Exot: Die Mehrheit

Exot: Die Mehrheit tankt ihre AdBlue-Dosis im Heimdepot und nicht an öffentlichen Zapfanlagen Harnstofflösung im HinterhofDie Zukunft für die farblose Harnstofflösung AdBlue ist rosarot: Mit steigender Anzahl von Trucks mit SCR-Technik wird der Stoff immer begehrter. Heute schon haben Speditionen eigene Wege gefunden, die interne AdBlue-Versorgung dauerhaft sicherzustellen.Weltpremiere in der bayerischen Provinz: Im März 2003 eröffnete OMV die weltweit erste AdBlue-Tankstelle in Dingolfing und gab den Startschuss für den Ausbau eines flächendeckenden Versorgungsnetzes für die wässrige Harnstofflösung. Seitdem wächst mit jedem neuen Euro-5-LKW mit SCR-Technik der Bedarf an der farb-losen Chemikalie. Auf die Frage, wie man intern die Versorgung mit AdBlue sicherstellt, haben die Firmen unterschiedliche Antworten gefunden.Alfons Biehle, Fuhrparkleiter der Spedition Benedikt Biehle GmbH & Co. KG aus Herbertshofen bei Augsburg, hat sich für den Bau einer eigenen Tankanlage entschieden. Im Sommer 2005 installierte der Anlagenspezialist F.B.Silbermann GmbH & Co. KG aus dem benachbarten Gablingen eine Referenztankstelle mit einem 2000-Liter-Tank auf dem Werks-gelände. Die farblose Harnstofflösung bezieht das Fuhrunternehmen ebenfalls von Silbermann – dem BASF-Vertriebspartner für AdBlue in Süddeutschland. Eine Abnahmeverpflichtung besteht allerdings nicht. So kann die Spedition unter den vier großen AdBlue-Herstellern (siehe Tabelle Seite 27) frei wählen. „Andernfalls würde hier nicht der Markt, sondern der Vertrag den Preis regeln“, gibt Alfons Biehle zu bedenken. Mit der Investition in die eigene Tankanlage hat sich die Spedition Biehle die Freiheit erkauft, stets beim günstigsten Anbieter einkaufen zu können.Die AdBlue-Produzenten ihrerseits bieten die Möglichkeit an, in den Liefervertrag einen Ratenkauf oder ein Leasingmodell für eine Tankanlage aufzunehmen. „Die Dauer des Leasingvertrags liegt bei mindestens drei Jahren“, erklärt Michael Frankrone, Produktmanager bei Air1-AdBlue, der Marke des norwegischen Herstellers Yara und fügt an: „Während der Laufzeit kann der Kunde upgegradet werden.“ Sprich: Die Infrastruktur wird dem steigenden Verbrauch angepasst. Kostengünstiger Einkauf im VerbundDen logistischen Sprung zur eigenen Tankanlage wagte auch die Spedition Hermanns & Kreutz aus Monschau. Vor vier Monaten Jahr tauschten die Nordrhein-Westfalen die üblichen 1000-Liter-Container gegen eine vollwertige Tankstation für die 35 AdBlue-LKW ein. Finanziert wurde die Investition über einen Miet-Kauf-Vertrag bei Kruse-Chemie. Trotz der Bindung an den Lieferanten hat das Frachtunternehmen einen Weg gefunden, die Kosten gering zu halten. „Wir haben uns mit fünf Firmen aus der Umgebung zusammengeschlossen und kaufen im Verbund AdBlue ein“, berichtet Fuhrparkleiter Rolf Kruse. Was in den Unternehmen in Herbertshofen und Monschau Alltag ist, wird künftig bundesweit zum Thema. Denn der AdBlue-Bedarf steigt weiter an. „In Sachen Marktentwicklung orientieren wir uns an der Bedarfsstudie für Deutschland, die bis 2015 eine Größenordnung von 800.000 Tonnen vorsieht“, erklärt Unternehmenssprecher Joachim Haegert, Unternehmenssprecher des AdBlue-Herstellers SKW Piesteritz. „Der Bedarf könnte sogar noch etwas steigen, wenn man bedenkt, dass zunehmend auch Sonderfahrzeuge mit Euro-5-Motoren ausgestattet werden“, ergänzt der Air1-Produktmanager Frankrone.Die Preise sind bereits ausgereiztAuch Georg Wittmann von OMV malt für AdBlue eine rosarote Zukunft: „Der Markt wird sich weiter stark vergrößern“, ist er sicher. „Bei den Preisen sehe ich allerdings kaum noch Spielraum“, gibt der Sales Manager Germany Commercial Road Transport beim österreichischen Tankriesen zu bedenken. Einen weiteren Punkt, der für höhere AdBlue-Preise spricht, nennt Yara-Manager Frankrone: „Da die AdBlue-Tanks tendenziell kleiner werden, um Gewicht zu sparen, muss die Netzdichte zunehmen.“ Demzufolge müssen die Anbieter kräftig in den Ausbau des Tankstellennetzes investieren – was auch nötig ist. Zwar hat die Pioniertankstelle in Dingolfing nach Angaben der AdBlue-Tankstellen-Suchmaschine (www.findadblue.com) europaweit fast 900 Nachfolger gefunden, wovon knapp die Hälfte in Deutschland stehen, dennoch ist das Netz löchrig. Diese Mehraufwendungen werden sich auf den Preis niederschlagen – der künftig wohl steigen wird. Der Preisverfall der letzten Zeit wird also nicht weiter anhalten. Was den Kampf der großen vier AdBlue-Produzenten (siehe Kasten oben) allerdings nicht weniger hitzig werden lässt. Denn auf dem millionenschweren Boom-Markt der Zukunft drängen viele Wettbewerber, die versuchen, sich heute schon in Position zu bringen. Was für die Kunden von Vorteil sein kann. ❙❚■ Rocco SwantuschAMI Agrolinz Melamine International GmbH www.omv.com/adblue Vertrieb: OMV BASF www.adblue.basf.de Vertrieb: u. a. Conlac AGGreenchem www.greenchem-adblue.com GreenchemSKW www.skwp.de Vertrieb: u. a. Kruse KGYara www.yara.com Vertrieb: Brenntagsteigende Nachfrage in ganz europaDie Kurve geht steil nach oben: Von derzeit knapp 280.000 Tonnen pro Jahr steigt der Bedarf im Jahr 2012 auf fast vier Millionen Tonnen AdBlue an. Weiteren Prognosen zufolge sollen dann allein in Deutschland im Jahr 2015 gut 800.000 Tonnen des Harnstoffes getankt werden. 54321020052006200720082009201020112012Bedarf in Mio. t pro JahrSchätzung der AdBlue-Bedarfsentwicklung in EuropaDie eigene Tankstelle sichert die Versorgung für den Fuhrpark abKleine Zusatztanks benötigen oft Nachschub

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