Ein neuer Index für Stückgutverkehre

Finanzielle Kennzahlen zu ermitteln, die zudem als annähernd repräsentativ gelten für eine Branche: Das gilt als eine echte Herausforderung, erst recht im Speditions- und Transportgewerbe. Denn das Produkt ist nur schwer abzugrenzen: Die Anforderungen hinsichtlich Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Transportgut können ganz unterschiedlich sein. Und dann sind auch noch andere Kriterien wie Auslastung, Umschlag oder Vor- und Nachlauf zu berücksichtigen. Zahlreiche Datensätze aus der Praxis Aber die größte Hürde ist womöglich, überhaupt an Zahlen aus Unternehmen heranzukommen. Diese Hürde haben jetzt der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) und Professor Dirk Lohre vom Forwarding and Logistics Center in Heilbronn übersprungen: Gemeinsam haben sie einen neuen Kostenindex veröffentlicht, den "DSLV-Kostenindex für systemgeführte Sammelgutverkehre". Zur Verfügung gestellt haben die Daten Unternehmen beziehungsweise Netzwerke des Arbeitskreises "DSLV-Kostenindex" (mehr dazu siehe Kasten Seite 25). Lohre und sein Team haben für den Index Daten für das zweite Halbjahr 2014 und das erste Halbjahr 2015 erhoben und diese beiden Zeiträume miteinander verglichen. Künftig sollen immer komplette Jahre gegenübergestellt werden, und zwar von Juli bis Juni. Das Ergebnis des ersten Vergleiches: Die Kosten sind im Sammelgutverkehr um 1,54 Prozent gestiegen. "Es handelt sich hier um Kosten, nicht um Preise", sagt Lohre. Ob also die Dienstleister ihre Transportentgelte anheben konnten, lässt sich den Zahlen nicht entnehmen. Ingo Hodea, Referent für Stückgutverkehre im DSLV, betont, dass hier keinesfalls ein Preissignal vom Index ausgeht, sondern es sich um einen Benchmark handelt: "Wir wollen damit für die Speditionen eine Informationsbasis auf wissenschaftlicher Grundlage schaffen, wie sich die Kosten im Stückgutmarkt verändert haben." Der Kostenindex liefert jedoch mehr Informationen als nur zur Gesamtkostenentwicklung im Sammelgutverkehr. So gibt der Indikator einen Einblick, welches Gewicht die einzelnen Kostenarten haben. Demnach entfallen 49,44 Prozent der Gesamtkosten auf die Personalkosten. Der zweitgrößte Block sind die Sachkosten mit 35,18 Prozent. "Darunter fallen Kosten wie die für die IT, für Gebäude oder Abschreibungen", erläutert Lohre. Der Anteil der Treibstoffkosten liegt bei 12,87 Prozent, während die Mautkosten 2,51 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Die einzelnen Kostenarten haben sich unterschiedlich entwickelt. Während die Sachkosten um 3,58 Prozent und die Personalkosten um 2,95 Prozent gestiegen sind, haben sich die Aufwendungen für die Maut um 2,94 Prozent verringert und die für den Treibstoff um satte 8,6 Prozent. Herbert Putzmann, Sprecher der Geschäftsführung der Spedition Emons, nutzt die Zahlen dazu, um sie mit den eigenen Daten im Unternehmen zu vergleichen. "Wir stellen viele Parallelitäten fest", sagt Putzmann. Wobei er kritisch anmerkt, dass es in diesem ersten Vergleich noch einige Unschärfen gibt. "Zum einen dürften sich die Folgen des neuen Mindestlohngesetzes so richtig erst im zweiten Halbjahr 2015 bemerkbar machen", sagt er und prognostiziert einen weiteren Anstieg der Personalkosten. Zum anderen sind die Veränderungen bei der Lkw-Maut (Bemautung von 1100 Kilometern zusätzliche Bundesstraßen zum 1. Juli 2015 und Herabsetzung der Gewichtsgrenze von Lkw von 12 auf 7,5 Tonnen zum 1. Oktober 2015) noch nicht im Index erfasst. Hier rechnet er mit einer spürbaren Verteuerung und damit einer Umkehr der Entwicklung bei den Mautkosten. Angesichts des geringen Anteils der Mautkosten an den Gesamtkosten (2,51 Prozent) könnte man meinen, dass diese beiden Neuerungen sich bei der Gesamtkostenentwicklung im Stückgut kaum bemerkbar machen. Das ist jedoch laut Lohre ein Trugschluss: "Gerade im Sammelgutverkehr sind im Vor- und Nachlauf viele Fahrzeuge in der Gewichtsklasse zwischen 7,5 und 11,99 Tonnen im Einsatz, die jetzt mautpflichtig werden." Die