"Geschäft im Promillebereich"

2002 hat der Bund die Kleiderversorgung der Bundeswehr-Soldaten privatisiert. Dafür wurde die LH Bekleidungsgesellschaft (LHBw) gegründet, an der auch Hellmann finanziell beteiligt war (siehe Kasten 17). Aktuell hat der Bund die LHBw gekauft. Die Privatisierung wird also zurückgedreht. Warum scheiterte die LHBw? Bevor ich auf diese Frage antworte, möchte ich kurz auf die Aufgaben der LHBw eingehen. Unser Auftrag war es, die Kleiderversorgung zu günstigeren Kosten zu realisieren, aber auch Drittgeschäft zu generieren. Darunter fallen zum Beispiel Uniformen der Polizei und für Airlines, also Aufgaben außerhalb der Bundeswehr. Dieser Aufgabe haben wir uns gestellt und sind mit der LHBw in Neuseeland, Australien, Hong Kong, Frankreich, Spanien, Deutschland und der Schweiz durch Aufkäufe präsent. Dieses schnelle Wachstum hat Geld gekostet. Dazu kam der Wegfall der Wehrpflicht, der das Geschäftsmodell erschwert hat. Wir haben früher das Fünffache an Soldaten eingekleidet wie es heute der Fall ist. Das sind also Mehrkosten auf der einen Seite und Mindereinnahmen auf der anderen Seite. Erschwert wurde das Ganze, weil die sogenannten Selbsteinkleider der Bundeswehr immer defizitär gearbeitet haben. Medienberichten zufolge soll die LHBw sogar kurz vor der Insolvenz gestanden haben. Diese Information ist falsch. Richtig ist, dass die LHBw im Jahr 2002 gemeinsam von Hellmann, dem US-Unternehmen Lion Apparel und dem Bund gegründet worden ist. Der Vertrag ist für zwölf Jahre geschlossen worden und lief damit in 2014 aus. Nach den Vertragsstatuten hätte er aber zwei Mal um jeweils zwei Jahre verlängert werden können. Diese erste Verlängerung bis zum Jahr 2016 ist auch erfolgt. 2014 soll der Verlust der LHBw bei mindestens 25,7 Millionen Euro gelegen haben. Wie kommentieren Sie diese Zahl? Ein Minus in dieser Größenordnung kann ich nicht bestätigen. Nur so viel: Diese Zahl ist falsch. Richtig ist, die Finanzlage war zuletzt angespannt. Maßnahmen wurden rechtzeitig ergriffen, um einen Restrukturierungsprozess der LHBw einzuleiten. Richtig ist auch, dass die Bundesregierung entschieden hat, den Vertrag mit der LHBw nicht mehr bis zum Jahr 2018 zu verlängern. Stattdessen besteht in der Bundeswehr aktuell die Tendenz, wieder mehr Bereiche zurückzuholen - Stichwort Insourcing. Vor diesem Hintergrund kamen beide Partner überein, den Vertrag mit der Bundeswehr Mitte des Jahres zu beenden. Vergangenen Donnerstag, am 23. Juli 2015, wurde dieses Vertragsende notariell beurkundet; unser Verkauf an die Bundeswehr ist damit amtlich. Ab Ende Juli ist das Ganze also wieder Sache der Bundeswehr und wir können dann einen Haken unter diese Geschichte machen. Ich selbst habe zum 22. Juli 2015 mein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der LHBw nieder gelegt. Angeblich bezahlt der Bund für die LHBw den symbolischen Kaufpreis von einem Euro und übernimmt dafür die derzeit offenen Verbindlichkeiten von 37 Millionen Euro. Zudem erhalten die LHBw-Gesellschafter Hellmann und Lion Apparel vom Bund 8,75 Millionen Euro zurückerstattet. Wie kommentieren Sie diese Zahlen? Auch darüber wurde absolutes Stillschweigen vertraglich vereinbart. Wie viel Umsatz bricht Hellmann Worldwide Logistics durch den Wegfall dieses Geschäftsfelds weg? Hellmann macht rund drei Milliarden Euro Umsatz - das LHBw-Geschäft bewegt sich da im Promillebereich. Wie viele Arbeitsplätze stehen durch das Zurückdrehen der