Für die Zukunft bauen

Wer vor dem Porthouse des Hafens Antwerpen steht, dürfte beeindruckt sein, selbst wenn er kein Faible für Architektur hat. Über einer alten Feuerwehrkaserne wurde ein auf Stelzen stehendes Bürohaus errichtet. Mittlerweile ist es ein Wahrzeichen von Antwerpen. Ein Wahrzeichen der Stadt zu sein, das nimmt auch der Hafen für sich in Anspruch - zumal über 142.000 Menschen direkt oder indirekt für den Hafen arbeiten, der hinter Rotterdam die Nummer zwei ist unter den größten Seehäfen Europas. Und der einen Rekord nach dem anderen erklimmt. Fünftes Rekordjahr in Folge "2017 war das fünfte Rekordjahr in Folge", verkündete Jacques Vandermeiren, CEO der Antwerp Port Authority, in Antwerpen vor Journalisten. Um 4,4 Prozent auf 223,6 Millionen Tonnen kletterte das Umschlagvolumen. Auch das Containergeschäft boomt. Die Zahl der umgeschlagenen TEU (20-Fuß-Container) stieg um 4,1 Prozent auf 10,45 Millionen. "Wir bewegen uns auf die 11-Millionen-Marke zu", sagte Vandermeiren, der seit dem 1. Januar 2017 an der Spitze des belgischen Hafens steht. Noch gibt es genügend Platz, um mehr Container umzuschlagen. "Unsere Kapazität beträgt 15 Millionen TEU im Jahr", sagte Vandermeiren. 2017 ist die Auslastung der Terminals allerdings erstmals über die 80-Prozent-Marke geklettert. "Eine so hohe Auslastung hatten wir noch nie, weshalb wir dringend unsere Kapazitäten erhöhen müssen", beschwörte der Hafenchef. Im Gespräch ist ein neues Areal im Hafen - das Saeftinghedok -, auf dem neue Kapazitäten in Höhe von 6,6 Millionen TEU entstehen sollen. Dazu muss die flämische Regierung erst noch ihr Okay geben. "Falls die Erweiterung nicht kommt, stoßen wir 2021 an unser Limit", warnte Vandermeiren. Die steigende Zahl an Containern bedeutet auch, dass der Hinterlandverkehr zunimmt. Hier verfolgt der Hafen ehrgeizige Verlagerungsziele zugunsten von Bahn und Binnenschiff (siehe Interview Seite 19), um die Emissionen zu senken. Doch schon derzeit läuft es nicht so richtig rund im Hinterlandverkehr. Ein Dorn im Auge ist Vandermeiren die Entwicklung im Schienengüterverkehr. "Unser Schienennetz im Hafen ist mit 1000 Kilometer länger als beispielsweise das im Hafen Hamburg. Aber wir transportieren auf dem Netz dennoch deutlich weniger", sagte der Hafenchef. Das liegt nach seinen Aussagen an dem Netzbetreiber Infrabel. Infrabel ist der Infrastrukturbetreiber und Inhaber des belgischen Schienennetzwerks, also das, was in Deutschland DB Netz ist. Wie zu hören war, steht das Netz im Hafen Antwerpen bei Infrabel nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. "Auch deshalb sind in Antwerpen nur neun Bahnoperateure tätig, während es in Hamburg 90 sind", sagte Vandermeiren. Nach seiner Ansicht sind die Bedingungen für die Bahnoperateure nicht flexibel und attraktiv genug, weshalb nur wenige im Hafen aktiv sind. Deshalb würden gerade Gespräche mit Infrabel stattfinden. "Ich möchte das Modell in Hamburg auf Antwerpen kopieren", machte er eine klare Ansage, wie er sich die Zukunft des Bahntransports in Antwerpen vorstellt. Ausgerechnet Hamburg dient als Vorbild Vandermeiren machte deutlich, dass für Antwerpen der deutsche Markt von großer Bedeutung ist. Er listete die Entfernung auf der Straße zwischen einigen Städten und den Häfen Antwerpen, Le Havre, Rotterdam und Hamburg auf: "Die Strecke von Duisburg, Ludwigshafen und Frankfurt nach Antwerpen ist die kürzeste von allen vier Häfen." Deutschland sei einer der wichtigsten Empfänger und Versender von Waren, die über den Hafen Antwerpen gehen. "Zehn Prozent des Aufkommens geht nach Deutschland und kommt daher", so der CEO der Hafengesellschaft. Abseits von Nordrhein-Westfalen seien die Region Ludwigshafen, Stuttgart, aber auch Bayern und Teile von Hessen für Antwerpen von Interesse. Als einen limitierenden Faktor neben den schwindenden Umschlagkapazitäten nannte er die zunehmende Umweltbelastung aufgrund von Emissionen. Das erklärt sein starkes Interesse am Modal Split: "Wenn es uns nicht gelingt, den Modal Split Richtung Bahn und Binnenschiff zu verändern, wird es aufgrund der zunehmenden Umweltbelastung schwer werden, zu expandieren", sagte Vandermeiren. Der Glanz des neuen Hafengebäudes, dessen neuer Teil an einen Diamanten erinnert, soll auch auf den Hafen übergehen. Doch wenn der Hafen ebenfalls wie ein Juwel strahlen soll, muss Vandermeiren noch einige heiße Eisen anpacken. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Seehäfen www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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