Folgen hatte der Wissenschaftler in einer anderen Studie berechnet. Demnach klettert die Mautkosten aufgrund der beiden Änderungen im Stückgutverkehr um durchschnittlich 40 Prozent. "Damit können die Gesamtkosten schon um ein bis zwei Prozent steigen. Bei Unternehmen, die eine schmale Rendite von drei Prozent oder weniger haben, hat dies gravierende Auswirkungen." Hodea weist zudem darauf hin, dass viele Speditionen einen Dieselfloater vereinbart haben und die Maut über Mauttabellen abrechnen. Somit sind diese Kosten in vielen Fällen durchlaufende Posten. Im Index wird auch dieser Aspekt berücksichtigt und berechnet, wie sich die Kosten verändert hätten ohne Maut- und Treibstoffkosten: Dann wäre ein Anstieg um 3,21 Prozent zu verzeichnen gewesen (bezogen auf 85 Prozent der gesamten Abwicklungskosten). Argumentationshilfe für Preisgespräche Putzmann will den Index auch in den Verhandlungen mit den Kunden nutzen. Doch diese Zahlen alleine seien nicht ausreichend. Außerdem müsse jedes Unternehmen die Zahlen den individuellen Gegebenheiten anpassen. Er nennt als Beispiel die gesunkenen Preise beim Treibstoff: "Im Nahverkehr können wir mit den vielen Partnerunternehmen, die für uns fahren, die gesunkenen Treibstoffkosten nicht in dem erforderlichen Maße in niedrigere Einstandskosten umsetzen. Gute Fahrer und gute Nahverkehrsunternehmer sind ausgesprochen knapp geworden und kosten in Zukunft deutlich mehr." Der Emons-Chef warnt davor, die Zahlen auch für andere Transporte wie für Komplettladungen oder Teilpartien heranzuziehen. "Das ist gefährlich, weil die Kostenstrukturen dort ganz anders sind", sagt Putzmann. Aus den Sendungsdaten zum Kostenindex sind noch zwei weitere Kennzahlen ermittelt worden, die in der Stückgutspedition auf Interesse stoßen dürften: zum einen das Durchschnittsgewicht einer Stückgutsendung, das bei 340 Kilogramm liegt. Zum anderen die Hauptlaufentfernung, deren Mittelwert 380 Kilometer beträgt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Logistikkosten www.verkehrsrundschau.de/dossiers Kostenindex Sammelgutspedition Was man zum Kostenindex wissen muss- Wer ist gefragt worden?Der Index ist entstanden aus dem DSLV-Arbeitskreis "Kostenindex Sammelgutspedition". In diesem Arbeitskreis befinden sich Vertreter der Netzwerke beziehungsweise Unternehmen 24plus, CargoLine, Emons, IDS, ILN, Intertrans, Schenker Deutschland, System Alliance und VTL. Diese Unternehmen haben nicht nur an der Konzeption des Kostenindex mitgewirkt, sondern auch die Daten geliefert.- Wie viele Sendungen wurden berücksichtigt?Bislang sind Daten für das zweite Halbjahr 2014 und das erste Halbjahr 2015 erhoben worden. Ausgangsseitig wurden im ersten Zeitraum 9,3 Millionen Sendungen berücksichtigt, eingangsseitig waren es 8,9 Millionen Sendungen. 98 Depots hatten sich insgesamt beteiligt. Bei der zweiten Erhebung wurden ausgangsseitig 8,1 Millionen Sendungen erfasst und eingangsseitig 8,2 Millionen.- Was sagt der Index aus?Der Index bildet die Kostenstruktur in der Sammelgutspedition ab. Es geht also nicht um Preise im Sammelgut. Die können sich (ganz) anders entwickelt haben. Ziel des Index ist es, die durchschnittliche Kostenentwicklung pro Sendung von einer Periode zur anderen darzustellen. Mit der ersten Veröffentlichung werden zwei Halbjahre miteinander verglichen. Künftig soll der Index jedoch jährlich erscheinen. Das Basisjahr ist das Jahr Juli 2014 bis Juni 2015.---- Wie ist der Index strukturiert?Es werden keine absoluten Werte, also Kosten in Euro, veröffentlicht, sondern es wird immer die Veränderung der Kosten in Prozent zum Vorquartal berechnet. Dabei gibt es einen Gesamtkostenindex, der sich nochmals unterteilt in einen Wert für die Veränderung der Personalkosten, der Treibstoffkosten, der Mautkosten und der Sachkosten.Der Index erfasst die gesamte Systemverkehrsabwicklung, also die Kosten für den Transport (Vor-, Nach-, Hauptlauf) genauso wie beispielsweise die für den Umschlag. cd

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