Das Plenum des Europaparlaments hat den Weg frei gemacht für den regelmäßigen grenzüberschreitenden Verkehr von Lang-Lkw zwischen mehreren Staaten, in denen Lang-Lkw zugelassen sind. Das entsprechende Gesetzespaket mit neuen Vorschriften zu Maßen und Gewichten von Lkw wurde mit 330 Ja-Stimmen bei 204 Nein-Stimmen und 74 Enthaltungen angenommen. Im nächsten Schritt muss eine Einigung mit den EU-Mitgliedstaaten gefunden werden, die ihren Standpunkt aber noch nicht festgelegt haben.
Als „historische Entscheidung“ wertet die International Road Transport Union (IRU) den Plenumsbeschluss zu Lang-Lkw. „Solange es keine Wunderwaffe gegen den CO2-Ausstoß im Straßenverkehr gibt, drängen sich größere Lkw als Zwischenlösung einfach auf“, teilt IRU in einer Stellungnahme mit.
Trotzdem gibt es auch aus den Reihen der Europaabgeordneten weiter kritische Stimmen gegen die Lang-Lkw-Entscheidung. „Für Fortschritte braucht es keine Riesen-Lkw mit bis zu 60 Tonnen Gesamtlast. Gigaliner sind ein Problem für Straßen, Brücken und Tunnel sowie ein Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr“, teilte der SPD-Europaabgeordnete Thomas Rudner schon vor der Abstimmung mit. Als „irrsinnige Idee“ und „absurd“ bezeichnet die deutsche Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg die Entscheidung zu Lang-Lkw.
„Große Lkw sind ein großer Fehler“, kommentiert auch Graziella Jost vom Europäischen Verkehrssicherheitsrat ETSC. Lang-Lkw könnten in bestimmten Ländern unter bestimmten Umständen vielleicht sinnvoll sein. Aber: „Diese Gesetzesänderung wird zu einer massiven Zunahme von Lang-Lkw führen und potenziell sehr schwerwiegende Folgen für die Straßenverkehrssicherheit nach sich ziehen“, so Jost weiter.
Sie weist darauf hin, dass rund die Hälfte der Europaabgeordneten die Entscheidung zu Lang-Lkw gerne aus dem Gesetzestext gestrichen hätte. Der entsprechende Antrag sei aber wegen lediglich sechs fehlender Stimmen nicht durchgekommen. „Wir fordern die EU dringend dazu auf, die vorgeschlagenen Änderungen zu überdenken und stattdessen bei der bisherigen Regelung zu bleiben, dass Lang-Lkw nur auf einer begrenzten Zahl von Strecken fahren dürfen, um ihren Einfluss auf die Straßenverkehrssicherheit besser überwachen zu können“, heißt es seitens ETSC.
Euro-7-Norm tritt bis Ende 2024 in Kraft
Kritik bis zum Schluss gab es auch an der neuen Abgasnorm Euro 7. Hier musste das Europaparlament im Grunde nur noch der Form halber den Kompromiss absegnen, auf den sich Unterhändler des Parlaments und der EU-Mitgliedstaaten bereits Ende Dezember geeinigt hatten. Der Kompromiss wurde wie erwartet angenommen, obwohl er für die Kritiker viel zu niedrige Normen vorschreibt und sich zu wenig von Euro 6 unterscheidet.
„Euro 7 ist ein Bumerang für die Automobilindustrie“, reagierte danach der Deutsche Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament. „Weil Europa keine neuen Regeln schafft, werden künftig in China die Standards gesetzt. Das ist fatal für den Automobilstandort Europa und eine Bankrotterklärung der konservativen Wirtschaftspolitik. Selbst Zulieferer wie Bosch fordern unmissverständlich strengere Abgasnormen, damit die Industrie innovativ und wettbewerbsfähig bleibt. Dass gerade die Konservativen nicht auf diese Stimmen hören, zeigt, dass es ihnen nicht um die Unterstützung der Wirtschaft geht, sondern ignorant jede Regel abgelehnt wird“, schimpft Bloss in einer schriftlichen Stellungnahme.
Nach der jetzt erfolgten Annahme des Kompromisses zu Euro 7 kann der Gesetzestext bis Ende des Jahres in Kraft treten. Euro 7 würde für Lkw dann ab Juli 2031 wirksam.