Eine sichere Bank

Eine sichere BankTest MB Actros 2648 LK 6x4: Kurz vor der letzten Über- arbeitung schickte Daimler noch einmal einen voll ausgestatteten Actros-Kipper zum großen Test. Dabei blieb sich der Mercedes treu.Ein Baufahrzeug vom "Daimler" war schon immer eine gute Investition: grundsolide und auch nach zehn Jahren noch problemlos zu verkaufen. Dazu ein dichtes Servicvenetz – kein Wunder, dass der Stern im deutschsprachigen Raum der meistbeschäftigte Bauarbeiter ist. Doch mittlerweile haben sogar einstige Bau-Außenseiter wie Renault und DAF in die Hände gespuckt, um dem Marktführer das Leben schwer zu machen. Vor der Modellpflege im Sommer will es der MP2 nochmal wissen und tritt als voll ausgestatteter 2648 mit Dreiseiten-Kipper samt Meiller-Tandemachser zum Test an, allerdings noch mit der alten, automatisierten Telligent-Schaltung. Gerade da hat der Platzhirsch massiv an Boden verloren: Im Vergleich zur Konkurrenz lange Schaltzeiten samt gewöhnungsbedürftiger Strategie lassen das I-Shift-Duo und AS-Tronic-Trio davonfahren. Dabei ist der Actros ganz auf Sicherheit programmiert: Wer den 2648 bergab mit gezogener Dauerbremse im Zaum hält, bekommt bei jeder Beibremsung eine Rückschaltung. Am Ende des Gefälles kommt man in fünf klein an, wo man eigentlich in sechs groß weiterfahren wollte. Das vermeidet, wer ausschließlich mit dem Fuß bremst. Der Bremsomat holt sich zur Unterstützung ohnehin immer die Bremsklappe und die unter 2000 Touren schwache Konstantdrossel dazu, um die Beläge zu schonen. Ganz stark ist der Daimler dafür beim Elektronikmanagement, das neben der vorbildlichen Klimatisierung auch die Betriebsbremse mitsteuert. Sie greift trotz der Scheiben an den Vorderrädern nicht ruckartig zu und lässt sich auch beim langsamen Anrollen an Ampeln perfekt dosieren. An leichten Steigungen lernt man überdies den zuschaltbaren Hillholder zu schätzen. Der V-Motor: Sparsam und spaßfreiEin Charakterkopf ist der vertraut rasselnde V6: Der ging im Test trotz widriger Bedingungen wie gewohnt geizig mit dem Sprit um, fühlt sich aber subjektiv immer etwas unwilliger an, als er wirklich ist. Das maximale Drehmoment von 2300 Nm liegt bei 1080 Touren an, der Bereich, in dem sich der OM 501 LA auch hörbar am wohlsten fühlt. Voll beladen sollte man ihn keinesfalls unter 1000 Touren fallen lassen, während der leere Zug auch mit 900 Umdrehungen locker durch Orte rollt. Wer spontan mehr Kraft braucht, wird allerdings vergeblich nach dem Kick-down-Druckpunkt suchen: Es gibt keinen. Ab Drei-Viertel-Gas sollte Telligent volle Leistung fordern und zurückschalten. Hier wäre eine eindeutige Rückmeldung besser. Dafür schaltet der Mercedes bei wenig Kraftbedarf schnell hoch. Zu schnell manchmal, weshalb man beim Beschleunigen besser etwas mehr Gas gibt. Doch ab Spätsommer könnte alles besser werden: Dann dürfte auch bei den Baufahrzeugen Powershift Einzug halten, was in Sachen Schaltung zwar immer noch keine Maßstäbe setzt, aber wieder den Anschluss an die Konkurrenz schafft. An den übrigen Qualitäten des Actros hat die ohnehin hart zu knabbern. Deshalb pflegt man mit dem MP3 auch nur behutsam. Den nächsten großen Schritt geht man frühestens 2010 oder 2011, wenn der ganz neue Actros mit "Weltmotor" den bisherigen Urmeter beerben wird. Der bleibt bis dahin die sichere Bank, die auch seine Vorgänger schon waren. ❙❚■ Gregor Soller

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