Feldtest E-Actros: Matthias Schadler im Interview

Im Bild v.l.n.r.: Jan Wohlmuther, Dalibor Dudis (Daimler), Matthias Schadler und Florian Gerber (Pfenning logistics) sowie Gerhard Grünig (VerkehrsRundschau) VR: Ihr eActros scheint zu funktionieren?Matthias Schadler: Ja! Aber zunächst mal muss ich sagen, dass wir nicht nur langjähriger Kunde, sondern auch Dienstleister für Mercedes-Benz Lkw sind. Und aus der Perspektive waren wir von Anfang an darauf bedacht, eines der zehn Fahrzeuge zu bekommen – durchaus eine Ehre für uns. Wir haben dazu gemeinsam unsere Routen durchgesprochen und es gab einen Abgleich, ob Anforderungen und Fahrzeug zusammengehen und ob wir bei unseren Einsätzen die für die Fahrzeugerprobung nötigen Daten generieren können. Zur Erklärung: Wir setzen das Fahrzeug im Shuttle-Verkehr von einem Außenlager zum Mercedes-Benz Werk Mannheim ein. Dazu wurden dann extra vier Fahrer geschult, die wir auf dem Fahrzeug einsetzen. VR: Wie kam denn das Thema bei den Fahrern an?Schadler: Gut, die sind absolut happy mit dem eActros – Sie sind so begeistert von dem Fahrzeug, dass sie es gar nicht mehr abgeben wollen. Das Fahrverhalten ist schon ein Erlebnis. Und natürlich unterstützt uns der Einsatz auch bei unserer Außenwirkung in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein – wie wir unter anderem bei einem Firmenevent feststellen konnten. VR: Was sind die Fahrzeug-bezogenen Themen die für Sie relevant sind?Schadler: Das ist natürlich in erster Linie das Thema Reichweite. Man muss umdenken, wenn man ein E-Fahrzeug einsetzt. Anfängliche Bedenken wegen Ausfallzeiten haben sich als unbegründet erwiesen. Angesichts der Tatsache, dass es sich um ein Testfahrzeug der ersten Generation handelt, hatten wir keine nennenswerten Themen. Das Auto ist jetzt seit über einem halben Jahr im Echteinsatz, fährt jeden Tag seine Touren und wird in der Dispo behandelt wie jedes andere Fahrzeug. Man hört nichts Gegenteiliges, also läuft alles. VR: Sie transportieren auch Lebensmittel. Wäre das nicht ein viel besserer Einsatz?Schadler: Grundsätzlich haben wir hundert Prozent Marktdurchdringung was Transportdienstleistung für die Discounter in Deutschland betrifft. Da gibt es Pilotprojekte in der Nachtbelieferung. Da böte sich so ein Fahrzeug natürlich ebenfalls an, weil es sehr leise ist. Aber wir hatten uns aus unterschiedlichen Gründen für den Einsatz bei Mercedes-Benz selbst entschieden. VR: Aber ein 25-Tonner ist doch ungewöhnlich im Automotive-Einsatz?Schadler: Mag sein, dass da normalerweise der Sattelcurtainsider typisch ist. Aber im Rahmen des Tests gab es gewisse Vorgaben, und die erfüllen wir in diesem Einsatz. VR: Hat pfenning logistics bei einem Fuhrpark von immerhin 700 Fahrzeugen noch andere Konzepte mit alternativem Antrieb im Einsatz?Schadler: (Lacht) Ja, haben wir – verschiedene Fahrzeuge. Wir untersuchen natürlich verschiedenste Konzepte, um nah am Markt zu agieren. So wie sich Daimler für eTrucks entschieden hat, haben sich andere OEMs für andere Konzepte ausgesprochen – auch diese probieren wir. Konkret natürlich LNG. Das Thema Mautbefreiung ist für unser Unternehmen ein interessantes Thema. Und deshalb haben wir auch solche Fahrzeuge im Einsatz. Und wenn ich nun höre, dass Daimler Trucks auf das Thema Wasserstoff- und Brennstoffzelle setzt, werde ich mich natürlich darum bemühen, möglichst früh so ein Fahrzeug zu bekommen. VR: Hyundai geht jetzt damit an den Start.Schadler: Wie ich gehört habe, starten die wohl in der Schweiz – und es liegen schon ausreichend Bestellungen vor… Das muss man beobachten und bei Zeiten werden wir uns vielleicht um so einen Lkw bemühen. VR: Unternehmer neigen gerne dazu, die einzig seelig machende Alternative zum Diesel zu suchen. Ist das die richtige Denke?Schadler: Schwierige Frage. Ganz offen beantwortet: Für mich als Anwender wäre es am idealsten eine Technologie würde sich durchsetzen und auf die könnten wir uns fokussieren. Letztlich denke ich, es ist wie damals bei VHS und Beta. Eine Technologie wird sich durchsetzen. Ich habe damals auf die bessere Technik gesetzt: Beta, die qualitativ bessere Technik. Hat sich aber nicht durchgesetzt... Abgesehen davon, dass es inzwischen beides nicht mehr gibt, glaube ich, dass es einen Entwicklungspfad einer Technologie geben wird. Ungeachtet dessen bin ich mir auch sicher, dass die Dieseltechnologie – zumindest im Lkw noch für einige Jahre Bestand haben wird. Und die wird dann abgelöst durch die E-Mobilität, vermutlich