Das Plenum des Europaparlaments hat mit großer Mehrheit die Pläne für den europaweiten Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) bestätigt, die der Verkehrsausschuss vor gut zwei Wochen beschlossen hatte. Diese Pläne sind ehrgeiziger als die Vorschläge der EU-Kommission und die AFIR-Position der EU-Mitgliedsländer. In so genannten Trilog-Verhandlungen mit den EU-Mitgliedsländern müssen jetzt die endgültigen Vorschriften beschlossen werden.
Vor allem schneller, leistungsfähiger und dichter als Kommission und Mitgliedsländer wollen die Europaabgeordneten AFIR verwirklichen. Stärker setzen die Abgeordneten auch auf Wasserstoff als einen Lkw-Kraftstoff der Zukunft.
Alle 60 Kilometer Ladepools für Lkw
Konkret sehen die Parlamentsbeschlüsse für Lkw folgendes vor: Auf den Strecken des Transeuropäischen Kernnetzes (TEN-V Kern) soll es in 2025 alle 60 Kilometer so genannte Ladepools mit mehreren Ladestationen für Strom geben. Jeder Pool soll eine Ladeleistung von insgesamt mindestens 2.000 Kilowatt (kW) besitzen, jede einzelne Ladestation mindestens 800 kW. Bis 2030 soll die Ladeleistung pro Pool auf 5.000 kW steigen.
Auf den restlichen TEN-V-Strecken sollen diese Vorgaben ab 2030 bzw. 2035 gelten. Zusätzlich soll es auf gesicherten Lkw-Parkplätzen, die den Vorgaben aus dem ersten Mobilitätspaket entsprechen, ab 2025 mindestens zwei Ladestationen mit einer Leistung von 100 kW geben. 2030 sollen es mindestens vier Ladestationen pro gesicherten Parkplatz sein.
Wasserstoff-Ladeinfrastruktur schon ab 2027
Für Wasserstoff sieht das EU-Parlament ab 2027 im gesamten TEN-V alle 100 Kilometer eine Lademöglichkeit für gasförmigen Wasserstoff und alle 400 Kilometer eine Lademöglich für flüssigen Wasserstoff vor. Das Datum begründet der Parlaments-Berichterstatter Ismail Ertug (SPD) damit, dass die Lkw-Hersteller für 2025/26 die Serienproduktion für Wasserstoff-Lkw angekündigt hätten. Die EU-Kommission wollte Wasserstoff-Ladeinfrastruktur erst ab 2030 verpflichtend sehen.
Nicht durchsetzen konnte sich Ertug sowohl in Tran als auch im Plenum mit seinem Vorschlag, zusätzliche Strafen in den Gesetzesvorschlag zu bringen, wenn EU-Länder die alternative Ladeinfrastruktur nicht nach den EU-Vorgaben bereitstellen. Als Verordnung gelten die AFIR-Beschlüsse allerdings ohnehin verpflichtend für die Mitgliedstaaten. Bei Nichtbeachtung kann die EU-Kommission Vertragsverletzungsverfahren einleiten.
„Wir freuen uns, dass das Europaparlament bei AFIR ehrgeiziger ist, als die EU-Kommission“, teilt der Automobilherstellerverband Acea in einer ersten Reaktion mit. „Die EU-Mitgliedsländer sollten sich den ehrgeizigeren Zielen des Europaparlaments anschließen“, fordert der Umweltverband Transport & Environment. Die ersten Verhandlungen zwischen Europaparlament und den EU-Mitgliedstaaten sind für den 27. Oktober geplant. (kw)