Brüssel. Die EU-Kommission will rechtlich gegen die deutsche Pkw-Maut vorgehen. Wie „Die Welt“ am Wochenende berichtet, wird in Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren vorbereitet. Man habe der Bundesregierung die Bedenken der Kommission insbesondere gegen die gleichzeitige Entlastung der deutschen Autofahrer wiederholt vorgetragen, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf hohe Beamte der Behörde, die Koalition habe diese Bedenken aber in der Endfassung des Mautgesetzes nicht berücksichtigt.
Die Kommission hatte während der Beratung des Gesetzes wiederholt deutlich gemacht, dass sie in der Ausgestaltung der Maut eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer sieht. Das ist nach dem EU-Vertrag verboten. Als diskriminierend betrachtet man in Brüssel auch die Vignettenlösung, für die sich die große Koalition entschieden hat. Dadurch würden Ausländer, die die deutschen Autobahnen nur gelegentlich benutzen, schlechter gestellt als Vielfahrer. Die Kommission favorisiert deswegen strikt Strecken bezogene Straßenbenutzungsgebühren.
Die Kommission kann das Vertragsverletzungsverfahren erst einleiten, wenn das Mautgesetz vom Bundespräsidenten unterschrieben worden und im Bundesgesetzblatt erschienen ist. Damit wird in den nächsten Wochen gerechnet. In Brüssel geht man davon aus, dass ein offizielles Mahnschreiben noch vor der Sommerpause an die Bundesregierung gerichtet wird. Berlin hat dann zwei Monate Zeit, um die Bedenken auszuräumen. Wegen der politischen Bedeutung der Maut dürfte die Koalition der EU allerdings kaum entgegen kommen. Die Kommission würde dann nach der Sommerpause vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Ein Urteil würde dann voraussichtlich Anfang 2017 ergehen.
Die Bundesregierung muss jetzt entscheiden, ob sie die Maut, wie geplant, 2016 in Kraft setzt, oder ob sie darauf für die Dauer des Verfahrens verzichtet. Im ersten Fall besteht die Gefahr, dass die Maut kurz vor der nächsten Bundestagswahl vom EuGH gekippt wird und die bis dahin aufgebauten Strukturen abgewickelt werden müssen. (tw)