Erfolgsfaktor Chemielogistik

Was macht ein erfolgreiches Chemieunternehmen aus? Eine gute Logistik! Das sagt eine neue Studie, die das Beratungsunternehmen Miebach Consulting zusammen mit dem Fachmagazin CHEManager vorgelegt hat. Demnach schneiden 70 Prozent der Chemiefirmen, die über eine leistungsfähige Logistik verfügen, auch im Gesamtgeschäft besser ab. Daraus sollte die Branche lernen, meint Klaus-Peter Jung, Mitglied der Geschäftsleitung bei Miebach und Studienautor. "Es geht nicht mehr nur darum, dass Logistik funktioniert, sondern dass sie einen Wertbeitrag leistet." Für Dienstleister in der Chemielogistik sind das gute Nachrichten. Doch welche Services erwarten die Verlader? Grundsätzlich war die Chemiebranche in den vergangenen Jahren eine gute Bank. Der Umsatz stieg, bis auf 2014 und 2015, jedes Jahr kontinuierlich, insbesondere das Auslandsgeschäft lief hervorragend. Seit Anfang des Jahres schwächelt die Branche jedoch. Im ersten Quartal sank der Umsatz um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal, sagt der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Ob es sich hier nur um eine kleine Delle handelt oder um den Beginn eines längeren Abschwungs, lässt sich noch nicht sagen. Der VCI zumindest rechnet mit einem "schwierigen Jahr". Eine klare Trendwende Die größte Chance für Logistikbetriebe liegt darin, dass die Chemie einen großen Aufholbedarf beim Thema Outsourcing hat. Transporte außerhalb der Betriebe vergeben 75 Prozent der Firmen zwar an Externe, doch bei internen Transporten sinkt die Quote auf 27 Prozent, zeigt die Miebach-Umfrage. Noch geringer ist die Outsourcing-Neigung im Lager. So lassen nur 13 Prozent der befragten Firmen ihr Tanklager von Dienstleistern bewirtschaften, bei Silolagern erreicht die Quote 22 Prozent. Es gibt hier aber Bewegung. "Bei Neuinvestitionen wird öfter ausgelagert", weiß Jung. Dabei bekommen viele Outsourcing-Projekte derzeit einen neuen Schwerpunkt: Den Firmen geht es nicht mehr nur darum, Kosten zu sparen, sondern sie wollen laut der Studie zusätzlich den Service verbessern. Lieferzeiten sollen verkürzt und die Verfügbarkeit von Produkten verbessert werden. Das stellt eine klare Trendwende dar, schließlich spielten diese Punkte in der Branche früher eine untergeordnete Rolle. Lieferzeiten von zwei bis drei Wochen waren lange Zeit üblich. "Jetzt muss innerhalb von zwei oder drei Tagen geliefert werden. Das wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen", so Jung. Zu behaupten, dass der Kostengedanke völlig in den Hintergrund tritt, ist allerdings übertrieben. "Manche Geschäftsbereiche sind nach wie vor kostengetrieben, andere benötigen entsprechende Servicelevel", heißt es von BASF auf Anfrage. Je nach Größe eines Unternehmens seien die Kostenvorteile durch Outsourcing auch sehr klein oder auch nicht vorhanden. "Spezielles Know-how oder Volumen-Flexibilität können Kriterien sein, die für den Einsatz von Dienstleistern sprechen", so eine BASF-Sprecherin. Ziel aller ist die Supply Chain 4.0 Wie viele andere Branchen steckt auch die Chemieindustrie derzeit mitten in der Digitalisierung. "Alle arbeiten an der Supply Chain 4.0", sagt Carsten Suntrop, Professor an der Europäischen Fachhochschule Rhein/Erft und Inhaber der Beratung CMC2. Die Firmen wollen einen einheitlichen Datenfluss entlang der gesamten Lieferkette schaffen. "Ziel ist, Entscheidungsprozesse zu automatisieren, nicht nur Operatives zu digitalisieren", sagt Suntrop. Diese Entwicklung betrifft auch die Logistikdienstleister - positiv wie negativ: Einerseits müssen sie deutlich mehr Daten zur Verfügung stellen und werden dadurch für ihre Auftraggeber transparenter, andererseits profitieren sie langfristig von besseren Prognosen. Suntrop rät Chemielogistikern und Dienstleistern deshalb dringend, Kompetenz bei horizontaler Integration, IT und Projektmanagement aufzubauen. Gemeinsam mit den Dienstleistern nach Möglichkeiten suchen, die Lieferkette zu optimieren - das steht auf der Agenda der Chemiefirmen. "So macht es keinen Sinn, CMR-Frachtbriefe auf Papier zu verschicken", sagt Peter Viebig, Direktor Transport bei Talke in Hürth. Talke stellt daher auf ein schnelleres, digitales Verfahren um: Der Fahrer macht mit seinem Smartphone ein Foto des Frachtbriefs und leitet ihn an die Zentrale, wo er in das Transport Management System (TMS) eingespeist wird. "Allerdings fordern noch zu viele Kunden einen Papierbeleg als Original", so Viebig. Er sieht beim Thema Digitalisierung die familiengeführten Dienstleister im Vorteil, weil sie kurze Entscheidungswege haben und rasch in die Umsetzung gehen können. Insgesamt bewegt sich die Chemiebranche immer schneller. Anfang des Jahrzehnts schlossen die Abnehmer von chemischen Produkten noch Jahreskontrakte mit ihren Lieferanten, mittlerweile sind monatliche Wechsel nichts Ungewöhnliches mehr. Das bekommen auch die Dienstleister zu spüren. "Von heute auf morgen kann neues Geschäft dazukommen