Feuertaufe bei eisigen Temperaturen

Als "Feuertaufe" sah man bei SAF-Holland das Testcamp der Schwestermagazine VerkehrsRundschau und Trucker, zu dem 20 Profis aus der Praxis eingeladen wurden, die neue hydraulisch angetriebene SAF-Trak-Trailerachse exklusiv unter Alltagsbedingungen zu testen. Der Zuspruch war enorm: Selbst heftige Herbstböen und bitterkalte Temperaturen konnten die Praktiker nicht davon abhalten, das neue SAF-Holland-Produkt stundenlang in der Kiesgrube Ebenhöh im Werk Lüß ausgiebig zu testen. "Trak" entwickelte SAF-Holland im Prinzip aus der Intra CD mit 2040er Spur und einer maximalen Federmitte von 1300 Millimeter. Auch die Anbindung an den Fahrzeugrahmen entspricht dem Standard, ebenso wie die Scheibenbremstechnologie SAF Intradisc Integral. Bekannt auch der Radanschluss 10/208/335 mit 120er Einpresstiefe samt Alu- oder Stahlrädern. Darauf setzt SAF-Holland den zuschaltbaren Hydraulikmotor, während man die Radnabeneinheit mit wartungsfreier Kompaktlagerung und eigens entwickeltem Dichtsystem wieder von den nicht angetriebenen Achsen ableitet. Zu den Hydraulikmotoren fügen die Unterfranken noch ein Umschaltventil, einen extra Ventilblock und eine elektronische Steuerung hinzu. Zum Testen stellte SAF-Holland mit Entwicklungspartner Reisch zwei Züge. Einen Scania G 490 4x2 mit Dreiachstrailer und SAF-Trak-Achse und einen Mercedes-Benz Arocs 1845 HAD, der über zwei zuschaltbare, hydraulisch angetriebene Achsen verfügte. Neben der Arocs-Vorderachse konnte auch hier die letzte Achse des Reisch-Kippsattels aktiviert werden. Um dem großen Teilnehmerfeld die Wartezeit zu verkürzen und das Thema "hydraulischer Antrieb" zu vertiefen, stellte Renault Trucks zwei K-Zugmaschinen mit dem zuschaltbaren Vorderradantrieb "Optitrack" dazu sowie einen C 480, der für Streckenverkehre optimiert wurde. Volvo Trucks fuhr zwei doppelgekuppelte FH 500 "Dual Clutch" auf, einmal als 4x2 und einmal als 6x4 mit liftbarer Antriebsachse. Alle Lkw hingen vor Reisch-Kippsatteln und dienten als Vergleichsfahrzeuge zu den SAF-getriebenen Kombinationen. Zu testen waren alle Kippsattelzüge auf vier unterschiedlichen Strecken, die hohe Anforderungen an die Profis am Steuer stellten. SAF-Hollands Vice President Engineering Stefan Wallmeier und Projektleiter Florian Hösle waren gespannt auf die Ergebnisse. Und nachdem die Fuhrparkkoordinatoren von Renault Trucks und Volvo ihre Fahrzeuge erklärt hatten, begannen die Tests. Test 1: Wenden auf festem Untergrund Vergleichsweise einfach war der erste Parcours mit festem Untergrund, auf dem es ums Wenden ging. Und schon dort kam Trak zum Tragen. Die meisten Profis durchfuhren den Wendeplatz bald ausschließlich mit "Heckantrieb". Sie aktivierten die angetriebene Trailerachse, ließen den kompletten Zug vom Reisch-Anhänger durch den Parcours schieben und freuten sich über den kleinen Wendekreis. Deutlich stärker kam der auf dem weichen Untergrund der langen Offroadstrecke zum Tragen, wo die Zugmaschinen gern geradeaus schieben und die eingeschlagenen Vorderräder Mühe hatten, den Zug durch die Wendeschleife zu bringen. Also wieder SAF Trak aktiviert und schon folgt der Maschinenwagen brav den Lenkbefehlen. Vor allem Christian Bernhart, der sonst einen 6x6-MAN fährt und das Schieben über die Vorderachse kennt, war beeindruckt von der Wendigkeit. Ähnlich begeistert war Klaus Forstmann, der in Norddeutschland oft auf Tonböden trifft, die feucht eine kleisterartige Konsistenz aufweisen und schwer zu befahren sind. Die Trak-Achse verbesserte die Manövrierfähigkeit merklich. Das galt ganz besonders für den Volvo FH 500 6x4 mit liftbarer hinterer Antriebsachse, den sich Bernhart zuvor ausgegriffen hatte. War der Zweiachssattel leer und hob noch sein "Vorderbein", konnte Bernhart die dann dreiachsige Kombination praktisch auf der Stelle wenden. Das erste und primär gar nicht erwartete Ergebnis stand schnell fest: Die angetriebene Trak-Achse sorgt für mehr Wendigkeit vor allem auf weichem Untergrund. Dass der es in sich hatte, durften manche Tester leidvoll erfahren, die vom "rechten Weg" abkamen. Test 2: Unterschiedlich weicher Grund Womit wir von Station eins