann lässt sich entscheiden, ob das für einen konkret das Richtige ist oder eben nicht." Was das Unternehmen konkret benötige und was für es am besten sei, müsse im Gespräch zwischen dem Unternehmen und der jeweiligen Versicherung genau abgeklopft werden. Worauf zu achten ist "Bei der Auswahl des Anbieters sollte darauf geachtet werden, wie stabil dessen Beiträge in der Vergangenheit waren", nennt Schneider einen Punkt, der mit in die Überlegungen einbegezogen werden sollte. Makler nutzen dafür eine Software. Zudem solle man sich die Erfahrung des Anbieters im Bereich BKV anschauen. Wichtig ist auch abzuklären, ob die Tarife und Leistungen des Versicherers zu den Vorstellungen des Arbeitgebers passen: Was ihm an Leistungen wichtig ist für seine Belegschaft und was diese eigentlich benötigt. Weitere Fragen wären: Wie viel möchte man als Arbeitgeber investieren? Sind Familienangehörige mitversichert oder nicht? Sind die Leistungen immer ohne Gesundheitsprüfung oder gibt es hier Einschränkungen je nach Mitarbeiterzahl oder prozentualem Abschluss? Was passiert, wenn der Mitarbeiter etwa in der Elternzeit ausfällt - besteht die BKV mit ihren Leistungen dann fort oder ist dieser beitragsfrei zu stellen? Welche Assistance-Leistungen bietet der Anbieter? "Da helfen wir als Makler. Wir wählen dann mit dem Unternehmen zusammen den Versicherer aus und die Produkte." Ebenso kümmert sich der Makler um das Antragswesen. "Der Arbeitgeber braucht nur noch unterschreiben und uns das Personal melden." Wichtig: Die BKV sollte ohne Gesundheitsprüfung abzuschließen sein, auch bei Budgetmodellen. "Budgetmodelle sollten ohne Wartezeit sein: Ab dem ersten Tag hat der Mitarbeiter vollständigen Versicherungsschutz." Steuer- und Arbeitsrecht im Blick Ebenfalls essenziell ist laut Schneider, dass der Anbieter im Bereich der Digitalisierung weit genug ist, damit der Arbeitgeber oder die Personalabteilung wenig Aufwand mit der betrieblichen Krankenversicherung hat. Egal, ob es um die Beantragung geht, die An- und Abmeldung von Personal oder wie die Mitarbeitenden beim Budgetmodell ihre Rechnungen einreichen können. "Das darf nicht über die Personalabteilung laufen, schon aus Datenschutzgründen." Bei der Einführung seien die arbeitsrechtlichen und steuerlichen Aspekte mit zu berücksichtigen, so Schneider außerdem. Hierzu sollte man sich Rat bei einem Anwalt für Arbeitsrecht und bei einem Steuerberater holen. "Wir raten dazu, eine Betriebsvereinbarung oder eine entsprechende Zusatzvereinbarung abzuschließen, die ein Anwalt erstellt, der auf das Thema spezialisiert ist. Wir können hier Kontakt zu entsprechenden Juristen herstellen." Auch bei der Steuer gebe es Lösungen: Über Sachwertbezug oder die Pauschalbesteuerung der Lohnsteuer als sonstigen Bezug oder durch Durchschnittsbildung. Was im konkreten Fall das Richtige und worauf zu achten ist, könne nur ein Experte beurteilen. "Wir haben Kontakte zu Steuerberatern, die sich auf solche Themen spezialisiert haben, zu denen wir dann gerne hinvermitteln." Einfach auch für Mitarbeiter Das Thema Sachwertbezug führt Wegner dann noch einmal näher aus. "Beiträge zur betrieblichen Krankenversicherung sind sozial- und steuerabgabenfrei innerhalb der Sachbezugsgrenze von 50 Euro pro Monat. Allerdings nur, wenn die Versicherung als Versicherungsleistung gewährt wird, nicht als Geldleistung." Sie konkurrieren dabei aber mit anderen Sachbezügen, etwa einer betrieblichen Altersvorsorge. Wenn das Unternehmen einen Geldzuschuss mit der Bedingung auszahlt, dass der Mitarbeiter einen Versicherungsvertrag mit einem Unternehmen schließt, handele es sich um zu versteuernden Barlohn. Ein weiterer Aspekt, den Schneider abschließend noch anspricht: "Auch für den Arbeitnehmer muss eine BKV einfach sein, sonst wird sie nicht angenommen." Als Makler übernehme man hier gern die Aufklärung im Unternehmen. "Die Belegschaft bekommt Post von uns, in der wir alles erklären. Wir schreiben die Mitarbeiter in ihrer Landessprache an und sie können sich auch ein Video dazu in ihrer Sprache anschauen." Denn nur was verstanden werde, werde auch genutzt. "Wir und auch teilweise die Versicherer gehen in die Betriebe und stellen das Produkt den Mitarbeitern vor."

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