Geräuscharm zwischen Hafen und Stadt

Täglich treffen am Berliner Westhafen Containerzüge aus Amsterdam, Hamburg und Unna ein. Dort befindet sich das umschlagstärkste Terminal in der Region Berlin-Brandenburg. Die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (Behala) betreibt diesen Binnenhafen, der von seiner Umschlagskapazität her zu den größten in Deutschland zählt. Und mit dem leistungsstarken Terberg YT202-EV demonstriert die Logistikgesellschaft ihr Engagement für einen umweltfreundlichen Transport - bis zur letzten Meile. Die niederländische Firma Terberg Benschop startete vor drei Jahren das Projekt eines vollwertigen Elektro-LKW. Auf der Nutzfahrzeug-IAA 2012 stand dann der Prototyp, der anschließend an 20 unterschiedlichsten Stationen für den Praxiseinsatz getestet wurde. Ende Juni lieferte Terberg das erste Serienfahrzeug an die Behala aus. "Sieben weitere Fahrzeuge dieses Typs werden gegenwärtig auf Kundenwunsch gebaut", berichtet Carsten Giese, Vertriebsingenieur von Terberg Nordlift aus Hamburg. Diese Serienmodelle unterscheiden sich vom Prototyp in verschiedenen technischen Details. Denn in Kooperation mit Siemens konnten verschiedene vorhandene Antriebskomponenten verwendet werden. Das betrifft unter anderem den Motor, der auch in anderen ÖPNV-Fahrzeugen verwendet wird. Der umweltfreundliche Brummi mit der einsitzigen Kabine ist ein Schwergewicht. 9,6 Tonnen bringt er auf die Waage. Nicht zuletzt tragen die Lithium-Ionen-Batterien dazu bei. Doch damit er auch bis zu 44 Tonnen Gesamtmasse bewegen kann, beträgt die Hinterachslast 1,2 Tonnen. "Dafür brauchen wir eine Dauerausnahmegenehmigung", betont Behala-Geschäftsführer Peter Stäblein. Schließlich ist der dieselfreie Kraftprotz nicht für den Hafenbetrieb angeschafft worden, sondern er hat eine Straßenzulassung, um die Container der Deutschen Post DHL zu den Kunden ins Stadtgebiet zu fahren. "Wir brauchen kein Forschungsmobil, sondern eine einsatzfähige Logistik, mit der wir Geld verdienen können", betont Stäblein. 45.000 Betriebsstunden Und die garantiert der 230.000 Euro teure Truck. Natürlich gab es dafür auch Fördergelder. Aber dies war für die Behala allein nicht ausschlaggebend, um sich dieser Form der grünen Logistik so intensiv zuzuwenden. Denn wirtschaftlich wird diese Terberg-Zugmaschine erst nach etwa 45.000 Betriebsstunden. "Gegenwärtig ist er etwa acht Betriebsstunden täglich unterwegs", sagt Stäblein. Dann müssen die Akkus vier bis sechs Stunden an die Ladestation. Insgesamt resümiert der Behala-Chef: "Bisher läuft er sehr gut. Das waren auch unsere Erwartungen." Neue Belieferungsmöglichkeiten Wissenschaftlich wird das Projekt von der TH Wildau begleitet. Der dortige Projektleiter, Professor Herbert Sonntag, wertet diese vollelektrische intermodale Lieferkette "nicht nur wegen der außergewöhnlichen Größe des eingesetzten E-LKW" als "einmalig". Denn mit dem Terberg-Truck werde "eine vollständig elektrifizierte Lieferkette im Kombinierten Verkehr mit Vor- und Nachlauf auf der Straße demonstriert", unterstreicht der Wissenschaftler. Gleichzeitig sieht er dadurch "neue Möglichkeiten zur Belieferung von Ballungsgebieten". Behala-Chef Stäblein ist überzeugt, mit der E-Zugmaschine auch neue Kunden zu gewinnen. Denn es gibt schon Partner, bei denen die Containeranlieferung in der Halle erfolgt. Sie müssen dann anschließend - auch im Winter - die Halle lüften, um den Dieselgeruch zu verringern. "Mit dem Elektrofahrzeug gibt es diese Probleme nicht", sagt er. Und auch gerade mit Blick auf die Lärmemission sei diese Innovation des Gütertransports auf der letzten Meile ein wesentlicher Aspekt, unterstreicht Guido Beermann, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung. Er würdigt, dass die Behala "mit ihrer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmenspolitik sehr erfolgreich die Ziele des Landes Berlin bei der Elektromobilität in Einklang bringt". Außerdem zeigt er sich - wie alle Projektbeteiligten - überzeugt, dass diese innovative Logistiklösung erfolgreich ihre Probe bestehen werde und somit einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsmobilität leisten werde. Terberg YT202-EV Die 9,6 Tonnen schwere Zugmaschine kann bis zu 44 Tonnen Gesamtmasse transportieren. Der Gleichstrommotor von Siemens leistet 140 kW und verfügt über ein Drehmoment von 720 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 40 km/h. Die Lithium-Ionen-Batterien leisten 169 kWh/614 V. Damit sind nach Herstellerangaben je nach Leistung acht bis zwölf Betriebsstunden möglich. Die Ladezeit gibt Terberg mit etwa drei Stunden an. Die Ladekapazität beträgt 63 A.Um den emissionsfreien Betrieb sicherzustellen, wird auf dem Westhafen-Gelände eine E-Tankstelle installiert, die Strom von einer Solaranlage bezieht. Diese wird von der Berliner Energieagentur (BEA) betrieben. hsc