Einigung beim EU-Mobilitätspaket

Der Beschluss des ersten EU-Mobilitätspakets zum Jahresende scheint nun doch möglich. Die Unterhändler des Europäischen Parlaments und Rats einigten sich vergangene Woche bei allen Themendossiers auf einen Kompromiss. Diesen müssten beide Institutionen nun noch billigen. Das teilte Ismail Ertug, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der S&D-Fraktion im EU-Parlament, jetzt mit. Die wichtigste Reform des europäischen Straßengüterverkehrs der jüngeren Vergangenheit könnte damit nach zweieinhalb Jahren währenden Verhandlungen endlich in Kraft treten. Die Umsetzung in das jeweilige Recht der Mitgliedstaaten dauert allerdings meist wiederum einige Zeit. "Habemus Mobility Package - wir haben einen Deal gefunden um 6.30 Uhr", resümierte Ertug auf "Twitter" nach dem vorläufigen Abschluss der Trilog-Verhandlungen. Der "harte Kampf" um das erste EU-Mobilitätspaket hat sich aus seiner Sicht gelohnt: Wichtige Änderungen sind bei den Lenk- und Ruhezeiten, der Kabotage und der Entsendung von Fahrern geplant. "Das neue Gesetzespaket will dem Nomadendasein der Lkw-Fahrer ein Ende setzen", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Europa-SPD. Alle Unternehmen, die in diesem Sektor seriöse Arbeit leisten und ihre Dienste nicht wie manche ihrer Wettbewerber in rechtlichen Grauzonen anbieten, würden davon profitieren. Mit dem ersten EU-Mobilitätspaket sollen laut Ertug unter anderem Briefkastenfirmen in der Transportbranche stärker bekämpft werden. Lkw müssen in Zukunft einen klaren Bezug zum Land der Niederlassung haben und alle acht Wochen dorthin zurückkehren. Flexibilisierung bei Lenk- und Ruhezeiten Die reguläre wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden dürfen die Lkw-Fahrer bald EU-weit nicht mehr im Fahrzeug verbringen. Sie sollen prinzipiell spätestens nach vier Wochen nach Hause fahren. Zudem sollen künftig zwei verkürzte Wochenruhezeiten von mindestens 24 Stunden hintereinander möglich sein. In diesem Fall soll zum Ausgleich der Fahrer nach drei Wochen in seine Heimat oder das Niederlassungsland der Firma zurückkehren. Bei der Fahrer-Entsendung ins EU-Ausland gelten künftig die dortigen Sozialstandards ab dem ersten Tag. Weiterhin haben sich die EU-Unterhändler darauf geeinigt, dass die Kabotage-Bestimmung mit maximal drei Transporten in sieben Tagen im Anschluss an eine internationale Güterbeförderung so bleiben soll. Anschließend soll es allerdings eine viertägige Cooling-off-Phase geben, in welcher der Lkw im Heimatland des Unternehmens bleiben muss, bevor damit weitere Kabotage-Transporte durchgeführt werden. Darüber hinaus sollen ab 2025 unionsweit alle schweren Lkw mit digitalen Tachografen der zweiten Generation ausgerüstet sein, damit die neuen Vorschriften auch kontrolliert werden können. Leichte Nutzfahrzeuge ab 2,5 Tonnen müssen ab Mitte 2026 ebenfalls mit diesen Kontrollgeräten ausgerüstet sein und deren Fahrer dann die Lenk- und Ruhezeiten einhalten. Der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) begrüßte die im Rahmen des Trilogs erzielte Einigung beim ersten EU-Mobilitätspaket "im Grundsatz". Damit entstehe "wenigstens Planungssicherheit für die Speditionsbranche, ihre Transportdienstleister und ihre Kunden aus der verladenden Wirtschaft, auch wenn längst nicht alle Ergebnisse zufriedenstellend sind", sagte der DSLV-Präsident Axel Plaß in einer Einschätzung des Kompromissvorschlags. Die Beschlüssen dienten dem Sozialschutz und könnten dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen für Berufskraftfahrer zu verbessern. Offen bleibe aber, wie das Verbot zum Verbringen der regelmäßigen Wochenruhezeit im Fahrzeug praktisch umgesetzt werden soll, wenn weiterhin die Übernachtungsalternativen fehlen. DSLV kritisiert die Kabotage-Regelung Zu restriktiv ist dem Spediteursverband die neue Karenzzeit von vier Tagen nach Kabotage-Fahrten, die auch den straßenseitigen Vor- und Nachlauf im Kombinierten Verkehr auf Schiene und Straße mit einschließen soll. Ob die ebenfalls ausgehandelte Rückführungspflicht für Fahrzeuge in das Herkunftsland ohne nennenswerte Leerfahrtenanteile und zusätzliche CO2-Emissionen disponiert werden kann, bleibe abzuwarten. Es sei jetzt auch nicht auszuschließen, dass "deutsche Speditionen ihre eigenen Niederlassungen im osteuropäischen EU-Ausland und ihre dort ansässigen Fahrzeugflotten angesichts steigender Auflagen aufgeben und stattdessen nur noch Fremdunternehmen mit Transporten beauftragen", so eine Einschätzung des DSLV. Auch der weitgehende Einbezug des internationalen Straßengüterverkehrs in das Entsenderecht sei "ein nicht unbedingt befriedigender Kompromiss". "Die Einhaltung des Flickenteppichs nationaler Mindestlohnvorschriften wird dadurch für international agierende Speditionen weiterhin eine administrativ aufwendige Herausforderung bleiben", befürchtet Plaß. BGL: Mittel gegen Sozialdumping Ebenso wie der DSLV betont der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), dass es vor allem darauf ankomme, ob die neuen Vorschriften so dicht kontrolliert werden, dass sie auch tatsächlich wirken. Der BGL lobte die geplanten Neuregelungen als effiziente Mittel gegen Sozialdumping und Fahrernomadentum und für mehr Wettbewerbsgleichheit. Besonders begrüßte der Transportverband, dass sein Vorschlag zur Ausweitung der Lenkzeit in Ausnahmefällen - etwa um die Betriebsstätte zu erreichen - aufgegriffen wurde und den Fahrern so die Arbeit erleichtert. Immerhin erlaubt der Kompromiss zum Mobilitätspaket künftig in Ausnahmefällen eine Stunde zusätzliche Lenkzeit. Mehr zum Thema finden Sie unter #Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die sogenannten Trilog-Verhandlungen zum ersten EU-Mobilitätspaket stehen vor dem Abschluss. Die Institutionen der EU haben sich in einem zähen und umstrittenen Gesetzgebungsprozess bei allen geplanten Reformvorhaben geeinigt. Sie sollen für bessere Sozial- und Wettbewerbsbedingungen im Straßengüterverkehr sorgen. Das erste EU-Mobilitätspaket Im Mai 2017 hat die EU-Kommission das erste von drei Mobilitätspaketen vorgelegt. Es sieht weit reichende Reformen im Straßengüterverkehr vor. Unter anderen bei den Vorschriften zu den Lenk- und Ruhezeiten, zur Kabotage, zum Marktzugang von Unternehmen sowie zur Entsendung von Fahrern. ag

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