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EU-Kommission einigt sich mit Südamerikanern auf Handelsdeal

06.12.2024 14:49 Uhr | Lesezeit: 5 min
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht während des Mercosur-Gipfels am 6. Dezember 2024 in Urugay
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht während des Mercosur-Gipfels am 6. Dezember 2024 in Uruguay
© Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Matilde Campodonico

Zwischen der EU und südamerikanischen Staaten soll eine der größten Freihandelszonen der Welt entstehen. Der Text für ein Abkommen steht jetzt - es gibt aber weiter einflussreiche Gegner.

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Die EU-Kommission hat ungeachtet anhaltender Bedenken von Ländern wie Frankreich, Italien und Polen die Verhandlungen über eine riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur abgeschlossen. Das teilte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einer finalen Gesprächsrunde mit Spitzenvertretern der Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay mit. Die Verhandlungen liefen über einen Zeitraum von fast einem Vierteljahrhundert.

„Dieses Abkommen ist ein Gewinn für Europa“, sagte von der Leyen in Uruguays Hauptstadt Montevideo. Es werde für Menschen und Unternehmen funktionieren und mehr Arbeitsplätze, mehr Auswahl und Wohlstand schaffen. „Unternehmen profitieren von niedrigeren Zöllen und vereinfachten Verfahren“, sagte von der Leyen.

Zuletzt hatte vor allem die Bundesregierung Druck gemacht, die Verhandlungen endlich zu finalisieren und den Text für das Abkommen den EU-Staaten zur Abstimmung vorzulegen. Deutschland setzt dabei darauf, dass der handelspolitische Teil im Rat der Mitgliedstaaten per Mehrheitsentscheidung beschlossen werden könnte.

Ein Vetorecht hätten Mitgliedstaaten dann nur noch bei den geplanten Vereinbarungen zum politischen Dialog und zur Kooperation. Ein solches Splitten des Vertrages könnte aber Rechtsrisiken bergen.

Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 700 Millionen Einwohnern schaffen. Es sieht vor, vor allem Zölle abzubauen und damit den Handel anzukurbeln.

Autobauer sehen enormes Potenzial

Unter anderem die deutsche Automobilindustrie sieht ein deutliches Potenzial, die Exporte in Richtung Südamerika zu steigern. Insbesondere wegen hoher Zölle wurden aus Deutschland im gesamten Jahr 2023 nur 20.700 Pkw nach Argentinien und Brasilien exportiert.

Bislang müssen Importeure von EU-Waren zum Teil sehr hohe Zölle zahlen, die der Wettbewerbsfähigkeit schaden. Auf Autos sind es beispielsweise 35 Prozent, auf Maschinen 14 bis 20 Prozent und auf Chemikalien bis zu 18 Prozent. Die Zölle sollen durch das Abkommen nun schrittweise abgebaut werden. Am Ende könnten pro Jahr Abgaben in Höhe von rund vier Milliarden Euro eingespart werden, hat die EU-Kommission ausgerechnet.

Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, begrüßte die Entwicklung: "Der Abschluss des EU-Mercosur-Handelsabkommens ist ein Meilenstein für die deutsche Wirtschaft", sagte er. "Solche wichtigen Abkommen dürfen keine 25 Jahre brauchen." Er forderte von der  Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass es eine Mehrheit für dieses Abkommen im Europäischen Rat gibt.

"Um unseren Wohlstand zu erhalten, brauchen wir belastbare wirtschaftliche Verbindungen zu neuen Märkten über neue Handelsabkommen." Die Diversifizierung von Lieferketten sei weiter das Gebot der Stunde. "Das jetzt beschlossene Abkommen kann da nur der Anfang sein."

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte die Einigung am Freitag als eine sehr gute Nachricht für Unternehmen. Das Abkommen könne einen dringend notwendigen Wachstumsimpuls für die deutsche und europäische Wirtschaft bringen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sprach von einem Meilenstein für die EU-Handelspolitik.

Handelspolitiker sehen das geplante Abkommen zudem als Botschaft an den künftigen US-Präsidenten Donald Trump und als wichtigen Schritt im Konkurrenzkampf mit China. Trump soll gezeigt werden, dass funktionierende Freihandelsabkommen langfristig besser für die heimische Wirtschaft sind als eine Abschottung von Märkten mit neuen Zöllen und anderen Handelsbarrieren.

Mit Blick auf China gilt es als sicher, dass sich die Mercosur-Staaten im Fall eines Scheiterns des Abkommens wirtschaftlich noch stärker der Volksrepublik zuwenden würden.

Bereits im vergangenen Jahr wurden aus der EU Waren im Wert von rund 56 Milliarden Euro in die vier Mercosur-Ländern exportiert, in umgekehrter Richtung betrug das Exportvolumen rund 54 Milliarden Euro. Insgesamt könnten nach EU-Angaben 60.500 europäische Unternehmen von den geplanten Freihandelsvereinbarungen profitieren.

Veto-Möglichkeit könnte umgangen werden

Nach dem Abschluss der Verhandlungen müssen die Texte für das Abkommen noch juristisch geprüft und in die Sprachen der Vertragsstaaten übersetzt werden. Dann muss die EU-Kommission eine Entscheidung darüber treffen, ob es als Ganzes oder in zwei Teile gesplittet den Mitgliedstaaten zur Abstimmung vorgelegt wird.

Auf jeden Fall zustimmen müsste das Europäische Parlament. Eine Entscheidung wird frühestens in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres erwartet.

Mehr dazu: Freihandelsabkommen zwischen EU und Mercosur auf Zielgeraden

Kritik am Abkommen

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das Abkommen am Freitag toxisch und schrecklich für das Weltklima. Sie geht davon aus, dass die Abholzungsraten in der Mercosur-Region wegen der höheren Importquoten für Rindfleisch in den kommenden sechs Jahren um fünf Prozent pro Jahr steigen werden. Sinkende Zölle auf Pestizide und Kunststoffe könnten demnach zudem auch die Plastikverschmutzung in Südamerika erhöhen und die Artenvielfalt gefährden.

Die Landwirte in Europa befürchten, im Wettbewerb mit den südamerikanischen Großbauern nicht bestehen zu können. Im Mercosur wird in deutlich größerem Maßstab produziert, was Kostenvorteile mit sich bringt. Die europäischen Bauern beklagen zudem, dass für sie strengere Regeln beispielsweise beim Umweltschutz und bei der Lebensmittelsicherheit gelten als für die südamerikanischen Konkurrenten.

Wie reagieren die EU und die Bundesregierung auf die Kritik?

Sie weisen die meisten Vorwürfe als ungerechtfertigt zurück und betonen, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile eindeutig überwiegen würden. Zum Thema Pestizideinsatz erklärt etwa das Bundeswirtschaftsministerium, dass auch künftig alle Importe die gesetzlichen Anforderungen der Europäischen Union einhalten müssen.

Dies bedeute, dass die in der EU geltenden Höchstwerte für Rückstände nicht überschritten werden dürften. Ganz allgemein gelte, dass nur Produkte, die den umfangreichen europäischen Vorschriften entsprechen, in die EU eingeführt werden dürfen.

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