auch mit Wasserstoff, also der Brennstoffzelle. Aber ich bin weder Techniker, noch Prophet … VR: LNG und batteriebetrieben E-Mobilität also nur Brückentechnologie?Schadler: Viele sagen, dass es Brückentechnologien sind. Ich sehe vor allem, dass es viele Restriktionen im Einsatz gibt – vor allem bei der batteriebetriebenen E-Mobilität. Es ist ja auch eine Frage an die Politik, ob sie es schafft die Ladeinfrastruktur zu realisieren. Im Endeffekt muss es die Politik anschieben, bezahlen müssen wir es als Verbraucher ja am Ende sowieso. Also die Frage: Schaffen wir es am Ende gemeinsam, das Problem zu lösen? Falls ja, hat die batteriebetriebene E-Mobilität eine Chance. Aber aktuell sehe ich da vor allem noch den Diesel, der erfüllt nach wie vor alle unsere Anforderungen. VR: Was wären denn Ihre konkreten Anforderungen an die Politik oder an die Hersteller?Schadler: Zunächst mal frage ich mich, ob wir uns als Verbraucher umstellen müssen – und ich denke ja. Ich denke auch, dass Transport an sich teurer werden wird. Auch wenn wir das natürlich nicht wollen… Es wird aber im Hinblick auf die Umwelt unabwendbar sein, weil wir in Themen investieren müssen, die Geld kosten. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, unter denen wir als Dienstleister ordentlich arbeiten können. Ich muss ganz ehrlich sagen, da bin ich persönlich enttäuscht. Wir haben acht, neun sehr gute Jahre gehabt und haben es trotzdem versäumt in ordentliche Rahmenbedingungen zu investieren. Wenn wir es jetzt nichts machen, werden wir weltweit den Anschluss verlieren. Die Hersteller müssen einfach weiter innovativ sein. Deshalb haben wir uns ja auch darum beworben, einen eActros zu bekommen und zu unterstützen. Das bedeutet ja auch für uns Investitionen ins Fahrzeug oder die Bereitschaft Mitarbeiter abzustellen. VR: Stichwort eActros: Hat das Fahrzeug Ihre Anforderungen erfüllt?Schadler: Grundsätzlich war das von Anfang an ein offener Prozess in dem uns gesagt wurde, dass es sich noch um einen Prototyp und kein Serienfahrzeug handelt. Es ist uns allen bewusst, dass wir Teil eines Feldversuchs im Dauerbetrieb sind, mit dem Ziel, Erkenntnisse zu sammeln. Insofern sind meine Erwartungen sogar übererfüllt worden. VR: Wenn Daimler 2021 in die Serienproduktion einsteigt, geht pfenning logistics den Weg weiter mit?Schadler: Ich hatte ja gesagt, dass wir Interesse haben. Im Rahmen unserer Investitionsmöglichkeiten werden wir weiter machen. Ich führe aber die Frage weiter: Müssen wir als pfenning logistics diesen Weg weiter gehen? Ja! Wir müssen interessiert daran sein, uns diese Technologie zu Nutze zu machen. Wir müssen wissen ob und wie es funktioniert. VR: Gehen Sie nicht davon aus, dass Sie als Nutzer von E-Fahrzeugen für die Ladeinfrastruktur selbst verantwortlich sind?Schadler: Wir rechnen aktuell tatsächlich, ab wie vielen Fahrzeugen - Firmen-Pkw, ebenso wie Lkw - es sich rechnet, eine eigene Ladeinfrastruktur aufzubauen. Das ist ja ein enormes Investment. Aber wir sind da noch in der Findungsphase. Ich vertrete ein Unternehmen, das Gewinne erwirtschaften muss. Wir können solche Dinge nur machen, wenn sie sich rechnen. Wir haben einen gewissen Spielraum für Zukunftsinvestitionen. Den können wir aber nicht überreizen – allenfalls dehnen. Aktuell sieht es ganz gut aus. Uns kämen natürlich andere Themen zugute, etwa der vorher schon erwähnte Nachteinsatz in der Lebensmitteldistribution. Solche Vorteile der E-Mobilität würden sich positiv auswirken. VR: Empfinden Sie die Fördermöglichkeiten als gut dargestellt?Schadler: Das ist, was ich unter Rahmenbedingungen meine. Wenn man sich aktuell dafür interessiert, muss man alles selbst im Internet recherchieren. Immerhin hat Daimler dazu jetzt einen guten Ansatz, den interessierten Unternehmern mit einer entsprechenden Datenbank zu helfen. Klar gibt es Verbände, über die man sich informieren kann. Aber ehrlich – wir haben alle einen Job der uns ausfüllt. Es wäre schon ganz schön, wenn es eine proaktive Informationspolitik der Behörden gäbe. Da müsste die Politik mal besser informieren – oder besser noch beraten, sofern sie das darf. >> Hier geht's zum Artikel "First Generation - E-Mobility-Day Mercedes-Benz Trucks" >> Hier geht's zum Interview mit Andreas von Wallfeld (Leiter Marketing, Vertrieb & Services Mercedes-Benz Lkw); Dr. Dalibor Dudic (Leiter Projekt Mercedes-Benz eActros), Jan Wohlmuther (Leiter Customer Consulting E-Mobility Europe)

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