Privatisierung bei der LHBw nun zur Disposition? Diese Mitarbeiter werden, sofern sie es wünschen, von der Bundesrepublik Deutschland übernommen. Ihr Knowhow ist nach wie vor gefragt. Das Geschäft besteht ja weiter und wird nicht eingestellt. Daher werden die Mitarbeiter benötigt. Wie geht es mit der Einkleidung der Bundeswehr-Soldaten nach dem Rückkauf durch den Bund weiter? Natürlich wird es einen geordneten Übergang geben. Die privaten Gesellschafter werden dieses Thema gemeinsam mit der Bundeswehr mit erhobenem Haupte zu Ende führen. Auf seine Dienstkleidung muss also kein Soldat verzichten. Wie im Übrigen auch in der Vergangenheit nicht. Wir haben im Dezember/Januar 2014, im März 2015 und jetzt zum Juli 2015 sämtliche Einkleidungen ohne ein einziges Fehlteil realisiert - bei insgesamt 120 Teilen pro Soldat. Obwohl man nie weiß, wie viele Soldaten kommen, wie viele davon männlich oder weiblich sind, und vor allem welche Größen diese benötigen. Ohne unser ausgeklügeltes EDV-System und unsere Logistik hätten wir das nicht hinbekommen. Unterm Strich ist die LHBw ein Erfolgsmodell. Seit Beginn der Übernahme reduzierten wir für die Bundeswehr die Bestände um knapp 350 Millionen Euro und senkten die Einkaufspreise im zweistelligen Prozentbereich. Hellmann fordert seit vielen Jahren ein weitergehendes Outsourcing der Logistik seitens der Bundeswehr. Rückt Ihr Wunsch aufgrund des Scheiterns der LHBw nun in ferne Zukunft? Im Gegenteil. Wir übernehmen für die Bundeswehr nach wie vor die unterschiedlichsten Aufgaben, zum Beispiel Spezialtransporte, und haben dafür ein eigenes System aufgebaut. Zudem machen wir den gesamten Paketversand der Bundeswehr weltweit. Auch an dem Rücktransport aus Afghanistan waren wir beteiligt. Ob wir darüber hinaus Projekte für die Bundeswehr übernehmen werden, wird sich zeigen. Derzeit halten sich in der Politik die Befürworter und Gegner beim Thema Privatisierung die Waage. In welche Richtung das Pendel ausschlagen wird, bleibt also abzuwarten. Vita Karl Engelhard Karl Engelhard wurde 1944 geboren und ist gelernter Textilkaufmann. Nach Ausbildung und Bundeswehr fing er 1964 bei Kaffee Hag in Bremen an. Zuletzt war er dort Geschäftsführer für den Bereich Vertrieb und Marketing und wechselte dann zur Bremer Kaffeerösterei Gebr. Westhoff. Seit 1995 ist Engelhard Generalbevollmächtigter von Hellmann Worldwide Logistics. Soeben hat Engelhard sein Mandat als Aufsichtsratsvorsitzender der Bekleidungsgesellschaft LHBw der Bundeswehr niedergelegt, die der Bund aktuell am 23. Juli 2015 zurückgekauft hat (siehe Kasten Seite 17). eh Unternehmen Hellmann Worldwide Logistics Hellmann Worldwide Logistics ist ein international arbeitendes deutsches Transport- und Logistikunternehmen mit Sitz in Osnabrück. Im Jahr 2014 erwirtschafteten weltweit 12.872 Mitarbeiter einen Umsatz von insgesamt drei Milliarden Euro. In Deutschland beschäftigt Hellmann rund 4500 Mitarbeiter. eh

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

"Geschäft im Promillebereich"

HASHTAG

#Militärlogistik

Reeder: Flüchtlingsrettung auch außerhalb der Triton-Zone

Somalia: Anti-Piraten-Mission der Bundeswehr geht weiter

Militärische Verstärkung

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

E-Rechnungspflicht in Deutschland: Was Unternehmen wissen müssen

STELLENANGEBOTE

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Area HR Business Partner

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER