Frankfurt/Main. Der wichtigste Teil des Frankfurter Flughafenausbaus ist abgeschlossen. Die neue Nordwestbahn wurde am Freitag in Betrieb genommen. Als erste landete eine Regierungsmaschine mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) an Bord auf der neuen Piste. Damit hat Deutschlands größter Flughafen nun vier Bahnen. Der Ausbau soll die Kapazität in den kommenden Jahren um 50 Prozent erhöhen. Der Streit um Nachtflüge und Proteste gegen Fluglärm gingen unterdessen weiter.
Die Feier der „Erstlandung" im Zelt nahe der Landebahn war begleitet von Protesten - für die Festgäste allerdings nicht sichtbar. Im Passagierterminal 2 entrollten Aktivisten von Robin Wood ein Transparent mit der Aufschrift: „Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Flugbewegungen deckeln!" Für den Klimaschutz sei nicht mehr, sondern weniger Flugverkehr nötig. Im nahen Flörsheim versammelten sich mehrere hundert Demonstranten, um gegen den wachsenden Fluglärm zu protestieren. In der gesamten Region rund um den Flughafen fühlen sich Bürger mit ihrer Forderung nach mehr Lärmschutz alleingelassen.
Ins Festzelt waren neben Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) auch seine beiden Vorgänger Roland Koch (CDU) und Hans Eichel (SPD) gekommen. „Die Eröffnung ist nach 13 Jahren ein guter Anlass zum Feiern", sagte Bouffier. Er wiederholte seine Aussage, dass er für die nächsten 20, 30 Jahre keinen weiteren Ausbau des größten Flughafens in Deutschland sieht. „Was spätere Generationen entscheiden, ist deren Sache." Zu den Protesten der Menschen in der Einflugschneise sagte Ex-Regierungschef Koch: „Es ist ein Sonderopfer. Es ist eine große Belastung, die diese Menschen für die Region tragen."
Für die Luftfahrtwirtschaft überschattet das gerichtlich verhängte Nachtflugverbot die Freude über mehr Kapazitäten für Starts und Landungen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hatte in der vergangenen Woche die 17 im Winterflugplan enthaltenen Flüge zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr vorläufig untersagt, bis das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz entscheidet.
Ein Nachtflugverbot hatte die Flughafen-Mediation als Bedingung für den Ausbau gefordert, die Landesregierung unter Koch hatte dies auch versprochen, dann aber Ausnahmen erlaubt. Das Verbot sei nur eine vorläufige Entscheidung des VGH, erklärte Bouffier. Der Blick richte sich jetzt auf die nächste Instanz: „Wir brauchen jetzt die höchstrichterliche Entscheidung. Und die gilt dann - so oder so."
Der Flughafenbetreiber Fraport kann unterdessen mit Ausnahmeregeln für verspätete Flieger rechnen. Der hessische Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) habe ihm eine Lösung innerhalb weniger Tage zugesagt, sagte Fraport-Chef Stefan Schulte bei der Eröffnungsfeier. Fraport und Lufthansa wenden sich gegen eine strikte Anwendung des Nachtflugverbots auch für etwa durch Witterungseinflüsse verspätete Flieger. Solche Ausnahmeregeln seien international aber üblich, betonte Schulte.
Fluglotsen halten das Sicherheitssystem am erweiterten Frankfurter Flughafen derweil für so kompliziert, dass die angestrebte Zahl von Flugbewegungen gar nicht erreicht werden kann. „Wir können froh sein, wenn wir mit dem neuen System und den vier Bahnen genauso viel Verkehr schaffen wie bislang mit drei Bahnen", sagte Markus Siebers vom Vorstand der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF). Die anvisierte Kapazitätserweiterung auf 126 Flugbewegungen pro Stunde sei mit dem nun installierten Verfahren nicht zu erreichen.
Die Landebahn mit Flugzeugbrücken über die Autobahn und Bahntrasse entstand in zweieinhalb Jahren Bauzeit im Nordwesten des bisherigen Geländes. Die reinen Baukosten beziffert Fraport auf 600 Millionen Euro, hinzu kommen die Verlagerung des Ticona-Chemiewerks (670 Millionen Euro) und ein Umwelt-Ausgleich für rund 160 Millionen Euro. Der gesamte Flughafenausbau mit neuem Terminal im Süden soll vier Milliarden Euro kosten. (dpa)