gleich zur Station vier kommen: ebener Boden mit unterschiedlich weichem Grund. Denn an den Rändern der Strecke war der Übergang von weich nach "zu weich" fließend, was auch die Kombinationen mit hydraulischem Radnabenantrieb in die Bredouille brachte. Sowohl die Renault C mit Optitrack als auch der Scania mit der SAF Trak gruben sich ein, allerdings aus unterschiedlichen Gründen: Der Renault scheiterte auf einer Geraden, an der ihm der Schwung ausging. Dann standen beide Triebachsen auf dem gleichen weichen Boden und gruben sich ein. Der Scania kam hier durch, da die SAF Trak die Kombination mit größerem Abstand der Antriebsräder durch die weiche Stelle schob. Allerdings wurde der Fahrer dann übermütig und rangierte den Zug an den äußersten Rand des Parcours, wo just die Trak-Achse absackte und sich nachhaltig in den weichen Boden eingrub. SAF-Holland Chefingenieur Stefan Wallmeier kennt diese Problematik des "Wegsackens", weshalb statt der letzten optional auch die mittlere Achse des Sattels angetrieben werden kann. Das favorisierte dann auch Fahrer Wolfgang Zinser, der bei seinen Einsätzen mit dem Trailerheck häufiger über die Kippkante hinausfährt und dort mit der letzten angetrieben Trailerachse keinerlei Traktion mehr aufbauen könnte. Gerhard Beisser zog den Vergleich vom 8x4 zum 8x6: Dort findet die deutlich weiter vorn ziehende Achse noch Traktion, während die beiden "Hinterhufe" schon hilflos im weichen Boden wühlen. Dann kam die Frage nach zwei angetriebenen SAF-Trak-Achsen. Das wäre laut SAF-Entwickler Wallmeier theoretisch möglich. Auf der IAA kam sogar eine Anfrage nach drei "vertrakten" Trailerachsen - letztlich eine Frage des Nebenabtriebs. SAF Marketing-Leiter Markus Heuser hatte eine bessere Idee: "Mit grobstolligem Traktionsprofil auf der angetriebenen Trailerachse erreicht man ebenfalls eine signifikante Verbesserung." Test 3: Weiche Rampe rückwärts Neben dem weichen Boden gab es noch zwei Rampen, die erklommen werden wollten. Die erste endete nach gut 20 Metern und diente zum Abkippen in einen Trichter. Ob man vor- oder rückwärts fahren möchte, erkennt Trak über die Schaltautomatik des Lkw. Zuerst versuchte sich der Arocs mit HAD und SAF Trak daran. Der vergleichsweise weiche Untergrund ließ den Fahrer Johann Graser im Daimler schnell scheitern: Im reinen 4x2-Modus stand er nach eigenen Aussagen "sofort", bevor er nach und nach alle ihm zur Verfügung stehenden Hilfsmittel aktivierte. Die Hinterachssperre brachte den Profi zwei Meter weiter und mit HAD schob er den Sattel dann die halbe Rampe hinauf. Das Problem: Schon das kleinste Verziehen am Lenkrad bringt den Trailer aus der Spur und macht erneutes Schieben mit Anlauf nötig. Ist die "schräge" Spur erst mal tief genug, läuft der Sattel ohnehin nirgendwo anders mehr hin. Dann nahm Graser die SAF Trak dazu und der Reisch-Auflieger "zog" den Zug zielgenau zur Abkippstelle! Auch Profi Ulrich Schiele wunderte sich in der Arocs-Kombination, was die zusätzliche Achse am Trailer an extra Kraft und Traktion bringt, und war ebenfalls erstaunt, wie weit er an der weichen Rampe kam - und das sowohl voll beladen wie auch unbeladen! Test 4: Lange Rampe vorwärts Die vierte Station war ebenfalls eine Rampe, rund 100 Meter lang und mit rund 15 Prozent Steigung. Anfangs fehlte ihr noch etwas Festigkeit, doch mit Schwung war sie zu erklimmen. Und darum ging es. Denn aktuell schaltet Trak bei 10 km/h ab, was laut SAF-Ingenieur Wallmeier auch an der Kraft liegt, die der Lkw zur Ölhydraulik nach hinten bringt. Momentan schränken Druck und verfügbares Volumen die Trak noch ein. Für eine automatische Abschaltung der Trak sorgt entweder das Betätigen der Bremse, eine zu hohe Geschwindigkeit oder zu hohe Temperaturen. Die mögliche Maximalgeschwindigkeit kritisierte Fahrer Stefan Vogele: "Auf dem Bau musst Du vorher wissen, was Du tust. An Rampen wie dieser sind 10 km/h Startgeschwindigkeit zu wenig." Doch auch dieses Thema kennt Chefingenieur Wallmeier: 15 km/h dürften sich leicht realisieren lassen, doch die Forderung nach 20 bis 25 km/h bräuchte wohl noch mehr Kraft des Zugfahrzeuges. Außerdem stört sich Vogele noch an der bei