und bestehendes wegfallen", so Talke-Manager Viebig. Gefahrgutlager werden knapp Wie können sich Logistiker in dieser schnelleren Chemiewelt behaupten? Berater Jung rät den Dienstleistern, weitere Gefahrgutlager aufzubauen, weil diese sich zunehmend zur knappen Ressource entwickelten. Praktiker bestätigen das. "Die Kunden wollen freie Flächen auf ihrem Gelände für Produktionsanlagen nutzen, nicht für Logistik", sagt Uwe Gündling, Bereichsleiter Chemie bei Pfenning Logistics, Heddesheim. Und vor den Toren der Werke ein Lager anzusiedeln, das als Störfallbetrieb gilt, sei schwierig. Es gilt das alte Motto: Jeder braucht Chemie, aber niemand will sie vor der Haustür haben. Ein zweites Erfolgskonzept für die Zukunft ist das Übernehmen von produktionsnahen Tätigkeiten. Die Chemiefirmen sind interessiert daran, mehr Aufgaben outzusourcen, da auch sie sich schwer damit tun, genügend Mitarbeiter zu finden. Die raren Qualifizierten will man für anspruchsvolle Aufgaben einsetzen. Alles, wofür kein Chemikant benötigt wird, kann auch ein Dienstleister übernehmen. Einfach ist das Geschäft in der Chemielogistik nicht. Vor allem Mengenschwankungen fordern die Dienstleister. "An manchen Tagen haben wir drei- bis viermal so viele Rampenbewegungen wie im Durchschnitt", sagt Gündling von Pfenning Logistics. Zu den besonderen Aufgaben der Logistiker gehört, Ware zu "neutralisieren" (also Hinweise auf den Hersteller zu entfernen), weil sie nur so von Wiederverkäufern verwendet werden kann. "Anspruchsvoll sind zudem die Markierungen der Gebinde und Paletten vor dem Hintergrund der sich wandelnden Anforderungen aus Lagerund Transportrecht", ergänzt Gündling. Prinzipiell hält er das Geschäft mit Mehrwertdiensten für aussichtsreich. Bisher gleicht die Chemielogistik einem erlesenen Club. Nur wenige Anbieter beherrschen das regulierte Geschäft, in dem zahllose Zertifikate nachzuweisen sind und sich die Anforderungen, etwa durch gesetzliche Novellen, ständig ändern. Wie können neue Anbieter diesen Markt "knacken"? "Indem sie über die Lagerlogistik hinausgehen", meint Gündling. Pfenning versucht in Ausschreibungen mit einem Komplettangebot zu punkten: Es übernimmt nicht nur Planung, Bau und Betrieb von Lagern, sondern bietet über Tochterfirmen auch Facility Management und Werkschutz. Auch das klassische Transportgeschäft dürfte sich in den nächsten Jahren verändern. "Die Dienstleister müssen lernen stärker zu kooperieren", meint Viebig von Talke. Ein Beispiel aus seiner Praxis: Ein Wettbewerber organisiert Containertransporte ins Rheinland, hat hier aber keine Infrastruktur zum Umladen. Die stellt Talke - zum Vorteil beider Partner. Einen zweiten Megatrend für die kommenden Jahre könnte man als "Amazonisierung" beschreiben. Viebig kann sich vorstellen, dass sogar die Logistik von Gefahrgütern bald so abläuft wie eine Internetbestellung heute - komplett papierlos, mit lückenloser Informationskette und schnellen Lieferzeiten. Constantin Gillies, freier Journalist Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Chemielogistik" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Seit fünf bis zehn Jahren ist die Chemieindustrie aus ihrem logistischen Dornröschenschlaf erwacht. Insbesondere der Wettbewerbs- und Kundendruck sowie neue gesetzliche Anforderungen treiben die Branche an.Dadurch steigt auch die Logistik-Outsourcing-Bereitschaft in etlichen Unternehmen. Risiko in der Chemielogistik: Mitarbeiter-Klau Was ist das größte Hindernis im Geschäft? Auf diese Frage gibt es auch in der Chemielogistik derzeit nur eine Antwort: fehlende Mitarbeiter. Nicht nur Fahrer sind knapp, sondern selbst Kräfte für einfachste Tätigkeiten im Lager. Für Jobs, bei denen mit Gefahrgut hantiert wird und die unter freiem Himmel stattfinden, stehen die Bewerber nun mal nicht Schlange.Die Personalknappheit ist so groß, dass auch in der Chemiebranche mittlerweile der "Mitarbeiter-Klau" um sich greift, wie Insider berichten. Es kommt immer häufiger vor, dass ein produzierendes Unternehmen die besten Angestellten seiner Logistikdienstleister abwirbt. Dienstleister, die diesen personellen Aderlass verhindern wollen, haben nur eine Möglichkeit: Sie müssen an ihrer Attraktivität als Arbeitgeber arbeiten. Dazu gehören nicht nur ordentliche Bezahlung und gute Arbeitsmittel (Fahrzeuge), sondern auch eine moderne Kommunikation. Ein Chemielogistiker zum Beispiel rüstet alle Mitarbeiter mit Tablet-PCs aus, die das Schwarze Brett ersetzen. cg

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Erfolgsfaktor Chemielogistik

HASHTAG

#Chemielogistik

Linde präsentiert neue Schubmaststapler in Ex-Schutz-Ausführung

Zuspruch für Masterplan Binnenschifffahrt

Vervaeke übernimmt Jan Dohmen

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

E-Rechnungspflicht in Deutschland: Was Unternehmen wissen müssen

STELLENANGEBOTE

Area HR Business Partner

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

WEITERLESEN

NEWSLETTER