Die Gewerkschaft Verdi hat weite Teile des deutschen Luftverkehrs lahmgelegt. In der Nacht auf Freitag den 17. Februar hat der geplante ganztägige Warnstreik am Flughafen Hannover begonnen. Der Flughafenbetrieb in Hannover, der als einziger der sieben bestreikten Flughäfen kein Nachtflugverbot hat, laufe sehr eingeschränkt, sagte ein Verdi-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur am späten Abend des 16. Februar. Auch in Frankfurt, München, Stuttgart, Bremen, Hamburg und Dortmund soll möglichst kein Flugzeug mehr starten oder landen.
Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV sind knapp 300.000 Passagiere von gut 2340 Flugausfällen betroffen. Der Verband sprach von einer „beispiellosen Eskalation“.
Forderungen der Gewerkschaft für öffentlichen Dienst, Boden- und Sicherheitspersonal
Mit dem Ausstand nicht nur an den Flughäfen wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Neben dem öffentlichen Dienst gibt es zudem örtliche Verhandlungen für die Bodenverkehrsdienste sowie eine bundesweite Tarifrunde für die Luftsicherheit. Gemeinsame Kundgebungen sind geplant.
Verdi und der Beamtenbund DBB fordern im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeber haben die Forderungen zurückgewiesen. Die zweite Verhandlungsrunde ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant. Ein Angebot der Arbeitgeber liegt bislang nicht vor.
Für die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste will Verdi deutliche Gehaltssteigerungen durchsetzen. Als Blaupause könnte der Abschluss für den Berliner Flughafen gelten: mit 360 Euro monatlich mehr und einer Inflationsausgleichsprämie von 2500 Euro.
Bei den Luftsicherheitskräften verweist die Gewerkschaft auf angeblich fruchtlose Verhandlungen über Zuschläge und weitere Bestimmungen im Manteltarifvertrag, nachdem sie im vergangenen Jahr hohe Gehaltssteigerungen durchgesetzt hatte. Der Arbeitgeberverband BDLS weist den Vorwurf mangelnder Kooperation zurück.
BARIG: Störungen der Lieferketten, Fracht bleibt liegen
„Es geht nicht, dass solche Auseinandersetzungen immer wieder weite Teile wichtiger Infrastruktur eines ganzen Landes lahmlegen, mit massiven Auswirkungen auf die Fluggäste und viele Unternehmen – noch dazu in diesen wirtschaftlich unsicheren Zeiten“, kritisierte Michael Hoppe, Chairman und Executive Director des BARIG, Airline-Verband nationaler und internationaler Fluggesellschaften in Deutschland. Die Interessenvertreter sollten wieder an den Verhandlungstisch gehen und konstruktiv zu Ergebnissen kommen, forderte er.
Der Streik verursache zudem empfindliche Störungen von Lieferketten, wenn hunderte Tonnen Luftfracht in Deutschland und weltweit liegenbleiben würden. Allein am Flughafen Frankfurt könnten aktuell kaum Waren abgefertigt werden.
"Um Lieferketten aufrecht zu erhalten, muss alternativ erhebliches Frachtvolumen auch per Lkw zu Flughäfen ins Ausland wie Brüssel oder Liège gefahren werden, wo es schließlich in Flugzeuge verladen wird." Problematisch sei die Situation grade für sensible Produkte und Waren, für die zum Beispiel ein schneller, temperaturgeführter Transport unerlässlich sei.
„Auch wird der Transport von humanitären Hilfsgütern für die Erdbebengebiete in der Türkei und Syrien erheblich beeinträchtigt und unnötig verkompliziert.“
Verdi: Hilfsflüge nach Türkei und Syrien vom Streik ausgenommen
Verdi-Vizechefin Christine Behle hatte erklärt, dass über Notdienste Hilfsflüge ins türkisch-syrische Erdbebengebiet vom Streik ausgenommen werden. Zudem könnten Hilfsgüter über den nicht bestreikten Flughafen Frankfurt-Hahn ausgeflogen werden.
Es fällt aber auch an den sieben bestreikten Flughäfen eine unbekannte Zahl von Passagierflügen in die Türkei aus, die zumindest theoretisch Hilfsgüter als Beiladung hätten transportieren können. Für Freitag geplante Frachtmaschinen der Turkish Airlines und der Lufthansa Cargo sollen nach Auskunft der Airlines starten dürfen.