den Vorserienfahrzeugen aufwendigen Bedienung. Aktuell muss man den Nebenabtrieb einschalten, dann per Nebelschlussleuchte den Ölstrom vom Kippstempel auf die Achse "umschalten", ehe man dann das Kipperventil als "Gashebel" benutzt. "Ein Taster wäre mir lieber", wünscht sich Fahrer Gerhard Beisser. Auch dieser Wunsch soll in der Serie erfüllt werden. Weitere Einschränkung: Da das Ölvolumen für Kippen und Treiben gebraucht wird, ist ein gleichzeitiges Kippen und Antreiben nicht möglich. Zu guter Letzt sprach Kollege Klaus Forstmann das Thema Gewicht und Kosten an, das er aus dem Bauch heraus sehr positiv beurteilt. Nachfrage bei SAF-Ingenieur Stefan Wallmeier: Die SAF Trak schlägt mit vergleichsweise bescheidenen 200 Kilo ins Kontor. Zum Preis schweigt sich SAF aus, aber er dürfte noch vierstellig werden und damit die hydraulischen Radnabenantriebe der Lkw-Hersteller unterbieten. Für diese veranschlagt man je nach Stückzahl und Fabrikat zwischen 11.000 und 18.000 Euro. Interessant ist auch, dass sich das SAF-Trak-System prinzipiell auch bei jedem Anhänger mit SAF-Achsen nachrüsten lassen könnte. Lieber letzte als erste Achse treiben Und im Dauerbetrieb? - Gilt das Gleiche wie bei den hydraulisch angetriebenen Vorderachsen der Lkw: Durch die Temperaturentwicklung sind die hydraulisch angetriebenen Achsen nur als Traktionshilfe, nicht aber für Dauerbetrieb gedacht. Bei SAF hat man die Grenzen des Systems ausgereizt und fuhr laut Stefan Wallmeier bereits über eine Stunde im "Dauerbetrieb", ohne dass Trak ausgestiegen wäre oder überhitzt hätte. Auch die Thematik der hoch beanspruchten Hydraulikleitungen, die einst gern leckten oder gar platzten, hat man laut Poclain-Mitarbeiter Andreas Rauscher jetzt im Griff. Wichtig sei hier vor allem, dass man bei der Verlegung jegliche Verdrehung meidet, das die Leitungen über Gebühr beansprucht. Wohingegen "eindimensionale" Bewegungen in X-, Y- oder Z-Achse kein Problem darstellten. Abgetrieben werden kann getriebe- oder motorseitig, solang 400 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung stehen. Treibt man motorseitig ab, sorgt das Antriebsmoment bereits vor Schließen der Kupplung für eine gewisse "Vorspannung" und die Gänge können gewechselt werden. Dafür steigen Kosten und Verbrauch etwas an und das Schleppmoment fällt geringer aus. Treibt man getriebeseitig ab, spart das Kosten und das System ist ohne Schleppmoment mit dem Power-Take-Off kuppelbar. Dafür liegt das Antriebsmoment erst bei geschlossener Kupplung an und man ist an einen festen Gang gebunden. Am Ende stand ein eindeutiges Fazit Bleibt am Ende die prinzipielle Frage, ob die Fahrer und Unternehmer die hydraulisch angetriebene Achse lieber am Anhänger oder an der Zugmaschine ordern würden. Die Antwort fiel eindeutig zugunsten der Trak-Achse am Trailer aus. Auch die Traumkombination aller Testwagen stand schnell fest: Ein Volvo FH mit Dynamic Steering, Double Clutch und "Optitrack" (das die Schweden im Gegensatz zu Renault Trucks allerdings nur auf Sonderwunsch realisieren). Wobei die Geschmäcker bezüglich der Zugmaschinen verschieden sind. Einigkeit herrschte aber bezüglich der SAF-Trak am Kippsattel. Selbst das bitterkalt-feuchte Novemberwetter konnte das Feuer der Begeisterung, das sie entfachte, nicht abkühlen. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Kieswerke Ebenhhöh, Werk Lüss So wurde getestet Die Kieswerke Ebenhöh hatten im Werk Lüß vier Stationen vorbereitet, an denen unterschiedliche Fahrzustände getestet werden konnten:- Station 1: Befestigter Boden für Wendekreisversuche- Station 2: Halbfeste 100-Meter-Sandrampe,15 % Steigung für Traktionsversuche- Station 3: Halbfeste 20-Meter-Sandrampe, 10 % Steigung Abkippen an Trichter für Traktionsversuche rückwärts- Station 4: Unterschiedlich weicher Boden für Traktionsversuche Hintergrund Ein herzliches Dankeschön! Danke an Sponsor SAF für zwei Züge mit Trak-Achse. Danke auch an die Kieswerke Ebenhöh für die vorbereitete Grube. Außerdem Dank an Renault Trucks, Volvo sowie Reisch für fünf weitere Kipperzüge und Iveco für den Veranstaltungspavillon!gs

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